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Grüner Bericht 2022

Einkommensplus für Österreichs Bauern

Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 16.09.2022 - 06:00

Covidhilfe und bessere Erzeugerpreise sind die Gründe. Im langjährigen Mittel stagnieren die Einkommen trotzdem.

Veränderung Einkünfte-GdB2022.png

Österreichs Bäuerinnen und Bauern haben die Coronakrise gut überstanden. Das geht aus dem aktuellen Grünen Bericht 2022 des Landwirtschaftsministeriums hervor. Zum ersten Mal seit 2017 ist bei der Einkommensentwicklung2021 ein Plus zu verzeichnen, allerdings nicht für alle.

Ausgewertet wurden die Buchführungsdaten von 1.941 land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Aktuell stehen die bäuerlichen Familienbetriebe aufgrund der gestiegenen Betriebsmittelkosten und des Klimawandels zunehmend unter Druck, so das Ministerium.

Im vergangenen Jahr haben Österreichs Bäuerinnen und Bauern im Schnitt 15% mehr Einkommen verzeichnet. Bergbauern verzeichneten ein Plus von 14,1%. Auch das Dreijahresmittel konnte im Schnitt aller Betriebe um knapp 15% übertroffen werden.

Totschnig-Norbert

Agrarminister Norbert Totschnig tritt aber auf die Euphorie-Bremse. Das sei eine positive Entwicklung, aber kein Grund für Euphorie. Im Zehnjahresvergleich zeigt sich nach wie vor Stagnation. „Während andere Berufsgruppen eine kontinuierliche Steigerung verzeichnen, stehen wir noch nicht einmal bei den Einkommen, die unsere Bäuerinnen und Bauern 2012 hatten“, stellt er klar. Zudem rechnet der ÖVP-Minister, dass dieses Jahr noch herausfordernder für viele Betriebe ist als 2021.

Große Unterschiede zwischen Regionen

Die Einkommen stiegen zwar auf durchschnittlich 32.150 € je Betrieb, jedoch gibt es nach wie vor große Einkommensunterschieden zwischen Bergbauern und Nicht-Bergbauern. Während diese 41.727 € erzielten, nahmen Bergbauern nur 23.884 € ein. In der Erschwernispunktegruppe 4 war gingen die Einkommen sogar um fast 19% auf 13.574 € zurück.

Auch zwischen Betrieben in benachteiligten und nicht benachteiligten Regionen haben sich die Einkommensunterschiede 2021 vergrößert. Zwar wuchsen die Einkünfte für Betriebe in benachteiligten Regionen um 9,5% auf 27153 €, Betriebe außerhalb dieser Region konnten sich dagegen über einen Einkommenszuwachs von 24,4 % auf 46.282 € freuen.

Deutliches Minus für Schweinebauern

Entwicklung Einkünfte GdB2022.png

Mit weniger Einkommen mussten 2021 indes Veredlungsbetriebe klar kommen. Sie büßten 20,5 % ihrer Einkünfte ein. Unter Strich bleiben aber immer noch 53.694 € übrig, das höchste Einkommen aller Betriebe.

Trotz eines Anstiegs um fast 24 % konnten die Forstbetriebe mit 23.492 € die geringsten Einkünfte verbuchen. Kaum besser ist wirtschaftliche Lage von Futterbaubetrieben. Sie kamen nur auf 24.472 €, was rund 15 % mehr als 2020 war.

Die größten Einkommenssprünge verzeichneten Marktfrucht- und Dauerkulturbetriebe. Letztere nahmen mit 42.687 € im vergangenen Jahr 38 % mehr ein, Marktfruchtbetriebe verbuchten bei einem Plus von 34,1 % dagegen 46.525 €.

UBV moniert zu geringes Lohnniveau

Wie Totschnig verweist auch der Unabhängige Bauernverband (UBV) darauf, dass trotz der Steigerung um 15 % das Einkommen der Bauern noch immer knapp unter dem Einkommen von 2011 liegt. Er macht zudem noch eine weitere Rechnung auf: So bedeutet das aktuelle Durchschnittseinkommen von 32.000 € nach Abzug der Sozialversicherungskosten von im Schnitt 10.000 € ein monatliches Nettoeinkommen von rund 982 € je Arbeitskraft. Unterstellt sind dabei wie in anderen Branchen üblich 14 Monatsgehälter und 1,6 Arbeitskräfte pro Betrieb.

"Welche Branche wäre mit solch einem Nettoeinkommen zufrieden", fragt Stefan Wurm, Rechts- und Wirtschaftspolitischer Sprecher vom UBV Oberösterreich. Er hat auch gleich die Antwort parat: "Weder die Beamten oder Lehrer, noch die Arbeiter und Angestellten und Politiker sowieso nicht." Dabei haben laut Wurm ein Großteil der Landwirte zumindest Facharbeiter- oder gar Meisterprüfung. Das Lohnniveau entspreche dabei aber nur dem von Hilfsarbeitern.

Das Ministerium führt die positiveren Ergebnisse auf zwei Faktoren zurück. Die COVID-Hilfen der Bundesregierung wie Umsatzersatz, Verlustersatz, Härtefallfonds oder Ausfallsbonus sowie erstmals höhere Preise bei agrarischen Produkten, unter anderem für Holz, Getreide und Milch. Belastet wurden die Betriebe dagegen durch eine höhere Umsatzsteuerlast, weil mehr investiert wurde. Auch haben sich vor allem Futtermittel und Energie verteuert. Höhere Abschreibungen für Maschinen und Geräte schmälerten die Ergebnisse zusätzlich.

Knapp 11 Mrd.€ Produktionswert

Trotz eines Produktionswerts von rund 10,9 Mrd. € (+ 16,5%) trug der primäre Sektor 2021 rund 1,2 % zur Bruttowertschöpfung bei. 8,5 Mrd. € entfielen auf die Landwirtschaft und 2,4 Mrd. € auf die Forstwirtschaft. Aufgrund der höheren Preise für Getreide, Ölsaaten und Obst kletterte der Wert der pflanzlichen Erzeugung um 21 % auf rund 4 Mrd. €. Nur bei Hackfrüchten waren deutliche Preiseinbußen zu verzeichnen.

Der Wert der tierischen Produktion lag 2021 mit rund 3,7 Mrd. € um 4 % über dem Vorjahreswert. Bei einer stabilen Milcherzeugung erhöhte sich der Produktionswert 5,4% auf etwa 1,47 Mrd. €, Rinder kamen bei einem preisbedingten Plus von 8,8 % auf 0,83 Mrd. €. Mit etwa 0,78 Mrd. € blieb der Wert der Schweineproduktion bei einem leicht rückläufigen Produktionsvolumen und neuerlich gesunkenen Preisen um 6,2% hinter dem Vorjahresergebnis zurück.

Über dem Vorjahresergebnis lagen dagegen die Produktionswerte von Geflügel (+4,7%) und Eiern (+5,8%).

Kräftig zugelegt hat der Produktionswert der Forstwirtschaft. Das Ministerium beziffert ihn für 2021 auf rund 2,4 Mrd. €. Das waren immer 38,2% mehr als 2020. Grund war die hohe Nachfrage nach Sägerundholz und Frischholz für das Baugewerbe.

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