Wien - Nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Ideen zur Weiterentwicklung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe präsentieren Bäuerinnen und Bauern im Format „Ideenacker“. Das von Bund, Ländern und der Europäischen Union unterstützte Format ist eine Gemeinschaftsproduktion des LFI Österreich und den Landwirtschaftskammern der Bundesländer. Im jüngsten Webinar gewährten Ulla Wittmann vom Biohof „Manufaba“ (Burgenland), Fritz Wallner von der „A2 Milch GmbH“ (Oberösterreich) und Petra und Bernd Pobaschnig vom Biobetrieb „Jörgelehof“ (Kärnten) einen Blick hinter die Kulissen ihrer Betriebe.
Peter Stachel, Innovationsberater an der LK Steiermark, moderierte die Online-Veranstaltung mit mehr als 40 Teilnehmern.
Neue berufliche Herausforderung gesucht
Mit der Produktion von „Seewinkler Bio-Tofu aus einer Hand“ hat sich Ulla Wittmann vor acht Jahren einen Arbeitsplatz auf dem Biohof ihres Lebensgefährten Ludwig Birschitzky in Frauenkirchen geschaffen. „Ich suchte zwar ein neue berufliche Herausforderung. Aber als die Idee zur Tofuproduktion entstand, war nie geplant, dass ich damit einmal meinen Lebensunterhalt bestreite.“

Die Biobäuerin legte einige Zahlen zum Sojaanbau vor, der in Österreich boomt und sich seit 2004 von 17 864 ha auf heute 75 568 ha vervierfacht hat. 2021 kultivierten 12 172 Betriebe Sojabohnen, rund ein Viertel entfällt auf den ökologischen Landbau.
Weltweit hat sich die Sojaproduktion seit den 60er-Jahren aufgrund des steigenden Fleischkonsums auf mehr als das Zwanzigfache erhöht, sagte Wittmann. Der Großteil des importierten Soja sei gentechnisch manipuliert, nur 4 % sind GVO-frei. Während das weltweit produzierte Soja zu rund 80 % im Tierfutter landet, wird die in Österreich zu 100 % GVO-frei angebaute Bohne zur Hälfte für die Lebensmittelproduktion eingesetzt.
Die Sojabohne sei hervorragend für die klimatischen Bedingungen im Seewinkel zwischen Neusiedler See und der ungarischen Grenze geeignet, erklärte Wittmann. Allerdings sind die immer geringeren Sommerniederschläge eine große Herausforderung für den Anbau.
Anfängliche Produktion in der eigenen Küche
Bevor die Sojabohnen in Wittmanns Tofuküche gelangen, werden sie in einer Anlage gereinigt. „Weil wir die Nachfrage nach unserem Produkt zuerst ausloten wollten, stellte ich den Tofu anfangs noch in der eigenen Küche her.“ Der erste Meilenstein in der Direktvermarktung war 2015 der Verkauf der Tofuprodukte auf zwei regionalen Märkten und an ein Gasthaus.
„Die Mundpropaganda für unseren Biotofu hat von Anfang an so gut funktioniert, dass die Nachfrage schnell gestiegen ist.“ Ein Jahr später entschied sich das Betriebsführerpaar zur Professionalisierung der Vermarktung und zum Bau einer neuen Produktionsstätte samt Hofladen.
„Am Anfang habe ich mich von den aus Taiwan gekauften Maschinen zur Tofuherstellung regelrecht gefürchtet“, erinnerte sich Wittmann. Sie holte sich dann fachliche Unterstützung bei einem Tofu-Experten und eröffnete ihre Manufaktur im Mai 2019.
Neben dem Verkauf im eigenen Hofladen, auf Märkten und Onlineplattformen liefert Wittmann ihre Produkte inzwischen an rund 30 kleine Wiederverkäufer und an die Gastronomie. Pandemiebedingt sei der Umsatz an die Gastronomie um rund ein Drittel eingebrochen.
Durch die vielen Vermarktungswege konnten die Verluste jedoch relativ gut aufgefangen werden. Für die Zustellung an ihre rund 40 Kundschaften in der näheren Umgebung hat Wittmann wöchentlich einen Liefertag eingeplant. Als „next day fresh“-Kundin der Post akzeptiert zu werden, war mühsam, funktioniert inzwischen aber gut.
Mit der Kundenzahl ist auch die Produktpalette gewachsen. Unter der Marke „Manufaba“ stellt die Biobäuerin frischen, nicht pasteurisierten Tofu natur, mit Kräutern oder Chili her. Weitere Geschmacksrichtungen mit Curry, Kürbis- oder Walnusskernen, Pfeffer-Orange oder Marille-Lavendel produziert sie ab einer Bestellmenge von 3 kg. Auf der Produktliste steht außerdem ein leicht gesalzener und über heimischem Robinienholz kalt geräucherter Tofu.
