
Traunkirchen / Oberösterreich - Nichts hält sich bekanntlich hartnäckiger als abgedroschene Klischees – und manchmal ist an ihnen leider auch etwas dran. So etwa sind es kräftige Mannsbilder mit Rauschebart, die vornehmlich im Wald unterwegs sind und große Bäume fällen, während man das sogenannte schwache Geschlecht eher bei der Umarmung von Bäumen sieht oder der Zubereitung einer zünftigen Jause nach getaner Waldarbeit. Höchste Zeit also, im Zeichen des Klimawandels nicht nur die Wälder in stabile Mischwaldbestände umzubauen, sondern auch für die „richtige Mischung“ zwischen Männern und Frauen zu sorgen, die in der Forst- und Holzwirtschaft tätig sind.
Hauptaufgabe des Vereins ist Netzwerken

Vielfach hätten Frauen in der „grünen Männerwelt“ immer noch einen Sonderstatus inne, obwohl sie im Zeitalter der Emanzipation auch in der Waldwirtschaft vielfach ihren „Mann“ stehen, so Dipl. Ing. Dagmar Karisch-Gierer. Die Obfrau des Vereins „die Forstfrauen“ wies auf der 3. Internationalen Konferenz im oberösterreichischen Traunkirchen darauf hin, dass das „Netzwerken“ eine der Hauptaufgaben des Vereins sei, der inzwischen weit über hundert Mitglieder zählt. Darunter auch ein paar Männer, die natürlich jederzeit willkommen seien, hieß es.
Annähernd hundert Frauen und Männer fanden sich jüngst im österreichischen Waldcampus am schönen Traunsee ein, um über die Rolle der Frauen in der Wald- und Holzwirtschaft zu diskutieren sowie Perspektiven aufzuzeigen. Im Mittelpunkt stand dabei das Projekt „Fem4Forest“ (Wald in Frauenhänden), das Frauen „sichtbar machen und Zeichen für die Zukunft setzen soll“.
Frauen mit Vorbildwirkung

Sehr stark geht es dabei um Frauen mit Vorbildwirkung, Kampagnen mit Bewusstseinsbildung sowie um Training und Mentoring für Frauen in der Forstwirtschaft. Durch die Konferenz führten mit Hermine Hackl (Waldbotschafterin) und Maximilian Handlos (Waldverband Steiermark) zwei Moderatoren, die sich nicht nur dem Wald, sondern auch den Forstfrauen eng verbunden fühlen.
Handlos sprach in seiner Einführung von einem weiteren Meilenstein der internationalen Vernetzung von Frauen in der Forstwirtschaft, was sich auch an den zahlreichen Teilnehmerinnen zeigte, die aus ganz Europa nach Traunkirchen angereist kamen. Insgesamt dreizehn Nationen fanden sich im Waldcampus ein, darunter Vertreterinnen aus Island, Spanien, Polen, Rumänien und der Ukraine.
Führungsrollen von Frauen

Viel Beachtung fand etwa Sabine Pelzmann, die sich in ihrem Vortrag mit Führungsrollen von Frauen beschäftigte, dabei einen speziellen Blick auf den Wald warf. Die studierte Landwirtin und Autorin ermunterte junge Frauen, mutig zu sein und sich auch etwas zuzutrauen. Führung sei ein komplexer Prozess, der von Männern und Frauen unterschiedlich wahrgenommen würde. Pelzmann verwies in diesem Zusammenhang auf Studien, in denen festgestellt wurde, dass Frauen zu Innovationen beitrügen und dies letztlich auch zu besseren Entscheidungen führe.
„Wir brauchen Frauen in den Teams“, betonte die Dipl.-Ingenieurin, die in Graz eine Unternehmensberatung leitet. Die Wald- und Forstwirtschaft bezeichnete die Referentin als traditionelle Männerdomäne, der weibliche Sichtweisen auf allen Ebenen durchaus gut täten. Pelzmann sprach sich für Vielfalt in den Führungsteams aus, was auch männlicher „Rudelbildung“ vorbeuge. „Wir tun einander gut“, ist die Unternehmensberaterin überzeugt und fügte hinzu, dass damit auch der Wald aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet würde.
Der Wald braucht auch Frauen, die sich kümmern

