Anger/Piding/Lks. Berchtesgadener Land Wirtschaftsformen im Alpenraum auch Laien zu erklären und den Beruf des Landwirtes näherzubringen, das war Ziel einer Wanderung des Bayerischen Bauernverbandes im Kreisverband Berchtesgadener Land – der ersten und lang ersehnten Exkursion nach dem Lockdown.
Bunter hätte die Wandergruppe kaum ausfallen können. Mit dabei waren nicht nur eine Oma mit Enkelin, sondern unter anderem auch die Bürgermeister von Anger und Piding, Markus Winkler und Hannes Holzner. Mit Start in Jechling ging es für die 25 Teilnehmer zum Milchviehbetrieb der Familie Schöndorfer in Piding. Alois Lohwieser, Ortsobmann aus Rückstetten, übernahm die fachliche Leitung. Als ehemaliger Pflanzenbauberater des AELF Traunstein erklärte er den Wanderern verschiedene Anbauformen und wie breit das Tätigkeitsfeld der Landwirtschaft ist.
Grünland ist nicht gleich Grünland
Der erste Abschnitt der Wanderung führte durch Grünland. Großes Thema hier: Wann ist der richtige Schnittzeitpunkt fürs Gras, damit der Rohfasergehalt nicht zu hoch und ein optimaler Ertrag für die Milchproduktion erzielt wird? In der Region sind die bäuerlichen Betriebe überwiegend auf Milchwirtschaft ausgerichtet. „Ziel ist eine Verteilung von 70 Prozent Gräsern, 15 Prozent Kräutern und 15 Prozent Kleearten“, erklärte Lohwieser. „Grünland ist jedoch nicht gleich Grünland“, führte er aus und differenzierte dann verschiedene Grasarten.

Der nächste Stopp galt einem Maisfeld. „Der Mais hat zu Unrecht einen schlechten Ruf“, baute Lohwieser ein Vorurteil anhand eines Exempels ab: „Ein Hektar Mais bindet rund 32 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, ein Hektar Wald hingegen nur elf Tonnen.“ In der Regel werde Mais auch nur ein Mal gegen Unkraut gespritzt.
Leider aber ist der Maiswurzelbohrer, einer der bedeutsamsten Schädlinge im Maisanbau, aus Richtung Salzburg nun auch im Berchtesgadener Land und im Nachbarlandkreis Traunstein auf dem Vormarsch. Eingeschleppt in den 1990er Jahren aus den USA, „schreitet der Käfer pro Jahr rund 30 Kilometer von Ost nach West voran“, erklärt Lohwieser. „Die einzige Chance, ihn loszuwerden, ist die richtige Produktionstechnik.“ Der Fachmann erklärte die praktische Umsetzung: Die Schädlinge überwintern in Eiform, wenn die Larve aus dem Ei schlüpft. Sind keine Maiswurzeln da, stirbt sie. Daher solle Mais nur ein Mal oder höchstens zwei Jahre am selben Standort angebaut werden.
Triticale für den Laien erklärt
Im Stoißer Achental überwiegt der Grünlandanteil, doch machte die Gruppe auch Station an einem Triticale-Feld.

Die Triticale, eine Kreuzung aus Weizen als weiblichem und Roggen als männlichem Partner, zeichnet sich durch hohen Eiweißgehalt bei relativ geringen Ansprüche an Standort und Nährstoffversorgung aus, wie Lohwieser erklärte.
Entlang von Feldern und Äckern näherte sich die Exkursionsgruppe dann dem Hof der Familie Schöndorfer. Drei Generationen erwarteten sie dort zur Hofführung. Betriebsleiter Philipp Schöndorfer berichtete von der Arbeit auf dem 2013 gebauten Anwesen, das er 2018 mit seiner Ehefrau von den Schwiegereltern übernommen hat und seitdem mit der ganzen Familie bewirtschaftet. Von den insgesamt 60 ha sind 48 ha Dauergrünlandfläche und 12 ha Ackerland. 30 ha Grünland werden intensiv mit bis zu fünf Schnitten pro Jahr, 18 ha extensiv bewirtschaftet.
Viele Fragen zur Milchwirtschaft
Im Stall stehen 80 Milchkühe mit einem durchschnittlichen Leistungsniveau von 9000 kg. Eineinhalb Stunden führte Schöndorfer die Gäste hindurch und beantwortete die Fragen.
Weitere Wanderungen sind geplant. Noch im Juli lädt der BBV zur Almwanderung ein, später zur Exkursion in die regionale Waldwirtschaft.