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Vom Fleckvieh-Fieber gepackt

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Christine Kohlmann
am Dienstag, 29.05.2018 - 14:29

Markus Böhm und seine Frau Verena sind Milchviehhalter durch und durch. Innerhalb kürzester Zeit haben sich die beiden Waldviertler eine züchterisch hochinteressante und äußerst leistungsfähige Fleckvieh-Herde aufgebaut.

Auf dem idyllisch gelegenen Hof von Familie Böhm in Leopoldsdorf im nördlichen Waldviertel, rund 6 km von der tschechischen Grenze entfernt, waren die Ferkelerzeugung sowie die Mutterkuhhaltung lange Zeit die Haupteinnahmequellen, lediglich zehn Milchkühe standen am Hof. Doch als Markus Böhm den Betrieb vor rund acht Jahren von seinem Vater Erich übernommen hat, war für ihn schnell klar, dass er mit den Schweinen wenig anfangen kann und die Mutterkuhhaltung einfach nicht rentabel ist. „Die Schweine habe ich nur gehalten, um Geld zu verdienen, das war keine Überzeugung“, erklärt der Betriebsleiter.

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2013 haben Böhms damit begonnen, den 2003 für 14 Mutterkühe, zehn Milchkühe in Anbindehaltung sowie 33 Zuchtschweine erbauten Stall in einen Liegeboxenlaufstall für 40 Kühe und rund 50 Stück Jungvieh umzubauen. Die Familie hat sich dann sukzessive eine leistungsstarke und züchterisch hoch interessante Milchviehherde aufgebaut. Viel gute Genetik kam ursprünglich durch Zukauf in den Betrieb, einige interessante Linien stehen nun im Stall der Züchterfamilie.

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So beispielsweise die L-Linie, die mit rund zehn Kühen aktuell am stärksten im Bestand vertreten ist. Diese Kuhfamilie geht auf die Wilson-Tochter Lolita zurück, eine Zukaufskuh mit 50 Prozent RH im Blut. „Lolita war eher ein Zufallskauf, so viel haben wir uns von ihr nicht erhofft“, berichtet Markus Böhm. Doch dieser Kauf entpuppte sich als Glückskauf. Lolita selbst kalbte zehnmal ab und hinterlies leistungsstarke und langlebige Töchter in der Herde.

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„Das sind alles treffsichere Kühe, sie setzen mit 55 Litern ein und kommen mit 35 Litern zum Trockenstellen“, erklärt er stolz. Beeindruckend ist beispielsweise Lolitas Hannes-Tochter Leonie. Diese genetisch hornlose Kuh trägt aktuell zum sechsten Kalb, brachte bisher eine durchschnittliche Laktationsleistung von 11 153 kg Milch und auch ihr Lebendgewicht sucht seinesgleichen. Stolze 1050 kg bringt sie auf die Waage. Doch Leonies Zukunft war lange ungewiss: Zum ersten Kalb war ein Kaiserschnitt nötig und wenig später hat sich die kalibrige Kuh den Ischias-Nerv eingeklemmt. Böhms mussten ihr dann mehrere Male die Fessel eingipsen. „Man darf einfach nicht gleich aufgeben und muss sich für die Tiere Zeit nehmen, sonst wäre Leonie wohl heute nicht mehr da“, betonte der Betriebsleiter.

Viel Zeit und Liebe

Viel Zeit im Stall und viel Liebe zum Tier, das wird bei den Böhms groß geschrieben. Auch die ein oder andere Extra-Behandlung ist mal drin. Markus Böhm erzählt: „Wenn ich sehe, dass eine Kuh den Schrot nicht so mag, dann kriegt sie eben mehr Kuhkorn.“ Keiner Kuh dürfe es an irgendetwas fehlen, so die Devise des engagierten Fleckviehzüchters. Das Futter wird dreimal täglich frisch vorgelegt (Ration siehe Betriebsspiegel), derzeit noch per Hand. Doch die Anschaffung eines Futtermischwagens ist geplant.

Eine besondere Komponente in Böhms Ration sind sicherlich die Kartoffeln, die am Hof selbst angebaut werden. 3 kg bekommt jede Kuh am Tag vorgelegt, roh und geschnitzelt. „Durch die Kartoffeln sind die Inhaltsstoffe einfach höher“, davon ist der Betriebsleiter überzeugt. Besonders beim Fettgehalt mache sich das bemerkbar.

Die Herde gibt aktuell durchschnittlich 10 900 kg Milch. Trotz dieser hohen Leistung ist die Eutergesundheit ausgezeichnet, Zellzahlen deutlich unter 100 000 in den vergangenen drei Jahren belegen dies. Dafür wenden Böhms eine strikte Melkroutine an. Einmalhandschuhe, Dippmittel, Zwischendesinfektion sowie das Auskochen der Eutertücher sind zum Standard geworden. Das tägliche Melken erledigt Betriebsleiter Markus Böhm, seine Frau Verena kümmert sich um die Fütterung. Unterstützt werden die beiden von den Eltern Stefanie und Erich Böhm, außerdem ist in den Sommermonaten ein Praktikant am Hof angestellt.

Weitere Einnahmequellen

Doch nicht nur die Milch ist eine wichtige Einnahmequelle, auch der Verkauf von Zuchtvieh spielt eine große Rolle. 2016 haben Böhms deshalb den Zuchtschweine- und Ferkelaufzuchtstall zum Liegeboxenlaufstall für Kalbinnen umgebaut. Rund zehn bis 15 weibliche Kälber kauft die Familie jedes Jahr zu. 2017 haben sie 20 Kalbinnen über die Auktion in Zwettl verkauft. Neben der Rinderhaltung spielt auch der Fremdenverkehr eine wichtige Rolle am Betrieb Böhm. Eine Ferienwohnung sowie fünf Fremdenzimmer mit großem Aufenthaltsraum und gemeinsamer Küche hat die Familie im großen Bauernhaus eingerichtet. Mehr zum Betrieb Böhm lesen Sie im aktuellen Heft der Rinderzucht Fleckvieh.