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Vor Ort

Erfüllung als Bäuerin gefunden

Auslauf Kühe
Patrizia Schallert
am Freitag, 26.02.2021 - 09:45

Auf ihrem Bauernhof kann „Quereinsteigerin“ Petra Putz ihre Kreativität voll ausleben. Sie hat Schritt für Schritt eine Direktvermarktung aufgebaut und bringt Schulkindern die Landwirtschaft näher.

Bäuerin zu sein konnte sich Petra Putz nie und nimmer vorstellen. „Aber man kann sich nicht aussuchen, wo die Liebe hinfällt.“ Sie hat Jahre gebraucht, bis sie sich mit dem Beruf der Milchbäuerin identifizieren konnte. „Inzwischen bin ich mit Leib und Seele Bäuerin und mir rennt die Zeit davon, weil ich so viele Ideen umsetzen möchte, sei es für die Direktvermarktung oder meiner Arbeit mit Schulkindern am Bauernhof.

Vor 14 Jahren hat Petra Putz gemeinsam mit ihrem Mann Rupert seinen elterlichen Betrieb mit 14 Milchkühen übernommen. Kurz zuvor wurden das alte Bauernhaus komplett umgebaut, im Dachgeschoss eine Mietwohnung eingerichtet und für die Eltern des Betriebsleiters auf dem Grundstück ein Bungalow errichtet. Um Platz für Geräte und eine neue große Hackschnitzelanlage zu schaffen, entstand zwischen den beiden Wohnhäusern einige Jahre später ein neues Gebäude, das ebenfalls mit einer Mietwohnung ausgestattet ist.

Moderner Stall reduziertdie Arbeitszeit

Bis heute wird der Hof im Nebenerwerb geführt. Weil die Arbeit im Stall sehr zeitintensiv war, entschloss sich das Betriebsleiterpaar zu einem Um- und Neubau. In nur vier Monaten entstand ein zweistöckiges Stallgebäude in Beton- und Holzbauweise. Dort wurden der Melkstand für sieben Kühe, der überdachte Futtertisch und die Milchkammer platziert, im Obergeschoss ausreichend Raum für Heu und zugekauftes Stroh geschaffen. Zusätzlich wurde eine moderne Heubelüftungs- und Entfeuchtungsanlage mit Dachabsaugung installiert, eine Photovoltaikanlage auf dem Stalldach ist vorgesehen.
Anschließend nahm der Betriebsleiter den alten Anbindestall in Angriff. Er hat ihn komplett entkernt und mit Tiefstreuliegeboxen und einer großen elektrischen Kuhbürste bestückt. Der Laufgang wurde mit Gummimatten ausgelegt und eine Schrapperentmistung eingebaut. Vom Stall aus gelangen die Kühe auf die angrenzenden Weiden. Das Futter-Liegeplatzverhältnis beläuft sich auf 1 : 1. Die Stallgröße ist dem Viehbestand von 19 Milchkühen samt Nachzucht angepasst. „Eine Vergrößerung ist nicht geplant, weil die Kuhzahl gut zu unseren Flächen mit 25 ha Grünland passt“, sagt Rupert Putz. Durch die hohe Eigenleistung hielten sich die Um- und Neubaukosten mit rund 400 000 € im Rahmen. „Außerdem wurde enorm viel Arbeitskraft freigesetzt“, betont Petra Putz. „Seither kann eine einzige Person die gesamte Stallarbeit gut allein und in deutlich weniger Zeit bewältigen.“

Sofort als Bioheumilch-Betrieb eingestuft

Kuhstall

Nicht nur das Betriebsleiterpaar hat vom neuen Stall profitiert, auch die Kühe danken den Komfort mit einer guten Milchleistung von durchschnittlich 8500 kg bei 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß bei einer nur geringen Kraftfuttergabe von 0,15 kg je Kilogramm Milch. Über einen Transponder ist die Gabe am Kraftfutterautomat auf jede Kuh abgestimmt. Im vergangenen Jahr wurde der Betrieb biozertifiziert. „Die Molkerei SalzburgMilch hat unsere Heumilch ohne lange Wartezeit als Bio-Heumilch eingestuft“, versichert Petra Putz. Das liege vermutlich an der konstant guten Qualität über Jahre hinweg, die die Biobäuerin auch auf den Einsatz von EM-Bakterien und Urgesteinsmehl im Stall zurückführt. Die Zellzahl beläuft sich im Durchschnitt auf nur rund 30 000/ml. „Wir wurden von der Molkerei heuer bereits zum dritten Mal als einer der 30 besten Lieferanten ausgezeichnet.“

