Die österreichische Landwirtschaft erhöht den Druck auf Gesundheitsminister Rudolf Anschober und fordert die zügige Umsetzung der Herkunftskennzeichnung ein. Dazu fand heute (23.2.) auf Einladung der Landwirtschaftskammer Österreich ein Expertengipfel zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung statt. Konkret ging es um eine transparente Kennzeichnung von Zutaten auch in verarbeiteten Produkten und in der Gemeinschaftsverpflegung.
Die Experten diskutierten dabei vor allem über den aktuellen Verordnungsentwurf des Gesundheitsministers. Im Regierungsprogramm hat sich die Bundesregierung auf eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Herkunftskennzeichnung geeinigt. Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung soll bei den Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat) und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 umgesetzt werden.
Moosbrugger: Keine halben Sachen
„Wir wollen keine halben Sachen. Die Herkunftskennzeichnung ist so, wie sie im Regierungsprogramm steht, vollständig umzusetzen", stellte Kammerpräsident Josef Moosbrugger fest. Er begrüßt den ersten Schritt des Gesundheitsministers, doch er ist zu wenig. "Wir müssen umsetzen, was vereinbart ist, nämlich die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Produkten und in der Gemeinschaftsverpflegung bei den Produktgruppen Milch, Fleisch und Eiern und müssen den gesamten rechtlichen Rahmen ausnützen“, so der Kammerpräsident.
Seiner Meinung nach ist es höchste Zeit, den Konsumentinnen und Konsumenten echte Wahlmöglichkeit zu geben. Damit sie bewusst zu heimischer Qualität greifen können, brauche Österreich bei Verarbeitungsprodukten und in der Gemeinschaftsverpflegung, in deren Einrichtungen täglich 2,5 Millionen Menschen essen, eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. "Nur klare Transparenz ermöglicht volle Wahlfreiheit“, ist sich Josef Moosbrugger sicher.
Bundesagrarministerin Elisabeth Köstinger begrüßte die Initiative von Präsident Moosbrugger, damit Missverständnisse ausgeräumt und die klare Position der Landwirtschaft dargelegt werden können. "Wir sind für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung im Sinne des Regierungsprogramms," bestätigte sie.
Enger Rechtsrahmen
Das Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium haben zur rechtskonformen Umsetzung ein gemeinsames Rechtsgutachten beim Europarechtsexperten Univ.- Prof. Walter Obwexer in Auftrag gegeben. Daraus geht hervor, dass eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung möglich ist, und zwar für verarbeitete Produkten und in der Gemeinschaftsverpflegung bei Rindfleisch und –erzeugnissen sowie bei Eiern aber auch bei andern Produktgruppen.
Laut Obwexer ist der Rechtsrahmen eng, eine Herkunftskennzeichnung ist aber über eine Notifizierung bei der EU-Kommission unter Berücksichtigung von Qualitätsaspekten möglich. Die rechtliche Möglichkeit der Umsetzung der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung ist unabhängig von der Anwendung des Produktes (zB. Lebensmittelverarbeitung, Gemeinschaftsverpflegung oder Gastronomie). Eine Umsetzung bei der Gemeinschaftsverpflegung könne mit dem Verbraucherschutz argumentiert werden, heißt es.
Größter gemeinsamer Nenner nötig
"Wir müssen jetzt einen großen Schritt machen und dürfen uns nicht mit einem kleinen zufriedengeben“, betont Hannes Royer, Obmann von „Land schafft Leben“Royer, Er hält den Gipfel als wichtige Weichenstellung für die längst fällige Herkunftskennzeichnung.
Markus Lukas, Obmann Stellvertreter der Zentrale Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft, verdeutlichte auf dem Gipfel, dass man nicht den kleinsten brauche, sondern den größten gemeinsamen Nenner. "Also auch die Herkunftskennzeichnung bei Geflügelfleisch", so der Obmann. Österreichs Tierwohlstandards und die gentechnikfreie-Fütterung machen den Unterschied aus.
Auch wenn der Verordnungsentwurf des Gesundheitsministeriums die Kennzeichnung von Rindfleisch- und Rindfleischerzeugnissen in der Gemeinschaftsverpflegung beinhaltet, sprachen sich die Zentrale Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Rinderzüchter und die ARGE Rind für die Kennzeichnung auch bei verarbeiteten Produkten, sowie für Milch und Milchprodukte aus.
Die österreichischen Schweinebauern sind laut Obmann Lderhilger bereit höhere Auflagen zu erfüllen, wie sie im Tierwohlpakt vereinbart sind. Das müsse aber im Gleichklang mit einer umfassenden Herkunftskennzeichnung geschehen, damit die Kunden das auch wissen, so der Verband Österreichischer Schweinebauern. Lederhilger fordert, dass Gesundheitsminister Anschober die Verordnung noch nachschärft.