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Wolfsmanagement

Zündstoff in der Fußgängerzone: Dem Wolf jetzt klare Grenzen setzen

Demo 7
Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Montag, 08.05.2023 - 17:49

In Garmisch Partenkirchen prallen Fronten aufeinander. Bauern haben kein Verständnis für Argumente der Wolfsbefürworter.

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Zwei Gegenpole traten in der Fußgängerzone im beschaulichen Garmisch-Partenkirchen aufeinander: an einem Ende der Einkaufsmeile hatte die Gruppe „AkTIERvisten“ einen Infostand aufgebaut, um gegen die Entnahme von Wölfen in der Region zu protestieren. Zeitgleich, nur 200 Meter weiter, waren Bäuerinnen und Bauern aus der Region angetreten, um Flagge zu zeigen für ihre Forderung, im Bedarfsfall auch Wölfe zum Abschuss freizugeben.

Der Zeitpunkt für beide Demonstrationen war „punktgenau“ ausgewählt. Denn am vergangenen Wochenende wurden in der Region die ersten 400 Schafe auf das Kramerplateau aufgetrieben. Was in den vergangnen Jahren keine besondere Aufmerksamkeit erregte, wurde in diesem Jahr zum viel diskutierten Thema, denn die Rückkehr des Wolfs und die Wolfsrisse in den letzten Wochen und Monaten haben die Lage grundlegend verändet: immer mehr Bäuerinnen und Bauern haben ein sehr ungutes Gefühl oder sogar Angst, wenn ihre Tiere auf der Alm sind, zu sehr drängen sich immer wieder Bilder von blutigen Schafskadavern in die Erinnerung. Bayernweit für Aufsehen gesorgt hatte ein Antrag des Landrates von Garmisch-Partenkirchen, der eine Entnahmemöglichkeit für einen Wolf zum Ziel hat.

Gilt der Tierschutz nicht für alle Tiere?

Demo 3

Bauernverband und Schafhaltervereinigung waren deshalb angetreten, um ihre Position klarzumachen, nicht nur auf Transparenten, sondern vor allem auch in Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern. Als „Hingucker“ hatten sie in einem mobilen Gatter Schafe und Ziegen mitgebracht, die nicht nur von den Kindern, die mit ihren Eltern unterwegs waren, gerne gesteichelt wurden. Im krassen Gegensatz dazu die Bilder der vom Wolf getöteten und zrissenen Tiere, ebenfalls Schafe und Ziegen, ein Bild dokumentiert sogar einen vom Wolf regelrecht „abgenagten“ Biber.

„Wir lassen uns auf keinen Fall von selbst ernannten Tierschützern vorwerfen, dass wir den Wolf ausrotten wollen, das hat mir der Wahrheit nichts zu tun. Aber wer die Bilder der zerissenen Tiere sieht, wer als Bauer oder Bäuerin schon ein schwer verletztes oder sterbendes Tier auf der Weide gefunden hat, der muss sich doch Fragen: gilt der Tierschutz nicht für alle Tiere?“, so der Kreisobmann.

Weidewirtschaft steht auf dem Spiel

Demo 4

Und seine Argumentation geht noch weiter: „Wenn wir jetzt nicht eingreifen, wenn der Wolf hier bei uns weiterhin ungebremst sein Unwesen treiben kann, dann wird es bald vorbei sein mit der Weidewirtschaft, denn es überlegen sich jetzt schon viele Berufskollegen, ob sie sich das antun sollen in dem Wissen, dass ihre Tiere dann in ständiger Gefahr sind“.

Luis Kramer, stelvertretender Kreisobmann des BBV im Kreis Garmisch-Partenkirchen, ist angesichts der Argumentation am Stand der „AkTIERvisten“ Oberland sichtlich verärgert: er hat versucht, seine Ansichten über die Probleme mit dem Wolf an deren Stand anzubringen, „ich stelle ich gerne jeder Diskussion, aber hier habe ich das Gefühl, dass die Realität völlig verkannt wird, hier reden Leute, die von der Tierhaltung nur wenig oder gar keine Ahnung haben“, hält er im Gespräch mit dem Landwirtschaftlichen Wochenblatt fest und er merkt an: „Da redest Du wie gegen eine Wand, die wollen unsere Argumente nicht hören“. Genervt ist er auch von den immer wieder kehrenden Argumenten, dass die Bäuerinnen und Bauern ihre Tier ja nur besser schützen müssten, beispielsweise durch Wolfsschutzzäune: „Wenn man dann erklärt, dass genau diese Lösung vielerorts wegen der Bodenbeschaffenheit gar nicht oder nur unter großen Mühen möglich ist, dann erntet man nur ein Achselzucken“.

Wolf ist zum Kulturfolger geworden

Für die Vertreter des Bauernverbandes und der Schafzüchter ist der Wolf längst zum „Kulturfolger“ geworden, „den bekommen wir nicht mehr los, der ist auch nicht scheu, der kommt immer näher an die Siedluungen - was ist, wenn einem Menschen, vielleicht sogar einem Kind etwas passiert?“, fragt Luis Kramer und er berichtet von landwirtschaftlichen Betrieben, auf den die Kinder nicht mehr alleine im Freien spielen können, weil ihre Eltern Anhst um sie haben.

Demo 1

Der Wolf muss im Bedarfsfall unbedingt entnommen werden - diese klare Aussage stammte im Verlauf der Demonstration von einer Frau, die über Jahrzehnte nicht nur in Bayern als Gesicht des Tierschutzes galt: Tessy Lödermann, Mitbegründerin der Partei „Die Grünen“ in Bayern und heute 3. Landrätin im Kreis Garmisch Partenkirchen, machte in einem offenen Statement klar, dass tatsächlich die komplette Weidewirtschaft in der Region in Gefahr komme, wenn nicht gehandelt wird: „Der Erhalt seltener Arten, die Beweidung der Almen, die Schönheit unserer Kulturlandschaft - das alles leisten unsere Tierhalter und das dürfen wir nicht in Gefahr bringen“, machte sie deutlich. Die Forderung nach der Entnahme problematischer Wölfe sei auch keineswegs populistisch, sondern sachlich ansolut geboten.

Bauern konnten die Leute erreichen

Diese und andere Argumente, dazu die Bilder der Wolfsriss: zusammen machten sie die Demonstration und die Infostände der Bäuerinnen und Bauern im Garmischer Zentrum zum Besuchermagneten: „Wir konnten die Leute durchaus erreichen mit unseren Argumenten, ddas gilt auch für die Urlauber, die ja auch wegen unserer Kulturlandschaft da sind - und die wäre ohne die Almwirtschaft ganz schnell zerstört“.

Landrat Anton Speer sagte den Tierhaltern senie Unterstützung auch für die Zukunft zu, man werde nicht nachlassen, an den entsprechenden Stellen Druck zu machen, angesichts des Tierleides bei den Weidetieren und er Gefahren, die sich auch für die Menschen aus den steigenden Wolfsbeständen ergeben könnten, müssen klare Grenzen gesetzt werden, so der Landrat.