Die Besamung der Fleckviehkühe führt der Tierarzt durch, dabei wird mit Red Frisian-Samenmaterial eingekreuzt. Die weiblichen Kälber werden meist nachgestellt, die männlichen Tiere über das Viehzentrum in Mining (VZM) vermarktet. „Heuer haben wir wieder damit begonnen, unsere Kälber selbst zu mästen. Wir legen großen Wert auf ihre gesunde Ernährung und füttern sie nicht nur mit Milch sondern auch mit Heu.“ Das Thema „weißes Kalbfleisch“ spiele bei ihren Kunden keine Rolle, sagt Petra Putz. Hier sei Aufklärung wie in vielen anderen Bereichen der Landwirtschaft das A & O. Einmal jährlich kaufen Petra und Rupert Putz zwei 25 kg schwere Duroc-Ferkel von einem Berufskollegen in Faistenau zu. Geschlachtet werden die Mastschweine und Kälber von einem Landwirt in Eugendorf, der für die Familie auch Wurstwaren herstellt. Das Kalb- und Schweinefleisch wird in Kleinportionen direktvermarktet.

Auch Milch wird direktab Hof verkauft

Dass die Bio-Heumilch vom „Vorderreith-Hof“ gut schmeckt, haben die Verbraucher schon vor Jahren erkannt und sie regelmäßig zu den Melkzeiten abgeholt. Die Nachfrage nach einem ganztägigen Angebot sei immer größer geworden, deshalb hat die Familie heuer einen Kühlschrank angeschafft, in dem sie den Liter Milch für einen Euro anbietet. Nicht unbeträchtlich ist das Flaschenpfand in gleicher Höhe. „Aber nur so funktioniert die Rückgabe und außerdem ist die Reinigung der Flaschen recht aufwendig“, erklärt die Betriebsleiterin.
Natürlich könnte sie die Bio-Heumilch zu einem deutlich höheren Preis verkaufen. „Aber mir ist es lieber, wenn die Verbraucher regelmäßig kommen. Außerdem sollen sich auch einkommensschwächere Kunden unsere Milch leisten können.“ Inzwischen werden ab Hof täglich bis zu 20 l abgesetzt.
Im Kühlschrank finden die Kunden auch hofeigene Bioeier, Apfelsaft und selbstgemachte Zwetschkenmarmelade. Die Äpfel von der eigenen Streuobstwiese lässt die Familie in Strobl zu Saft pressen und in Flaschen abfüllen. „Die Nachfrage nach Obst steigt immer mehr, deshalb wollen wir unseren Bestand von bisher zwölf Apfel- und vier Zwetschkenbäumen verdoppeln und zusätzlich Birnbäume pflanzen.“ Im Winter lässt die Familie in Lohnarbeit hin und wieder Butter und Frischkäse an der „Landwirtschaftlichen Fachschule Winklhof“ in Oberalm für den Ab-Hof-Verkauf produzieren.
„Die Nachfrage nach hochwertigen regionalen Lebensmittel wächst stetig“, stellt die Biobäuerin fest. „Wir möchten auf diesen Zug aufspringen und mit unserem Produktangebot vielseitiger werden.“ Insgeheim träumt Petra Putz schon länger von einem kleinen Hofladen. „Dann könnte ich auch Produkte von Berufskollegen anbieten und müsste nicht alles selbst herstellen. Die Lage unseres Hofs direkt an der Bundesstraße wäre ideal für ein solches Betriebskonzept.“

Schule am Bauernhof und Kindergeburtstage

Einen anderen Traum hat sich die Biobäuerin bereits vor drei Jahren erfüllt, indem sie den Lehrgang „Schule am Bauernhof“ absolvierte. Jährlich bringt sie bis zu zehn Volksschulklassen die bäuerliche Urproduktion näher. Das Programm können sich die Lehrer und Kinder aussuchen: „Der Weg der Milch“, „Vom Huhn zum Ei“ oder „Vom Korn zum Brot“. Aus der Idee Kindergeburtstage auszurichten sei ein regelrechter Boom entstanden. „Dafür muss ich gar keine Werbung machen, das läuft allein über Mundpropaganda.“ Je nach Alter der Mädchen und Buben hat sich Petra Putz unterschiedliche Programme ausgedacht, sei es eine Schatzsuche im Heu, eine Bauernhofralley oder Basteln mit Salzteig. Weil das Herumtoben Hunger macht, bereitet die Biobäuerin meist einen Brot- oder Pizzateig vor, aus dem die Kinder selbst Brötchen backen oder sich eine Pizza belegen können.

