Der Österreichische Biodiversitätsrat sieht das Aussetzen der 4%-igen Pflichtbrache für 2023 als sehr kritisch. Ende Juli hatte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) angekündigt, die EU-Empfehlung umzusetzen.
In Österreich handelt es sich dabei um 9.000 ha. Deren Lage ist für eine Bearbeitung oft schwierig und deren Anbaufläche für Getreide sich – bei Nutzung von zwei Drittel der Flächen – um nur 0,81 Prozent, so eine AMA-Schätzung, vergrößern würde. Der Beitrag zur Ernährungssicherheit wäre daher sehr gering, so der Rat.
Wissenschaftler sehen ein "Eigentor"
Ein sorgfältiger und maßvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen ist Kernelement von Strategien, die der Überwindung der globalen Herausforderungen, allen voran Biodiversitätsverlust und Klimawandel, dienen sollen. „Bis vor kurzem wurde deshalb auch die Stilllegung von Flächen als Brachen unterstützt“, erklärt Dr. Thomas Wrbka, Professor für Botanik und Landschaftsökologe an der Universität Wien.
Dessen Kollege Dr. Franz Essl, Professor für Ökologie, Universität Wien, sieht in der landwirtschaftlichen Nutzung der Brachen „ein Eigentor“. Sie zerstöre den Lebensraum der Tiere und entzieht sich dabei selbst die wichtigen Bestäuber für Obst- und Gemüsearten. Die Brachenfreigabe ist laut Essl daher eine Bedrohung für die langfristige Ernährungssicherheit – und sie verschärft dabei auch die Biodiversitätskrise.”
Rat empfiehlt, weniger Getreide zu verfüttern
Der Österreichische Biodiversitätsrat fordert daher, dass keine Flächen aus dem Öpul (Österreichisches Agrar-Umweltprogramm) freigegeben werden. Laut Totschnig gilt die Freigabe ohnehin nicht für Öpul-Flächen.
Der Rat verlangt stattdessen weniger Getreide zu verfüttern. So fließen laut einer Einschätzung der AMA fast 80 Prozent der heimischen Getreideernte in Tiernahrung und Industrie, und nur 19 Prozent werden direkt für die menschliche Ernährung genützt. Zudem müsse Österreich rasch die Verbauung und Zersiedelung einschränken. Jährlich verliert Österreich 5.500 ha an produktiven Böden durch Bautätigkeit.
Dem Biodiversitätsrat gehören 27 Forscher und Experten für Biodiversität, Ökologie, Landschaftsplanung, Naturschutz, ökologische Ökonomik, Agrarökonomie und Politikwissenschaften an.