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Österreich

Bauernparlament wehrt sich gegen schärfere EU-Auflagen für Tierhalter

Josef Koch
Josef Koch
am Montag, 27.06.2022 - 17:42

Weitere Themen der Vollversammlung der LK Oberösterreich waren die Energieversorgung, Green Deal und die Herkunftskennzeichnung.

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Die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich lehnte in ihrer Sitzung vergangene Woche das Einbeziehen der Rinderhaltung in der Industrie-Emissionsrichtlinie entschieden ab. Auch die stimmten die Delegierten gegen die geplante Absenkung des Schwellenwertes in der Geflügel- und Schweinehaltung.

Die Vollversammlung fordert in einer Resolution das Klimaschutzministerium auf, sich auf EU-Ebene konsequent für entsprechende Änderungen am vorliegenden Entwurf der Industrie-Emissionsrichtlinie einzusetzen. „Würde die EU-Richtlinie umgesetzt, wäre in Österreich ein massiver Rückgang der bäuerlichen Tierhaltung zu erwarten“, warnte Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger. So könnten bereits Betriebe mit 100 Kuhplätzen (inkl. Nachzucht) oder 500 Schweinemastplätzen betroffen sein.

Gefahr für bäuerliche Tierhalter

Die EU-Richtlinie über Industrieemissionen reguliert vor allem die Abgabe von Emissionen von rund 52.000 industriellen Anlagen in der EU. Ein Novellierungsentwurf zu dieser Richtlinie sieht nunmehr ein massives Herabsetzen der bisherigen Schwellenwerte für die Schweinehaltung und den Einbezug der Rinderhaltung ab einer Anlagengröße von jeweils 150 Großvieheinheiten vor. Damit können bereits Betriebe mit

Ab Überschreiten der Grenzwerte wäre ein sogenanntes IPPC-Verfahren notwendig, was einer Umweltverträglichkeitsprüfung gleichzusetzen ist. Betroffene Betriebe müssten mit Kosten von zumindest 65.000 Euro je Verfahren rechnen. Zudem soll ein umfangreiches Paket von Sondervorschriften für die Haltung von Geflügel, Schweinen und Rindern in der neuen Richtlinie verankert werden.

Verbot von Kälberiglus verhindern

Kälberiglu

Für die Vollversammlung der LK OÖ ist mehr als fraglich, die bäuerliche Nutztierhaltung im gleichen Rechtsakt wie industrielle Großanlagen zu regeln. Zudem weisen die Delegierten darauf hin, dass die betroffenen Ammoniak- und Methan-Emissionen ohnehin in anderen EU-Rechtsakten einer strengen Regulierung unterworfen seien.

Ebenso fordert die Vollversammlung den Bund auf, die Einzelhaltung von Kälbern und auch Kälberiglus weiterhin gesetzlich zu erlauben. Einem Gesetzesentwurf über ein Verbot von Käfighaltung für alle Tierarten, den die EU-Kommission für 2023 angekündigt hat, soll die Regierung nicht zustimmen. Bis auf die Grünen stimmten alle Fraktionen dem UBV-Antrag zu.

 

Höhere Umsatzgrenzen bei Pauschalierung nötig

Steuerliche Nachbesserungen bei Pauschalierung verlangt das Bauernparlament vom Bundesfinanzministerium. Dieses soll die Umsatzgrenze von 400.000 € auf 600.000 € für die Voll- und Teilpauschalierung anheben. Damit soll insbesondere in der aktuell weltweit angespannten Versorgungslage mit Agrargütern und Lebensmitteln vermieden werden, dass bäuerliche Betriebe aus steuerlichen Gründen ihren Produktionsumfang reduzieren.

Keine Mehrheit bekam dagegen der UBV-Antrag, auch die Kostenpauschale bei der Teilpauschalierung von 70% beziehungsweise 80% auf mindestens 85 % zu erhöhen. Der  Verband wollte damit verhindern, dass Bauern Scheingewinne versteuern müssen, aufgrund gestiegener Umsatzerlöse. Die höheren Kosten für Betriebsmittel bleiben aber unberücksichtigt.

Nachträglicher Gülledeckel abgelehnt

Güllebehälter-offen

Zudem erwartet das oberösterreichische Bauernparlament von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler Korrekturen an der Ammoniak-Reduktions-Verordnung. Es lehnt die geplante Pflicht zur nachträglichen Abdeckung von Güllegruben ab. Die technischen Probleme sowie die hohen Kosten für eine nachträgliche Abdeckung von Güllegruben stünden in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zum Reduktionspotenzial der Ammoniak-Emissionen durch diese Maßnahme, heißt es in der Resolution.

Auch der vorgesehene Nachweis der technischen Unmöglichkeit einer Güllelagerabdeckung durch ein ziviltechnisches Gutachten stelle einen „völlig unverhältnismäßigen Aufwand“ dar. Kein Verständnis haben die Delegierten für die Auflagen, die zeitgerechte Einarbeitung von Wirtschaftsdüngern zu dokumentieren. Das bedeute nur mehr Bürokratie, die verhindert werden müsse.

„In jedem Fall braucht es für kleinere Betriebe mit bis zu zehn Hektar Ackerfläche und für Kleinstschläge bis zu einer Größe von 0,3 Hektar Ausnahmen“, fordert Waldenberger.

Klarheit über Gasversorgung schaffen

Zudem erwartet das Bauernparlament rasch Klarheit, wie im Fall einer massiven Verknappung der Gasversorgung mit der Energiezuteilung an private und unternehmerische Verbraucher tatsächlich umgegangen wird. Gerade die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft sei von einer stabilen Gasversorgung abhängig, so der Kammerpräsident.

Green Deal anpassen

Angesichts des drohenden weltweiten Versorgungsengpasses bei Getreide fordern die Delegierten die EU-Kommission auf, die Green Deal-Ziele an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Die Farm to Fork-Strategie sieht die Verringerung des Pflanzenschutzmittel- sowie Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung um die Hälfte sowie eine Reduktion von 20 Prozent beim Einsatz chemischer Düngemittel vor. Zudem sollen mindestens ein Viertel aller europäischen Agrarflächen ökologisch bewirtschaftet werden.

Die Landwirtschaftskammer fordert von Gesundheitsminister Johannes Rauch weiterhin, dass in einem weiteren Schritt auch in der Gastronomie eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel eingeführt wird.

Von der oberösterreichischen Regierung erwarten die Kammer-Delegierten den Bau von Solaranlagen zu entbürokratisieren. So sollten laut UBV-Antrag Anlagen bis 1000 kWp genehmigungsfrei nach dem Elektrizitätsrecht sein, insbesondere Dachanlagen in Volleinspeisung.

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