Schottische Hochlandrinder grasen auf 3300 m² unter 38 Obstbäumen: Es ist ein kleines Paradies, das Biolandwirt Xaver Ernst – Hausname Neiselbauer – von seinen zotteligen Vierbeinern beweiden lässt. Den Pressetermin zum Start des Eichstätter Projektes „Bienenweide Streuobstwiese – ein vielfältiger Lebensraum blüht auf“ begleiten sie mit Neugierde und gelegentlichem Muhen.
Das Projekt ist Teil der bayernweiten Initiative „Natürlich Bayern“ des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL). Insektenreiche Lebensräume zu schaffen, zu verbessern und zu vermehren, ist das Ziel. In Bayern gibt es 30 Projekte unterschiedlicher Art, mit denen das erreicht werden soll. Während für die meisten Projekte lediglich Blühflächen angelegt werden, nehmen sich die Eichstätter die im Landkreis zahlreich vorhandenen Streuobstwiesen vor und haben damit eine Art Alleinstellungsmerkmal.
Heimat von 5000 Tier- und Pflanzenarten
Betreut wird das Eichstätter Projekt vom örtlichen Landschaftspflegeverband unter Federführung des Agrarwissenschaftlers Peter Riegg, Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege. Wie viele Streuobstwiesen, die mit mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas gehören, es hier tatsächlich gibt, muss noch erfasst werden.

Von Kreisfachberaterin Anne Fröhlich gibt es eine grobe Schätzung: „Wir haben 80 Gartenbauvereine im Landkreis und ich gehe davon aus, dass alle irgendwann einmal Streuobstwiesen angelegt haben.“ Hinzu kämen private Anlagen, so dass Fröhlich von mindestens 100 Streuobstwiesen ausgeht.
Sie alle sollen zunächst kartiert, der Zustand erfasst, Fördermaßnahmen geprüft und nötige Pflegemaßnahmen empfohlen werden. Peter Riegg betont, dass es nicht primär um eine Biotopkartierung gehe, „sondern darum, eine Grundlage für die zukünftige optimale Pflege zu erarbeiteten“.
Der ganze Landkreis ist ein großer Obstgarten
Im zweiten Schritt wird er in Kooperation mit der Kreisfachberaterin Bauhöfe, Gartenbauvereine, Landschaftspfleger und – sofern gewünscht – auch private Streuobstwiesenbesitzer zur Pflege der Streuobstbestände beraten und schulen. In der dritten Phase stehen die eigentliche Obstbaumpflege, die Anlage von Kleinbiotopen und die Pflege der Fläche, also Mahd, Entbuschung sowie Einsaat von Blühmischungen an.
„Wir wollen den Gartenbauvereinen nicht die Arbeit wegnehmen, sondern sie einbinden und vernetzen“, betont Riegg. Für November ist geplant, 300 Obstbäume neu zu pflanzen. Der ganze Landkreis soll zu einem großen Obstgarten werden. Das wünscht sich Christina Geith, die Geschäftsführerin des Eichstätter Landschaftspflegeverbandes. Auch wenn sie erst noch erfasst werden müssen, so ist bereits bekannt, dass es unterschiedlich alte Bestände im Landkreis gibt.
Non plus Ultra: beweidete Streuobstwiesen

Angelegt wurde die Streuobstwiese mit circa 40 Apfel-, Birn-, Kirsch- und Zwetschgenbäumen von der Gemeinde. Gepflegt werden die Bäume vom örtlichen Gartenbauverein, vertreten durch Xaver Dieling. Ihm ist besonders der Erhalt alter Obstsorten wichtig ist, weshalb er mit dem Veredeln alter Sorten experimentiert. Wichtig für die Obstqualität und ein hohes Alter der Bäume sei das Freihalten der Baumscheiben und der Obstschnitt im Winter, sagt er.
Weniger um den Obstertrag als um das Biotop geht es den Vertretern vom Bund Naturschutz. „Um genügend Obst zu ernten, reichen schon ein paar Bäume“, meint Gerhard Halsner (Ortsgruppe Böhmfeld).
Viele Maßnahmen für die Artenvielfalt
Er betont, wie wichtig morsche, alte Bäume oder dürre Äste für die Artenvielfalt sind. Dem Artenreichtum dienen auch zusätzliche Strukturen wie bewuchslose Rohbodenstellen, die von bestimmten Insektenarten benötigt werden. Während das eher artenarme Grünland gemäht wird, dürfen Blühflächen aussamen. Teils kann auch Mähgut übertragen werden, um die Biodiversität zu fördern.
Dass das Projekt viele Nachahmer findet, wünscht sich Tanja Schorer-Dremel, Vorsitzende des Eichstätter Landschaftspflegeverbandes sowie CSU-Landtagsabgeordnete. Landrat Alexander Anetsberger hofft, dass das Projekt über die eigentliche Dauer von zwei Jahren hinaus besteht, um die wiedergewonnenen Lebensräume dauerhaft zu sichern.