Angesichts des schockierenden Videos aus einer Müllverbrennungsanlage, das Berge von heimischen Fleischprodukten zeigt, und jüngsten Berichten von Bauern, die von Handelskonzernen preislich unter Druck gesetzt werden, nimmt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger den Lebensmittelhandel in die Pflicht.
„Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei. Wenn der Handel nicht der Totengräber unserer Bäuerinnen und Bauern sein will, müssen die Konzerne umdenken und das tun, was sie Konsumentinnen und Konsumenten vorspielen: Die heimische Landwirtschaft und unsere Bauern unterstützen, statt auslisten, wenn sie sich wehren", so Köstinger. Ihre Aussage belegt: Der Geduldsfaden der Ministerin ist gerissen. „Erpresserische Methoden auf dem Rücken der Bauern und Verarbeiter – das hat mit der schönen Werbeidylle des Handels nichts zu tun“, macht die Agrarministerin deutlich.
Ombudsstelle soll helfen
So hatte vor kurzem die Feinkost Schirnhofer angekündigt, ab Ende März keine Ochsen mehr an die Rewe-Tochter Rewe Billa zu liefern. Als Grund für die Einstellung der Geschäftsbeziehung führte Geschäftsführer Karl Schirnhofer „erpresserische Methoden“ der Einkäuferin an, um die Fleischpreise „enorm unter Druck“ zu setzen. Obwohl die Firma rund ein Fünftel der Jahresmenge an Tieren im Qualitätsprogramm ALMO lieferte, sollen der Absatz der Ochsen und Kalbinnen für die Bauern weiterhin gesichert sein, eilte das Unternehmen in einem Schreiben an Landwirte mit.
Nach Einschätzung Köstingers sind die Darstellungen von Karl Schirnhofer kein „Einzelfall“, sondern der traurige Alltag, wie Handelskonzerne Bäuerinnen und Bauern tagtäglich unter Druck setzen und so über 500 Landwirte zwischen die Fronten bei Preiskriegen geraten. Sie verweist auf das Gesetz gegen unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt, das erpresserische Zustände erstmals „exekutierbar“ mache. Zudem bietet die Ombudsstelle im Landwirtschaftsministerium allen Betroffenen ab März an kostenlose Hilfe an. Betroffene Bauern und Lieferanten können sich (auch anonym) ab März 2022 an diese Ombudsstelle wenden. Damit will die Regierung es kleineren Akteuren einfacher machen, Beschwerde einzureichen ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben zu müssen – etwa Auslistungen der Produkte im Handel. Diese Erstanlaufstelle wird laut Ministerium unabhängig und weisungsfrei sein. In jährlichen Berichten wird die Erstanlaufstelle über die Anzahl und Arten von unlauteren Praktiken berichten und so zu mehr Transparenz beitragen, teilt das Agrarministerium mit.
Schockiert über Fleischvernichtung in Müllverbrennungsanlage
Schockiert und wütend ist Köstinger über ein Video aus einer Müllverbrennungsanlage, auf dem zu sehen ist wie tonnenweise verpacktes Fleisch weggeworfen wird. Das Video wurde Greenpeace zugespielt und auf deren Facebook-Seite veröffentlicht. So ende die harte Arbeit der Bäuerinnen und Bauern. Das ist beschämend und absolut zu verurteilen, beklagt die Ministerin.
Gleichzeitig würden hochwertig produzierte Lebensmittel mit Rabattschlachten verschleudert, während Bauern immer weniger für ihre Arbeit bekämen. „So kann es nicht weitergehen,“ kündigte Köstinger an. Auch wenn es dem Handel nicht passe, will sie weiter den Finger in die Wunde legen und sich dafür einsetzen, dass Österreichs Bäuerinnen und Bauern faire Preise für ihre harte Arbeit bekommen.