Aus dem fränkischen Bamberg angereist war Angelika Morgenroth, die sich nicht nur mit der Forst- und Holzwirtschaft auskennt, sondern sich vor allem auch in dieser immer noch von Männern dominierten „Waldgesellschaft“ im Laufe der Jahre viel Respekt verschafft hat. Morgenroth bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann nicht nur 14 ha Wald, sondern ist seit vielen Jahren auch Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Bamberg mit sieben Mitarbeitern.
Sie habe im Laufe ihrer Tätigkeit erkannt, „dass der Wald auch Frauen braucht, die sich über ihn Gedanken machen“. Und dies sei der Grund gewesen, warum sie sich in der Waldbesitzervereinigung engagiere. Es ließen sich zwischen Männern und Frauen „ganz andere“ Gespräche führen, sie seien „frischer und kreativer“. Letztlich aber spiele im Team die Geschlechterverteilung kaum eine Rolle, wenn es um problemorientierte Lösungen geht.

Als „Forstfrau“ der ersten Stunde outete sich in dieser Fragerunde Franz Hohenberg vom gleichnamigen Forstbetrieb in Radmer in der Steiermark, der eine „weibliche Note“ im Wald für wichtig hält. Er empfahl den Forstfrauen, ihre männlichen Kollegen ruhig zu fragen, „weil diese stets auch gerne antworten“. Ein leichter ironischer Unterton war dabei freilich unüberhörbar.
Das allgemein gestiegene Interesse am Wald führte Dr. Kathrin Böhling ins Feld, warum es immer mehr Frauen in die Forstberufe drängt. Die Fachfrau beschäftigt sich bei der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft mit soziologischen Aspekten und betonte, dass die Forstwirtschaft immer noch überwiegend eine männliche Handschrift trägt. Dabei verwies die Wissenschaftlerin darauf, dass sich in anderen Ländern deutlich mehr Frauen in „grünen“ Führungspositionen befinden als in Österreich und Deutschland.
Großes Potenzial für selbstbewusste Frauen

So wiesen die ehemals sozialistischen Länder im Vergleich eine teils deutlich höhere Frauenquote im Wald- und Forstbereich auf. Es lohne sich, da etwas genauer hinzuschauen. Gleichwohl sieht Dr. Böhling großes Potenzial für Frauen, die eine Karriere in der Wald- und Holzwirtschaft anstreben. Sie sieht derzeit „eine Welle, die wir nutzen sollten“. Vor allem jenen Forstfrauen räumt Kathrin Böhling gute Chancen ein, die fachlich versiert sind, Konflikte nicht scheuen und ein selbstbewusstes Auftreten haben. „Viele Waldbesitzerinnen sind starke Persönlichkeiten, die sich vor nichts verstecken müssen“, betonte Böhling.
Die Obfrau der „Forstfrauen“ ließ es sich nicht nehmen, auf die vielfältigen Aktivitäten des 2003 gegründeten Vereins hinzuweisen. „Aus einer Idee ist ein funktionierendes Netzwerk geworden“, sagt Dagmar Karisch-Gierer, die selbst Forstwirtin ist und in verschiedenen forstlichen Ausschüssen und Beiräten sitzt. Eine Heimat bietet der Verein nicht nur jenen, die bereits erfolgreich in der Forst- und Holzwirtschaft Wurzeln geschlagen haben, sondern auch jenen Frauen, deren Liebe zu Wald und Holz gerade erst keimt.
Wöchentlicher digitaler Holzstmmtisch

Besonderer Beliebtheit erfreue sich bei den weiblichen Mitgliedern der wöchentliche digitale Holzstammtisch (Waldmontag) sowie die Waldspaziergänge für Frauen, bei denen – ohne männliche Begleitung – auch Fragen gestellt würden, „die man sich sonst nicht zu stellen traut“.
Der neue Leiter des österreichischen Waldcampus, Florian Hader, fand für die Veranstaltung viel Lob und betonte: „Die Forstfrauen können vielfältige Talente einbringen. Wenn wir bunt aufgestellt sind, können daraus neue Ideen erwachsen.“ Warum sich die Forstfrauen in der Öffentlichkeitsarbeit immer noch „unterbelichtet“ fühlen, das gewährt ein Blick in die einschlägigen Fotoarchive, in denen bildliche Darstellungen von Frauen aus der Forst- und Holzwirtschaft kaum vorkämen, hieß es. Unter tausenden digitalen Fotos seien nur vereinzelt welche zu finden, die Frauen etwa bei der Forstberatung, bei der Waldpflege und bei der Waldarbeit zeigen.
Forstfrauen zeigen ihre Emotionen für den Wald

