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Hofnachfolge

Zucht: Tiere haben eine große Bedeutung

Brixie 1
Helga Gebendorfer
am Montag, 29.06.2020 - 09:12

Viel Bewegung gibt‘s beim Familienbetrieb von Familie Fottner im Landkreis Dachau: Dorfwirtschaft, Partyservice und Rinderhaltung mit mehreren Hofstellen. Betriebsnachfolgerin Verena hat sich der Zucht verschrieben.

Fottner mit Tochter beim Füttern
Die Zucht wird im Hause Fottner in Thalmannsdorf schon immer großgeschrieben und Vater Georg beschickte auch schon Tierschauen, doch für Tochter Verena ist Zucht die große Leidenschaft. „Ich habe mich schon immer dafür interessiert und bereits sehr früh ein Wörtchen mitgeredet“, erzählt die 24-jährige. Mit ihr rückte die Zuchtarbeit auf dem Milchviehbetrieb stärker in den Fokus. So beschickte sie mit 16 Jahren die erste Tierschau, macht das bis heute regelmäßig und ist aktiv bei den Jungzüchtern innerhalb vom Zuchtverband Pfaffenhofen, dem der Betrieb seit mehr als 75 Jahren angehört. Bei den Tierschauen und dem Jungzüchtertreffen lernte sie vor acht Jahren auch ihren Partner und Vater ihrer zweieinhalbjährigen Tochter Sophia kennen. „Wir passen von den Interessen her hervorragend zusammen“, stellt sie fest und erzählt, dass Patrick Obermeier zusammen mit seinen Eltern einen erfolgreichen Fleckvieh-Zuchtbetrieb im niederbayerischen Arnhofen führt. Freilich gilt es für die jungen Leute bis jetzt die Entfernung von 70 km zu meistern. „Wir sehen uns während der Woche so oft wie möglich und auch jedes Wochenende“, informiert Verena Fottner.
Stall innen

Die Technikerin für Agrarwirtschaft bewirtschaftet zusammen mit ihren Eltern Georg und Regina Fottner sowie mit der Mithilfe von Schwester Manuela den landwirtschaftlichen Betrieb, der bereits seit 1789 besteht. Seit 1903 betreibt die Familie eine Dorfwirtschaft. Vor 21 Jahren übernahmen die Eltern den Betrieb und investierten kräftig in die Gastronomie als zweites Standbein. Bereits 1991 wurde der Milchviehstall für rund 50 Kühe gebaut. Heute stehen 60 Kühe im Stall. Der komplette Ackerbau sowie Grünland wird für die Rinderhaltung genutzt.

Vor drei Jahren startete die Aussiedlung des Hofes mit der Güllegrube, ein Jahr später folgten Fahrsilos und 2019 zogen die Zuchtbullen und das Jungvieh in den neuen Stall. Die Aufstallungen sind nach Maß erstellt und eingebaut worden. Auf der Hofstelle im Dorf sind die Kühe untergebracht, werden die Kälber aufgezogen. Vor zwei Jahren haben Vater Georg und Tochter Verena in der Landwirtschaft eine GbR gegründet. Das Gasthaus und den 2003 gestarteten Partyservice betreiben die Eltern. 2005 wurde umgebaut, sodass aktuell im Saal 120 und in der Gaststube 25 Sitzplätze zur Verfügung stehen.

Zucht macht Spaß

Die Zuchtarbeit macht der 24-jährigen viel Spaß. „Ich lege dabei Wert auf robuste, leistungsstarke Kühe und auf alte Linien“, verrät sie. Dabei werden alle weiblichen Nachkommen genomisch getestet, dann entsprechend angepaart und so die Weiterzucht bestimmt. Die männliche Seite wird ebenfalls typisiert und anschließend im eigenen Betrieb nach Zucht- bzw. Masttieren selektiert.

Seit acht Jahren zieht Familie Fottner Zuchtstiere auf – rund zehn pro Jahr. Im Moment stehen bis zu 35 Zucht- und Maststiere im Stall. Die Vermarktung erfolgt über den Zuchtviehmarkt in der Donauhalle in Ingolstadt-Zuchering. „Mein Ziel ist die regelmäßige Beschickung mit Jungkühen und Zuchtstieren“, gibt Verena Fottner Auskunft. Ihre Zuchtarbeit kann sich sehen lassen. „Ich bin stolz darauf, jetzt leistungsfähigere Kühe mit höherem Lebensalter im Bestand zu haben“, teilt sie mit und fügt hinzu, dass sich ihre Familie zudem bei der Milchleistungsprüfung seit Bestehen dieser Dienstleistung beteiligt.

