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Landfrauen

Wertschätzung und Würde zurück

2-Spende- LaFraTag-MB-2020
Martina Fischer
am Freitag, 03.04.2020 - 09:25

Erfolgreiche Regionen waren das Thema des Miesbacher Landfrauentages. Dazu müssen laut BBV-Kreisbäuerin Marlene Hupfauer alle mitmachen.

1 - LaFraTag-MB-2020- Ehrung-Referentinnen

Warngau/Lks. Miesbach - Gesundheit ist ein Thema, das momentan besonders bewegt. Beim Miesbacher Landfrauentag war dies allerdings nicht nur wegen des Coronavirus so. Auch das Hauptreferat beschäftigte sich mit dem Sachverhalt – im Bezug auf Menschen ebenso wie auf Tiere und den Zusammenhang beider. Das Thema: „Landwirtschaft zwischen Glück und Erschöpfung“. Im Rahmen gesellschaftlicher Aspekte wurde ein Appell an die Verbraucher gerichtet, die Leistungen der Landwirtschaft positiver wahrzunehmen.

An die Gründung des Bayerischen Bauernverbandes vor 75 Jahren erinnerte Kreisbäuerin Marlene Hupfauer. Die Versorgung der Bevölkerung stand damals im Mittelpunkt. „Noch nie hatten Bauern so viel Wertschätzung erfahren wie in dieser Epoche“, meinte die Kreisbäuerin. Damals habe niemand von Tierwohl oder Düngeverordnung geredet.

Polemische Darstellung der Landwirtschaft

Dass der Wert bäuerlicher Betriebe auch in Zeiten, in denen die Landwirtschaft häufig polemisch dargestellt werde, weiter bestehe, betonte Miesbachs vormalige Bürgermeisterin Ingrid Pongratz. Die Betriebe würden sich sieben Tage die Woche bestens um ihre Tiere kümmern. „Ihr tut so viel für unser Oberland. Bleibt wie Ihr seid“, rief auch Otterfings scheidender Bürgermeister Jakob Eglseder den Landfrauen zu. Auch die Bayerische Bierkönigin Veronika Ettstaller lobte die Bäuerinnen: „Bei einem Hof steht immer eine starke Frau dahinter.“

Diese Stärke zu erhalten, bedürfe der Achtsamkeit, erklärten die beiden Referentinnen im Festvortrag. Angela Lamminger, Dozentin für Nutztiergesundheit, und Barbara Stelzer, Dozentin und Heilpraktikerin, stellen in ihrer Tätigkeit auf den Höfen seit langer Zeit fest, dass sich Erschöpfung in der Landwirtschaft breit macht. Dabei gebe es einen Zusammenhang zwischen der Gesundheit der Tiere und der von den Menschen. Zwar nage die fehlende Anerkennung seitens der Öffentlichkeit, das sei aber nur eine Seite der Medaille. Man müsse immer bei sich selbst anfangen, so das Credo der Referentinnen und deren Erfahrung: „Ihr unterschätzt Euch selbst!“ Die Landfrauen seien die tragende Säule in der Familie, geerdet, mit viel Hausverstand und erfüllten die vielfältigsten Aufgaben.
Sie sollten auf Krafträuber und -spender achten, erklärte Stelzer. Erstere seien überbordende Bürokratie und auch Finanzsorgen, Arbeitsüberlastung und Generationenkonflikte. Energiespender hingegen seien die Selbstachtung und positiv geführte Kommunikation. Dabei verwies Stelzer auch auf einen anderen Blick nach außen: „Ihr kriegt viel mehr Unterstützung aus der Bevölkerung als Ihr glaubt.“

Gute Stimmung des Bauern ist gut fürs Vieh

Die Stimmung in der Bauernfamilie sei für die Tiergesundheit wichtig, zeigte Lamminger auf. Oder direkt formuliert: „Wia da Herr, so‘s Gscher.“ Das sei nicht esoterisch und jeder hätte es auf dem eigenen Hof schon erlebt. Stress in der Familie würde sich auch auf die Tiere übertragen und deren Wohl negativ beeinflussen, so die Erfahrung der Referentin. Dabei riet sie zu einem achtsamen Umgang, zu einem Mehr an Kommunikation mit den Tieren, auch einmal zu einem Dankeschön an sie. „Es ist wichtig, die Kühe mit einzubinden. Das sind Eure Mitarbeiterinnen im Stall.“ Die Stimmung, die man aussende, komme zurück – im Stall ebenso wie im Alltag. Dementsprechend seien Streiks zwar gut, um ein Zeichen zu setzen. Für Veränderungen müsse man jedoch bei sich selbst anfangen, an kleinen Stellschrauben drehen. Bei der Bewältigung der Aufgaben würden wiederum die Tiere mit ihrer Energie helfen. „Ihr habt so viel Kraft und wenn sie Euch ausgeht, denkt daran, dass Ihr die Kraftspender im Stall stehen habt“, betonte Lamminger. Da sei etwas dran, war auch Hupfauers eigene Erfahrung.

Positive Energie strahlte sie beim Jahresthema „Region“ aus und wählte als Bezugspunkt den Zusammenschluss Alpenregion TegernseeSchliersee. Natürlich sei nicht alles golden, etwa der teils ausufernde Naturtourismus, bei dem Wiesen und Wälder offenbar nicht als Privatbesitz, sondern von einigen als Freizeitgelände wahrgenommen würden.
Dafür habe sich die Öko-Modellregion als Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern sehr gut entwickelt. Erfolgreiche Projekte seien angestoßen worden, etwa das Miesbacher Weidefleisch oder ein regionaler Einkaufsführer. Zudem würde eine bessere Vermarktung der Produkte in der Gastronomie angestrebt. „Genau mit dem Titel Öko-Modellregion können wir uns Wertschätzung und Würde wieder zurückholen“, ist sich Hupfauer sicher. Aber auch andere Komponenten seien für eine erfolgreiche Region wichtig: die Vereine, die Nutzung regionaler Geschäfte, die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen durch die Politik. Zum Mitmachen seien hier alle aufgerufen. „Die Region ist wie ein großes Uhrenwerk mit vielen Menschen, die unterschiedlichste Dinge gestalten“, verwies die Kreisbäuerin auf die Vernetzung.

Herausforderungen annehmen

Mitgestalten will auch eine junge Frau aus Großhartpenning: Anna-Elisabeth Obermüller. Sie hat jüngst ihre Ausbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin abgeschlossen und wurde dafür beim Landfrauentag geehrt.

Einen weiteren Grund zur Freude gab es bei einer Spende für den bäuerlichen Hilfsdienst. Die Wieser Landfrauen waren bei der Wieser Rauhnacht Anfang Januar mit Kaffee- und Kuchenverkauf sehr erfolgreich. 500 € aus dem Erlös übergab Ortsbäuerin Christine Mair beim Landfrauentag.
Musikalisch umrahmte der Bäuerinnenchor die Veranstaltung, die mit einem Gottesdienst in der Warngauer Kirche begann. Der Saal des Gasthofes „Zur Post“ war wieder mit Frühlingsblumenarrangements und Gestecken festlich geschmückt. Dafür zeichneten heuer die Ortsverbände Warngau-Wies-Wall und Waakirchen-Schaftlach verantwortlich. Die hübschen Blumengrüße gab es zum Kauf. Der Erlös kam den Dorfhelferinnen zu Gute.
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