Klagenfurt - Der Umfang der Futterfläche auf Almen ist immer wieder ein Streitpunkt zwischen Almbauern und AMA. Denn sie ist die Grundlage für die Förderhöhe. Almflächen sind vielfach strukturiert, Felsen, Almrausch, Büsche und Bäume befinden sich inmitten der saftigen Almweiden. Wo finden die Tiere was zu fressen? Was ist mit der sogenannten Beschirmungsfläche unter Bäumen? Wächst da wirklich nichts? Wer die Futterfläche genau bestimmen will, muss die Alm komplett abgehen und anhand von Tritt- und Kotspuren überprüfen, wo die aufgetriebenen Tiere tatsächlich fressen. Diese Flächen muss er dann in die Geo-Karte eintragen.
Landwirt musste zunächst Geld zurückzahlen
Ein Landwirt aus Kärnten hat das so gemacht. 17,38 ha Futterfläche ermittelte er auf seiner Hochalm, die teilweise locker mit Lärchen bewachsen ist. Diese Fläche gab er im Förderantrag an. Doch der AMA-Mitarbeiter ermittelte bei einer Vor-Ort-Kontrolle mit dem AMA-Pro-Rata-System nur eine Futterfläche von 12,08 ha. Ein gravierender Unterschied. Die Folge: Die AMA forderte einen Teil der Fördergelder zurück.
Langer Weg durch die Instanzen
Dass der Landwirt aus Kärnten mit diesem Problem nicht alleine ist, zeigen die vielen Gerichtsverfahren, die es dazu gibt. Rechtsanwalt Michael Sommer aus Klagenfurt hat nach eigenen Angaben „hunderte“ solcher Klagen im Verwaltungsverfahren geführt, ohne Erfolg.
Im Verwaltungsverfahren kämpft der Kläger zuerst gegen die AMA, die einen Bescheid erlässt. Diesen Bescheid bekämpft die klagende Partei dann beim Bundesverwaltungsgericht.
Beim Bundesverwaltungsgericht wurde in keinem Fall ein unabhängiger Gutachter bestellt. Stattdessen wurden die AMA-Mitarbeiter befragt, die die Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt habe. Diese haben ihre Einschätzungen bestätigt. Sommer nennt das: „Die AMA prüft sich selbst.“
Die Gerichte hätten das durchgewunken und das sei es dann gewesen. Sommer erklärt, dass der klagende Landwirt einen unnabhängigen Sachverständigen selbst bezahlen müssen hätte und selbst dann das Geld dafür nicht zurückbekommen hätte, wenn er die Klage gewonnen hätte.
Urteil ändert die Sachlage nun zugunsten der Bauern
Auch der Landwirt aus Kärnten ging vor Gericht, allerdings in einem Zivilprozess. Sein Rechtsanwalt Sommer hat erreicht, dass er – weil der Landwirt eine Rechtsschutzdeckung hat - einen unabhängigen Gutachter von außen bekommen hat. Zwei Tage lang ist der Gutachter die Alm abgegangen. Er kam zum gleichen Ergebnis wie der Landwirt, nämlich einer Futterfläche von 17,38 ha. Damit erbrachte er den Beweis, dass die AMA-Angaben zu ungenau sind, die Fläche vom klagenden Landwirt richtig angegeben war und diesem daher alle Förderungen zustehen.
„Das ist ein Grundsatzurteil, das die AMA akzeptieren muss“, freut sich Sommer über seinen Erfolg für die Almbauern. „Denn wenn es bei den hunderten vorher geführten Verfahren möglich gewesen wäre, einen Gutachter hinzuzuziehen, hätten die Bauern viel mehr Förderung bekommen bzw. Sanktionen wären ausgeblieben. Ich hoffe, dass dieses Urteil bei vielen Bauern und bei der AMA ein Umdenken einleiten wird. Es wird das System ändern“, sagt Sommer im Gespräch mit dem Wochenblatt
Im Urteil gesteht das Gericht dem Antragsteller ausdrücklichzu, dass dieser „sofern er eine präzisere Ermittlungsmethode (als die der AMA) habe, um die Futterfläche ¬abzubilden, sich dieser bedienen“ könne. Dieses Urteil hat für alle Bauern grundlegende Relevanz und wird das System ändern.
Gutachter beauftragen
„Ich rate jedem Bauern, der größere Flächen hat, für die Flächenbestimmung das Geld für einen Gutachter auszugeben beizuziehen und auf Basis seiner Zahlen die Förderungen zu beantragen“, sagt der Anwalt. So habe der Landwirt die Sicherheit, dass die Fläche richtig ist. Er bekomme mehr Förderung und die Rückforderungsrisiken seien sehr gering. Bei der Suche nach einem Gutachter könne möglicherweise die Landwirtschaftskammer helfen.
Im Urteil heißt es außerdem, dass die beklagte Partei, die AMA, nach Meinung des Gerichts ihrer Verantwortung für die Einführung eines adäquaten Mess- und Kontrollsystems in Österreich nicht nachgekommen sei. Laut Gericht muss eine effektive Methode folgende Punkte beinhalten: Dir Aufnahme von Farbinfrarotbildern im Frühling anstatt Orthofotos, die Schaffung von Referenzflächen für die unterschiedlichen Vegetationsstufen durch fachkundige Kartierungen sowie die Bewertung an Ort und Stelle an Hand der Karte „ÖK 1:50000“, welche alle zwei Jahre aktualisiert werde.