Die Diskussionen um die verzögerte Umsetzung der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte und in der Gemeinschaftsverpflegung in Österreich reißen nicht ab. Jetzt meldet sich Oberösterreichs Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) zu Wort. Er fordert, dass sich das Landwirtschaftsministerium in dieser Frage hinter die Landwirtschaft stellen und sich gegenüber dem Wirtschaftsministerium durchsetzen müsse. Beide Ministerien sind aber in ÖVP-Händen.
Unter der aktuellen Bundesregierung nahmen die Bemühungen Fahrt auf und es liegen bereits Vorschläge und fertige Entwürfe des Gesundheitsministeriums auf dem Tisch. Während die heimischen Bäuerinnen und Bauern sowie die Konsumentinnen und Konsumenten auf die längst überfällige Herkunftskennzeichnung warten, könne sich das Landwirtschaftsministerium nicht gegen das Wirtschaftsministerium durchsetzen, so Kaineder.
Schweinebauern als Leidtragende
Während aus dem Landwirtschaftsministerium immer wieder positive Signale gesendet würden, versuche das Wirtschaftsministerium die Herkunftskennzeichnung weiter zu verzögern, um sich nicht den Groll von einigen wenigen einzuhandeln.
Nach Ansicht Kaineders droht die wichtige Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie am Widerstand in der Wirtschaft zu scheitern. Allerdings sehen die Entwürfe aktuell ohnehin nicht vor, die Gastronomie in die Herkunftskennzeichnung einzubeziehen. Leidtragende dieses Zuständigkeits-Ping-Pongs seien nicht zuletzt die österreichischen Schweinebetriebe, die dem Weltmarkt und den dort herrschenden Schleuderpreisen ausgeliefert sind, so der Landesrat.
Kaineder kritisiert Kälbertransporte
Für den grünen Politiker ist das System der Lebensmittelversorgung und Tierhaltung absurd und weit weg von einer regionalen, nachhaltigen Erzeugung. “Die wahnwitzigen und tausende Kilometer langen Kälbertransporte sind für die jungen Tiere eine Tortur, so wie auch die Käfighaltung von Hühnern“, so Kaineder.
Obwohl die Käfighaltung in Österreich – als einziges Land in der EU - seit 2020 vollständig verboten sei, landeten dennoch Millionen Käfigeier aus Ländern wie Polen und der Ukraine unbemerkt auf unseren Tellern, kritisiert er. „Mit einer transparenten Herkunftskennzeichnung können wir wirksam gegensteuern und unseren heimischen Lebensmitteln wieder einen fairen Wert beimessen. Davon profitieren am Ende alle, die Konsumentinnen und Konsumenten und die Bäuerinnen und Bauern“, ist der Umweltlandesrat überzeugt.
Ministerium weist Vorwürfe entschieden zurück
Die Vorwürfe grünen Landesrates sorgen im Bundeslandwirtschaftsministerium für Kopfschütteln. „Die Anschuldigungen von Landesrat Kaineder sind absurd und sind fernab von jeder Realität", heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Mehr als ein Jahr unterstütze das Landwirtschaftsministerium mit Expertinnen und Experten das Gesundheitsministerium bei der Umsetzung der Herkunftskennzeichnung und der Vorbereitung rechtlichen Argumentation gegenüber der EU Kommission. Die Zusammenarbeit sei auf fachlicher Ebene stets produktiv und konstruktiv gewesen.
"Auf unser Drängen sind wir jetzt dort wo wir sind, nämlich kurz vor der Umsetzung. Der Grüne Landesrat sollte sich zuerst bei den eigenen Leuten informieren, bevor er gegen uns und das Wirtschaftsministerium, die übrigens nicht für die Umsetzung zuständig sind, poltert", heißt es aus dem Agrarressort.
Das Ministerium verweist zudem auf die Allianz für eine verpflichtende EU-weite Herkunftskennzeichnung, die von 14 Mitgliedsstaaten und vor allem von Deutschland unterstützt wird. Eine derartige Allianz habe es noch nie gegeben. Das zweige, wie wichtig dem Landwirtschaftsministerium das Thema Herkunftskennzeichnung wichtig sei.
Neben der nationalen Herkunftskennzeichnung braucht es nach Auffassung des Agrarressorts "endlich" ein EU-weit einheitliches System. Vor allem müsse die EU-Kommission akzeptieren, dass die Zeit reif für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung in allen Mitgliedsstaaten sei.