Wien Klimawandel und Schädlingsbefall kann Österreichs Wäldern offenbar wenig anhaben, zumindest auf den ersten Blick. So ist die Waldfläche nach den Daten der aktuellen Waldinventur zwischen 2016 und 2021 täglich im Schnitt um 6 ha gewachsen. „Pro Jahr vergrößert sich die Waldfläche bei uns um etwa 2300 ha“, so Bundesforstminister Norbert Totschnig. Inzwischen ist sie auf über 4 Mio. ha angewachsen. Fast die Hälfte (48%) Österreichs ist damit vom Wald bedeckt. Die höchsten Anteile finden sich in der Steiermark und Kärnten mit deutlich über 61%, die niedrigsten in Vorarlberg (38,1%) und Burgenland (34%).
Nutzungsrate stabilisiert sich
Auch die Nutzungsrate des Zuwachses steigt weiter. Waren es in den 60er Jahren noch rund zwei Drittel des Aufwuchses, ist die Rate laut Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) auf rund 89 % gestiegen. Auf diesem Niveau scheint sie sich zu stabilisieren. Den jährlichen Zuwachs bezifferte Mayer mit 29,2 Mio. Festmeter (fm). Pro Sekunde wächst 1 m³Holz. Rund 26 Mio. fm werden dabei genutzt.
„Das entspricht dem Prinzip der nachhaltigen Waldbewirtschaftung,“ so Totschnig. Die höhere Nutzungsrate erklärt Totschnig auch mit dem hohen Schadholzanfall in den vergangenen Jahren. Er erreichte 2019 mit über 11 Mio. fm einen vorläufigen Höhepunkt. Inzwischen hat sich der Anfall fast halbiert. Dennoch befindet sich der Holzvorrat mit 1,18 Mrd. fm auf einem neuen Höchststand, so die Inventurergebnisse.
Er sieht daher wenig Anlass, dem EU-Plan nach mehr Außernutzungs-Stellungen im Wald in der aktuellen Waldstrategie zu folgen. „Daher versuchen wir mit anderen waldreichen EU-Staaten ein Bündnis gegen diese EU-Pläne zu schmieden,“ versicherte der Forstminister. Allerdings ist er Realist genug, um zu wissen, dass man mit gewissen Stilllegungsvorgaben wohl rechnen müsse.
Mehr Artenvielfalt
Auch die Totholzmenge nehme zu und damit die Biodiversität, ergänzte BFW-Leiter Mayer. So ist in den vergangenen zehn Jahren der Totholzanteil um 18% gewachsen. Die Zahl der Laubholzwälder hat sich nach BFW-Angaben 2021 um 8% erhöht, die der Mischwälder um 6%, dagegen seinen reine Nadelholzbestände um 6% gesunken. Mit 46,12 % ist aber die Fichte mit Abstand die beherrschendste Baumart im Wald. Mit knapp 11% landet die Rotbuche weit dahinter, Buchen insgesamt machen 13% aus.
Zu viele Verbissschäden
Allerdings setzt der Klimawandel der Fichte zu. In niedrigen Höhen von 600 bis 800 m geht ihr Anteil zurück, da sie als Flachwurzler mit Dürreperioden schlecht zurechtkommt.
Zudem bereiten steigende Wildbestände den Jungpflanzen immer mehr Probleme, so Mayer. Der Bestand an Schalenwild nimmt laut Waldinventur aber seit vielen Jahrzehnten laufend zu. „Für eine gesunde Entwicklung der Waldverjüngung ist er zu hoch“, stellt der BFW-Leiter fest. So haben die Schälschäden allein im Schutzwald um 11% zugenommen, während sie im restlichen Wald leicht gesunken sind. Zusätzlich ist auf einer Fläche von 420.000 Hektar Wald die vorhandene Verjüngung durch Verbiss geschädigt.
Hier ist nach Mayers Einschätzung eine Verringerung auf die Hälfte dieser Fläche in den nächsten Jahren erforderlich, um eine Trendumkehr einzuleiten. Es bedürfe gemeinsamer Anstrengungen von der Jagd, aber auch von der Forstseite, dieses zu lösen-Dafür setzt sich laut Mayer der Österreichische Forst- und Jagd-Dialog ein.