Wien Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch, Eier und Milch soll bis Mitte 2023 in Kraft treten – allerdings gelten die neuen Regeln nicht umfassend: In einem ersten Schritt werden nur die Nutzer von Gemeinschaftsverpflegung zumindest ungefähr wissen, wo die Zutaten für das herkommen, was sie auf dem Teller vorfinden. Krankenhäuser, Seniorenheime, Schulen oder Betriebe müssen sich an diese Spielregeln halten – nicht allerdings die Gastronomie, in der künftig nur eine freiwillige Kennzeichnung nachgewiesen werden.
„Unser gemeinsames Ziel ist mehr Transparenz am Teller“, betonen Gesundheitsminister Johannes Rauch und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und sie sind überzeugt: „Damit setzen wir einen wichtigen Punkt des Regierungsprogramms um.“
Kantinen müssen Herkunft ausweisen
Etwa 3,5 Millionen Speisen werden in Österreich täglich außer Haus konsumiert. Davon entfallen 2,2 Millionen auf Speisen in Großküchen und Kantinen – etwa in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Schulen, Betriebskantinen sowie privat geführten Kantinen in Unternehmen. Sie müssen künftig ausweisen, woher Milch, Fleisch und Eier in ihren Speisen kommen. Welche Speisen das betrifft, ergibt sich aus einem eigenen Speisenkatalog, der per Verordnung vorgegeben wird.
Wer jetzt allerdings meint, dass er tatsächlich erfährt, von wo die Zutaten stammen, mit denen in seiner Werkskantine gekocht wird, der wird enttäuscht sein: So ist beispielsweise die prozentuale Herkunftsbezeichnung über einen Betrachtungszeitraum eines ganzen Jahres möglich. Und so könnte deshalb eine entsprechende Auszeichnung gestaltet sein: „Das Rindfleisch, das wir verwenden, kommt übers Jahr gerechnet zu 60 Prozent aus Österreich, zu 20 Prozent aus der EU und zu 20 Prozent aus Nicht-EU-Ländern.“ Was dann aber ganz konkret auf dem Teller liegt, da muss der Kunde entweder die Wahrscheinlichkeitsrechnung aufstellen oder den Koch bzw. Kantinenbetreiber direkt befragen.
Umsetzung soll praxisnah sein
Warum diese doch eher schwammige Auszeichnungspflicht? Was Verbraucherschützer ärgert, erklären die Minister Rauch und Totschnig damit, dass die Umsetzung für die Wirtschaft praxistauglich sein müsse. Großküchen können die Auslobung nach „EU“ oder „Nicht-EU“ oder „Herkunftsland“ bzw. „Region“ durchführen, so die Minister. „Konsumentinnen und Konsumenten können sich künftig einfacher entscheiden, welche Lebensmittel sie bevorzugen. Mit der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung tragen wir dem Wunsch vieler Menschen nach regionalen Produkten Rechnung. Viele Kantinen werden ihr Einkaufsverhalten ändern und mehr auf Herkunft, Tierwohl und Qualität achten.“
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig zitiert die Statistik, die sich aus entsprechenden Umfragen ergibt: „86 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher legen großen Wert auf die Herkunft von Lebensmitteln. Derzeit ist es aber oft nicht möglich, die Herkunft von Grundzutaten in Speisen zu erkennen. Das ändern wir jetzt – wenn man sich in der Kantine ein Rindsgulasch oder einen Kaiserschmarren bestellt, werden die Gäste künftig wissen, woher das Fleisch oder die Eier kommen“. Die Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung als erster Schritt sei ein wirksamer Hebel, da in diesem Bereich täglich eine große Menge an Speisen über die Theken geht. In einem zweiten Schritt werde die Kennzeichnung auf verarbeiteten Lebensmitteln folgen. „So erreichen wir nicht nur mehr Transparenz für die Konsumenten, sondern unterstützen auch unsere bäuerlichen Familienbetriebe“, erklärt Totschnig.
Konsumenten verlangen regionale Produkte
Mit dieser Argumentation findet er Zustimmung bei Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich: „Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln ist eine unverzichtbare Voraussetzung, um die höheren Produktionsstandards der österreichischen Landwirtschaft abzusichern. Aus Umfragen wissen wir, dass österreichische Konsumentinnen und Konsumenten gezielt Produkte aus regionaler Produktion verlangen. Wir müssen ihnen dazu die Möglichkeit geben. Ohne Kennzeichnung der Herkunft laufen wir Gefahr, auch bei Lebensmitteln von Importen abhängig zu werden und die Versorgungssicherheit aus heimischer Produktion zu verlieren“. Eine Krise, wie man sie derzeit bei Energie erlebt, müsse im Nahrungsmittelbereich verhindert werden. Die verpflichte Herkunftskennzeichnung bringe „Wahrheit auf den Teller.“
Dass jetzt freiwillige Herkunftsangaben in der Gastronomie auch nachgewiesen werden müssen, nennen Rauch und Totschnig einen „wichtigen Schritt“. Jede freiwillige Angabe, auch abseits von Milch, Fleisch und Eiern müsse nun nachgewiesen werden. Dabei gehe es vor allem um Schutz von Konsumentinnen und Konsumenten vor Täuschung, genannt wird hier das Beispiel regionaler Eierschwammerln, die tatsächlich aus Litauen kommen. „Die bisherigen Regelungen zum Schutz vor Täuschung, etwa das Wettbewerbsrecht, hätten sich in der Praxis oft als unzureichend erwiesen, unterstreichen die Minister unisono. Mit der neuen Regelung schaffe die Bundesregierung Rechtssicherheit sowohl für Lebensmittelbehörden als auch für Wirtinnen und Wirte.