Seit sechs Jahren besamt sie den Bestand selbst. „Das Eigenbestandbesamen war mir sehr wichtig, um die Kühe zum optimalen Zeitpunkt der Brunst zu besamen. Dies spiegelt sich auch in der Zwischenkalbezeit wieder“, fügt sie hinzu.

Auf alte Linien gesetzt

Um einen großen Genpool zu haben, baut sie bei ihrem Engagement auf mehrere, alte Linien. Grundlage ist die R-Linie, die seit 60 Jahren Bestandteil zum Betrieb gehört und aktuell die am meisten vertretene Linie darstellt. Zu ihr gehören die ältesten sowie auch einige der leistungsstärksten Kühe im Stall. „Zum Beispiel trägt die Kuh Reli das zehnte Kalb bei top Exterieur. Von ihr stehen auch aktuell zwei Töchter in der vierten und fünften Laktation mit über 11 000 l Jahresleistung in der Milch“, informiert die Jungzüchterin und erklärt, dass bei dieser Linie immer Verlass auf die Nachzucht ist.

Schon seit 80 Jahren steht die T-Linie in der Herde. Hier verbindet Verena Fottner im Moment gewisse Hoffnungen auf den Erfolg der beiden Zuchtstieren „Wahnsinn“ und „Miro“, die die Besamungsstation Neustadt/Aisch vor drei Jahren gekauft und im Einsatz hat.

B-Linie ist Schaulinie

Fehlt noch die B-Linie. „Sie ist die Schau-Linie, auf die man aufbauen kann“, informiert die Züchterin. Die allererste Vertreterin davon ist Kuh „Biene“, die 2012 bei der Jungzüchter-Tierschau in Wertingen in der zweiten Laktation den Gruppen- und Klassensieg davontrug. Mit ihren zehn Jahren steht sie immer noch im Bestand. „Ich gebe sie auch nicht her. Sie kann nicht nur durch ihre Schönheit, sondern auch durch ihre ruhige und entspannte Art überzeugen und ist somit mein und auch meiner Tochter Sophias absoluter Liebling im Stall“, bemerkt sie. Auch auf ihre Linie basiert die weitere Zucht. Dabei spielt die „Rau“-Tochter „Brixie“, die ebenfalls schon auf zwei Tierschauen vertreten war, in der dritten Laktation eine große Rolle. Derzeit gibt es von ihr drei hoffnungsvolle, gut typisierte weibliche Nachkommen. „Freilich ist mit der Schau-Linie noch nicht garantiert, dass am Ende ein Jungbulle für die Besamungsstation rauskommt“, gibt die 24-jährige zudem zu bedenken.

Gene bleiben erhalten und werden weitergezüchtet

Insgesamt dienen der jungen Frau diese drei Linien als Grundstock. Mit Embryotransfer werden deren Gene erhalten und weitergezüchtet. Das züchterische Vorgehen macht Verena Fottner jedenfalls viel Spaß und spiegelt sich auch im wirtschaftlichen Erfolg wieder. „Für mich ist Zuchtarbeit für die Betriebsentwicklung enorm wichtig“, stellt sie fest.

Die aktuelle Herdenleistung liegt im Durchschnitt bei 9793 kg Milch, 4,08 % Fett und 3,52 % Eiweiß. „Für mich gibt es keine andere Rasse als Fleckvieh. Sie vereint Leistung und Charakter, aber auch Fleisch und schönes Aussehen“, urteilt sie. Die 24-jährige freut sich über ihre bisherigen Erfolge. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, dass ich bisher züchterisch so aktiv war. Das soll auch in Zukunft so bleiben“, meint sie.

Ihr Ziel: weiterhin Leistung, Robustheit und Exterieur in der Herde sowie die typisierten Zahlen der weiblichen Nachzucht verbessern. „Denn Luft nach oben gibt es immer“, sagt sie schmunzelnd. Das i-Tüpferl wäre, wenn dabei ein männliches Tier an der Besamungsstation aus unserem Stall zur Spitze gehören würde“. Alles in allem wünscht sich die Jungzüchterin, weiterhin in der Landwirtschaft zu bleiben und den Betrieb zu einem zukunftsfähigen Unternehmen weiter zu entwickeln. „Dabei sind für mich die Tiere von großer Bedeutung“, betont sie.
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