Grund genug also für die Forstfrauen, sich bei wunderschönem Mai-Wetter einem Fotoshooting im Murtal zu stellen, das viel Aufmerksamkeit hervorrief. Dank eines versierten Fotografen sei es gelungen, mit weiblichen Hauptrollen die unterschiedlichsten Facetten von Mensch, Technik und Natur einzufangen. Die Forstfrauen sprechen von „starken Emotionen, die uns beim Arbeiten im Wald und mit Holz täglich begleiten – und das wollen wir jetzt auch der ganzen Welt zeigen“. Die Kernmannschaft der Forstfrauen um Obfrau Dipl.-Ing. Dagmar Karisch-Gierer besteht aus Ing. Christiane Hohenberg (Obfrau-Stellvertreterin), Dipl-Ing. Rafaela Rothwangl (Schriftführerin) und Maria Christina Kreith (Kassiererin).
Revier am Almsee: Schotter gefährdet Aufwuchs

Nach der vielen Theorie im Waldcampus ging es für die Forstfrauen in den Wald, wo am Almsee bei herrlichem Sonnenschein Birgit Stöhr den Tross in Empfang nahm. Sie ist Forstbetriebsleiterin am Stift Kremsmünster und damit eine der wenigen Frauen, die in Österreich einen Privatforstbetrieb leiten. Das Forstrevier Almtal umfasst eine Fläche von ca. 10 200 ha, davon sind 5200 ha Wald, der Rest unproduktives Ödland sowie Gewässerflächen. Die 8 Reviere reichen von 350 m Seehöhe bis ins Hochgebirge mit über 2000 m. Hauptsächlich finden sich hier Fichtenbestände, durchmischt mit Lärche und Tanne; in den Gebirgslagen ist es ein Mix aus Fichten und Buchen. „Wir setzen hier ausschließlich auf Naturverjüngung“, erläutert die Forstmeisterin, die von zwei Mitarbeitern bei ihrer Arbeit unterstützt wird. Beim Gang durch den Wald kommt sie auf ein Problem zu sprechen, das mit der Ausweisung eines Europaschutzgebietes innerhalb des Forstreviers zusammenhängt. Es handelt sich um ein 70 ha großes Waldgebiet, das vor geraumer Zeit außer Nutzung gestellt wurde.
„Die Verhandlungen darüber mit der EU waren nicht einfach“, erzählte Stöhr, weil die Ausweisung eines solchen Schutzgebietes zwangsläufig auch mit Einschränkungen verbunden ist. So dürfe beispielsweise jetzt kein Schotter mehr aus dem Wald transportiert werden, den die Gebirgsbäche ins Tal schieben. Stöhr spricht von einer schwierigen und teils dramatischen Situation, weil die sich ausbreitenden Schotterflächen den Aufwuchs an manchen Stellen in absehbarer Zeit zu „ersticken“ drohen. Früher hätten hier Kolonnen an Lkw die sich türmenden Steine aus dem Wald gefahren, „jetzt müssen wir alles der Natur überlassen“. Laut Stöhr müsse man sich schon entscheiden, ob man auf Dauer einen bunten Wald oder öde Schotterflächen haben wolle. Die Holzernte im Forstrevier Almtal beziffert die Revierleiterin auf 30 000 bis 35 000 fm im Jahr. Das Almtal im nördlichen Salzkammergut gilt als Naturparadies; das waldreiche Gebiet mit dem malerischen Almsee ist Anziehungspunkt für Wanderer und Radfahrer gleichermaßen. Wert legt man hier auf sanften Tourismus, was insbesondere Naturfreunde zu schätzen wissen.