
Im öffentlichen Streit des Fleischproduzenten Schirnhofer gegen den Handelskonzern Rewe erwartet Biobauer und EU-Abgeordneter Thomas Waitz endlich Taten von Agrarminister Köstinger.
Er begüßt zwar die kritischen Äußerungen der Landwirtschaftsministerin zur Causa Schirnhofer/ Rewe, merkt aber an, dass das „wohlgemerkt verspätete, Gesetz gegen unfaire Handelspraktiken“ bereits im Jänner dieses Jahres in Kraft treten sollte, die angekündigte Ombudsstelle komme aber erst im März. „Ob diese auch wirksam gegen unfaire Praktiken von Milliardenkonzernen wie Rewe und Spar vorgehen kann, bleibt abzuwarten, “ ist Waitz skeptisch.
Grüne wollen Lebensmitteldumpinggesetz
Laut Waitz macht der Streit aber erneut systematische Unterdrückungspraktiken von Handelsgiganten sichtbar. Nicht selten missbrauchen sie ihre Marktmacht, um Bäuerinnen du Bauern und mittelständische Unternehmen in der Wertschöpfungskette massiv unter Druck zu setzen, so der EU-Abgeordnete. Seiner Ansicht nach verschlimmert sich die zunehmende Übernahme der landwirtschaftlichen Produktion und Weiterverarbeitung durch Handelsriesen zusehends.
Grünen-Agrarsprecher Clemens Stammler beklagt, dass der Handel von „mühsam entwickelten“ Markenprogrammen, die höhere Erzeugungskosten verursachen, zwar profitiere, aber seine „Partner“ auch noch erpresse. „Das ist unerträglich“, findet Stammler. Bei so viel Unvernunft des Lebensmitteleinzelhandels werde man über ein Lebensmitteldumpinggesetz nicht herum kommen.
Verbot der Lebensmittelverschwendung gefordert
Gesetzliche Verschärfungen fordert auch der Tiroler Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger. Er will die Lebensmittelverschwendung verbieten und unter Strafe stellen. Es müsse geprüft werden, welche gesetzlichen Lücken geschlossen werden müssen, damit keine noch genießbaren Lebensmittel im Abfall landeten. „Zusätzlich muss sich auch unsere Erwartungshaltung ändern. Bis zum Ladenschluss komplett gefüllte Regale – braucht es das wirklich?“, fragt Hechenberger.
Als Vorbild sieht er Frankreich. Die Franzosen waren weltweit die ersten, die die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe stellten. Supermärkte mit einer Ladenfläche von mehr als 400 Quadratmetern werden verpflichtet, unverkaufte Lebensmittel an örtliche Tafeln oder andere gemeinnützige Institutionen zu spenden. Im Lehrplan der Schulen ist zudem vorgegeben, dass Schüler/innen über Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung aufgeklärt werden müssen. Seit Juli 2021 sind Restaurants zusätzlich verpflichtet, sogenannte „Doggybags“ anzubieten – also Möglichkeiten, um Reste der Mahlzeit mit nach Hause zu nehmen.
Lockangebot für Hechenberger ein Dorn im Auge
Ein Dorn im Auge sind Hechenberger auch Lockangebote. Seiner Meinung nach verleiten Mengenrabatte im Frischwarenbereich oder Multipackangebote, mehr zu kaufen, als eigentlich gebraucht wird. Stattdessen sollten Produkte rechtzeitig vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verbilligt angeboten werden.
Nach Kammerangaben entstehen allein in Österreich jährlich rund eine Million Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle. 58 Prozent sind auf Privathaushalte, 18 Prozent auf den Außer-Haus-Verzehr und 14 Prozent auf die Verarbeitung zurückzuführen. Betroffen sind vor allem Brot, Süß- und Backwaren (28 Prozent), Obst und Gemüse (27 Prozent) und tierische Produkte (23 Prozent). Mit den weltweit verschwendeten Lebensmitteln könnten rund 3,5 Milliarden Menschen ernährt werden.