„Alle Sorten sind handgemacht, vegan, glutenfrei und ohne künstliche Geschmacksverstärker und Konservierungsmittel“, versicherte Wittmann. Sie eignen sich sowohl zum Rohgenuss, beispielsweise mariniert auf Salaten, als auch gebraten, gedämpft, frittiert, gekocht, überbacken oder gegrillt.“ Die Produktpalette wurde mit Tofu-Fertiggerichten im Pfandglas wie „Sauce Tofunese“, „Chili con Tofu“ und Linseneintopf mit Räuchertofu erweitert.
Zu den Erfolgsfaktoren des neuen Betriebszweigs gehörten der richtige Zeitpunkt des Produktionsbeginns aus hofeigenen Biosojabohnen und die große Nachfrage nach einer besonderen Qualität. Mittlerweile sind in der Manufaktur drei MitarbeiterInnen geringfügig geschäftig. Doch das Thema Personal ist eine große Herausforderung und mein persönlicher Arbeitseinsatz nach wie vor zu hoch, bedauerte die Tofuproduzentin.
Deshalb will sie in absehbarer Zeit mit einem Unternehmensberater evaluieren, wie sich ihr eigener Arbeitseinsatz reduzieren lässt. „Die Herstellung von Tofu ist nämlich eine sehr aufwendige und körperlich anstrengende Arbeit.“ Weiter steht die Neuausrichtung des Corporate Designs einschließlich neuem Logo auf der To-do-Liste, außerdem sollen die Produkte mit Strichcodes versehen werden.
Gute Milch-Idee erfolgreich umgesetzt
Fritz Wallner aus Scharnstein stellte die „A2 Milch GmbH“ vor, die er und seine Frau Maria gemeinsam mit Roswitha und Gerhard Reingruber aus Inzersdorf im Kremstal 2018 gegründet haben. A2 Milch ist eine Kuhmilch mit speziellem Eiweißaufbau, die sich in ihrer Verträglichkeit von herkömmlicher Kuhmilch unterscheidet, erklärte Wallner. Die A2 Milch ist eine unveränderte Vollmilch und resultiert aus der Genetik der Kuh. Tiere mit dem Genotyp A2A2 produzieren Milch, die ausschließlich die Beta-Kaseinvariante A2 beinhaltet. Wie Schaf- oder Ziegenmilch sei sie vor allem für Menschen sehr bekömmlich, die unter einer Laktoseunverträglichkeit leiden oder empfindlich auf Milcheiweiß reagieren“, so Wallner.
In Neuseeland und Australien wird die A2 Milch bereits seit vielen Jahren erfolgreich vermarktet. Wallner: „Mit dem Einstieg in die A2 Milch-Produktion wollten wir eine Nische nutzen, um uns vom regulären Milchmarkt abzusetzen und bessere Erlöse zu erzielen.“
Die Milch der Betriebe Wallner und Reingruber wird an die A2 Milch GmbH verkauft. Im Gründungsjahr wurden rund 286 000 kg A2 Milch in einer nahegelegenen Molkerei in Lohnarbeit pasteurisiert und abgefüllt. Während der Betrieb Reingruber die übrige Milch an die Molkerei abgab, verkaufte der Betrieb Wallner seine Restmilch auf dem freien Markt. Die Vermarktung der A2 Milch im 1-Liter-Tetrapack erfolgte über Rewe und private Händler. 2019 hatte die GmbH mit Rückschlägen bei der Lohnabfüllung und der Listung im LEH zu kämpfen. Mit der Akquise eines neuen Handelspartners wurde der Verkauf dennoch auf 392 000 kg gesteigert.
Roboter schafft Zeit für Produkte und Büro
Krappfelder Eis als Einkommenssäule
120 Kunden werden mit Speiseeis beliefert
Die Qualitäts- und Herkunftssicherung war dem Betriebsführerpaar von Anfang an wichtig. Deshalb ist der Betrieb den Vereinen „Gutes vom Bauernhof“, „Genussland Kärnten“ und der AMA Genussregion angeschlossen. Als Mitglied des Netzwerks „Marktplatz Mittelkärnten“ ergaben sich Kontakte zu Berufskollegen, die für das Krappfelder Eis Früchte anbauen. „Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass die heimischen Früchte allesamt aus Kärnten oder Österreich stammen.“ Das Joghurt und den Topfen, mit dem das Speiseeis teilweise verfeinert wird, stellt die Familie selbst her.
„Mit unseren vier Standbeinen können wir ein gutes Einkommen erzielen“, bekräftigte Bernd Pobaschnig. Während die Pauschalierung der Landwirtschaft aufrecht erhalten wurde, sei die Speiseeisproduktion von Anfang an gewerblich geführt worden. „Das hat mit Blick auf die Produktionsmenge große Vorteile und erleichterte die Betriebsentwicklung.“