Die Arbeit mit den Schulkindern macht Spaß

Im vergangenen Jahr hat Petra Putz erstmals eine Ferienwoche von Montag bis Freitag von 8 bis 13 Uhr angeboten, die sehr gut angenommen wurde. Für den Schlechtwetterfall wurde im Keller eigens ein „Partyraum“ für bis zu zehn Kinder eingerichtet. „Die Arbeit mit den Kindern macht mir so viel Freude, dass ich mich oft selbst einbremsen muss“, sagt die 40-Jährige. Damit die eigene Familie nicht zu kurz kommt, hat sie inzwischen im Kalender fixe Zeiten markiert, an denen sie keine Termine mehr annimmt.
„Vor lauter Enthusiasmus muss ich aufpassen, dass ich nicht in ein Hamsterrad gerate, aus dem ich dann plötzlich nicht mehr herauskomme.“ Die 12-jährige Franziska und die 10-jährige Eva-Maria sind vom Engagement ihrer Mutter begeistert. „Auf unserem Bauernhof ist immer was los, und das ist toll.“ Sogar das Mithelfen macht den beiden Mädchen Spaß.
Ein weiteres Betriebsstandbein ist der Verkauf von Brennholz und Hackschnitzeln, die die Fichten, Buchen, Lärchen, Eschen und Erlen im 10 ha großen Forst liefern.

Hackschnitzel und Brennholz für den Verkauf

Um das Holz direkt im Wald zu verarbeiten, hängt Rupert Putz an seinen Traktor ein Notstromaggregat mit einem Zapfwellenantrieb von 50 kVA und einer Spannungsüberwachung an. Die Investitionskosten beliefen sich auf rund 6000 €. Für Landwirte gewährt das Land Salzburg einen Zuschuss von 700 €. Eigentlich wurde das Gerät wegen der immer wieder auftretenden Stromausfälle in der Region angeschafft. „Ohne Strom laufen weder die Melkanlage noch die Heubelüftung oder die Hackschnitzelheizung“, sagt der Biobauer. „Inzwischen ist das Gerät am Hof unverzichtbar geworden. Dass ich es auch für meine Waldarbeiten einsetzen kann, ist ein angenehmer Nebeneffekt.“

Betriebsspiegel

Familie: Rupert (43, LW- und FW-FA), Petra (40, LW- und FW-FA, Ortsbäuerin der Gemeinde Hof), Franziska (12), Eva-Maria (10). Eltern des Betriebsleiters: Maria (69), Anton (69).

Flächen: 25 ha Grünland mit Streuobstwiese (12 Apfel- und 4 Zwetschkenbäume), 10 ha Mischwald.

Vieh: 19 Fleckvieh-Milchkühe samt Nachzucht, 2 Duroc-Schweine, 13 Legehennen im mobilen Hühnerstall, 2 Tauernschecken-Ziegen, 1 kastrierter Bock, Zwerghasen und Katzen.

Fütterung: Gras, Heu, Kraftfutter (Zukauf) über Transponder an der Kraftfutterstation (0,15 kg /pro kg Milch). Im Sommer haben die Milchkühe Weidegang, das Jungvieh ist auf der Trattberg Alm.

Milch: Durchschnittliche Milchleistung 8500 kg, 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß.

Vermarktung: Seit Anfang 2020 Bio-Obstsäfte und Bio-Heumilch in Flaschen. Rund 15 bis 20 l Milch werden täglich ab Hof verkauft, die restliche Milch wird an die Molkerei SalzburgMilch geliefert. Brenn- und Hackschnitzelverkauf ab Hof, Rundholz je nach Anfall.

  • Familie Putz betreibt ihren Milchviehbetrieb in Hof bei Salzburg im Nebenerwerb.
  • Mit der Milchproduktion, einer kleinen Direktvermarktung, als Schule- und Erlebnisbauernhof und mit Brennholz- und Hackschnitzelverkauf ist der Hof breit aufgestellt.
  • Durch den Neu- und Umbau des Stalls für 19 Kühe samt Nachzucht, mit Melkstand und moderner Heutrocknungsanlage, wurde viel Arbeitskapazität freigesetzt.
  • Für die hochwertige Bioheumilch wurde der Betrieb heuer bereits zum dritten Mal von der Molkerei SalzburgMilch als einer der 30 besten Lieferanten ausgezeichnet.
  • Weil die Nachfrage nach hochwertigen regionalen Lebensmitteln immer mehr steigt, denkt das Betriebsleiterpaar an die Eröffnung eines kleinen Hofladens.