Wieselburg/NÖ - Die 26. Auflage der „Ab Hof“ – Spezialmesse für bäuerliche Direktvermarkter“ vom 6. bis 9. März in Wieselburg präsentierte sich auch heuer mit fast 300 Ausstellern und mit mehr als 35 000 Besuchern als europäische Leitmesse im Bereich Direktvermarktung. Sie bot in zwei Bereichen – einem Fachbesucherteil für die Direktvermarkter und einem Konsumententeil – geballte Fachkompetenz sowie beste bäuerliche Produkte.
Trotz Corona-Virus waren die Messehallen voll. In den Hallen drei bis neun gab es für die Produzenten umfassende Fachinformationen zur Verarbeitung und Vermarktung bäuerlicher Lebensmittel und Dienstleistungen. Konsumenten hatten die Möglichkeit, sich über die bäuerlichen Produkte und Dienstleistungen schlau zu machen und diese oftmals auch zu verkosten. Verarbeiter wiederum profitierten von Informationen über Geräte zur Herstellung, Kühlung, Lagerung, Transport, Verpackung und Vermarktung ihrer hochwertigen Produkte.
VHM unterstützt etwa bei Aufbau hofeigener Käserei
Eine besondere Rolle unter den Anbietern von Beratung und Unterstützung der bäuerlichen Direktvermarkter nahm der Verband für handwerkliche Milchverarbeitung e.V. (VHM) ein. Der VHM unterstützt seit 2014 seine österreichischen Mitglieder mit milchwirtschaftlichen Informationen und Beratung. Zudem ist VHM Österreich Mitglied bei FACEnetwork, dem Europäischen Netzwerk von Hofkäsereien und handwerklichen Käsereien. Dieses Netzwerk setzt sich aktiv für den Erhalt der Käsevielfalt und des Käsehandwerks in Europa ein. Als Ergänzung zur fachlichen Unterstützung durch die Landwirtschaftskammern und ihre Fachberater arbeitet der VHM auf europäischer Ebene. Weitere Informationen zum VHM unter www.milchhandwerk.info.
Wie die Unterstützung für Mitglieder in der Praxis aussehen kann, zeigte Käsereifachberater Georg Manzeneder in einem Vortrag unter dem Titel „Grundlagen der hofeigenen Milchverarbeitung – So starten Sie Ihre Hofkäserei erfolgreich“. Dabei zeigte er auf, welche Fragen sich ein zukünftiger Käsemacher vor Beginn seiner Arbeit beantworten muss. So gilt es einmal zu klären, welche Käsesorten er herstellen will. Die Entscheidung für Hart- oder Schnittkäse, Weich- oder Frischkäse und Topfen hänge auch wesentlich davon ab, welche Menge man produzieren will und ob sie auch absetzbar ist. Manzeneder gab den Tipp, sich auf eine Produktgruppe zu spezialisieren. Überdies sei zu berücksichtigen, dass Käse, je später er verkauft wird, im Geschmack immer intensiver werde. Da der Käsemarkt heute von Innovation und Sortenvielfalt geprägt ist, könne man seiner Fantasie freien Lauf lassen und zum Beispiel Käse mit Vanille-Ingwer-Geschmack herstellen, regte der Käsereifachberater an. Er gab auch zu bedenken, dass der erforderliche Reiferaum eine der größten Investitionen darstelle.
Das Käsen muss man können und lieben
Das alles Entscheidende bei der Käseherstellung sei aber die Begeisterung für das Handwerk und die Einsicht, dass fast ein Drittel der zu leistenden Arbeit auf Reinigungstätigkeit entfalle. „Das Käsen kann man bald lernen, aber man muss das Handwerk lieben!“
Die Verarbeitung von Rohmilch zu Weichkäse sei die kostengünstigste Variante, betonte Manzeneder, da eine Weichkäsewanne und ein warmer Raum als Ausstattung genügten. Im selben Atemzug wies er aber auf die Gefahr durch Bakterien hin. Etwas teuer und aufwendiger sei die Produktion von Hart- und Schnittkäse.
Insgesamt müsse das Betriebskonzept stimmen, so der Referent. Neben klaren Vorstellung über die Produkte sind auch genügend Platz und Zeit sowie passende Geräte und nicht zuletzt Verkaufstalent erforderlich.
Weichkäse sei ergiebiger als Hartkäse, müsse aber auch schneller verkauft werden. Weichkäse mit Rotschmiere sei zum Beispiel sehr arbeitsintensiv in der Pflege, reagiere fein auf die Luftfeuchtigkeit im Reiferaum und zähle zu den Spezialsorten, von denen in der Regel keine großem Mengen verkauft werden können. Camembert bzw. Weißschimmelkäse brauche einen eigenen Reiferaum, müsse oft gewendet werden und verlange nach besonderer Sorgfalt bei der Verpackung.
Bei der Produktion von Schnittkäse sei ein Reiferaum mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit notwendig. Hartkäse wiederum verlange nach häufiger Pflege bei längerer Reifedauer, was wieder einen höheren Verkaufspreis rechtfertige. Die Ausbeute sei ebenfalls geringer, dafür habe man für den Verkauf länger Zeit.
Zum Schluss seiner Ausführungen kam Manzeneder auf die organisatorischen Vorbereitung wie Produkt- und Personallaufpläne sowie auf das HACCP-Konzept bei einer Verarbeitungsmenge von mehr als 30 000 l Milch pro Jahr zu sprechen. Und nicht zuletzt sei eine exakte finanzielle Kalkulation unabdingbar.