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Arbeitsmarkt

Saisonkräfte: Neue Strategie gesucht

Draht 2
Helga Gebendorfer
am Mittwoch, 01.04.2020 - 12:53

Auch Stefan Eisenrieder sucht Aushilfen für seinen Hopfengarten. Derzeit behilft er sich mit vier von sieben Saisonarbeitern und Freunden der Familie.

Normalerweise helfen uns beim Draht aufhängen und einstecken sieben polnische Saisonarbeitskräfte. Doch statt sieben sind nur vier gekommen und dabei hatten wir noch Glück, bei vielen Hopfen kamen gar keine ausländischen Arbeiter an“, erklärt Stefan Eisenrieder. Der Hopfenpflanzer ist genau an der Landkreisgrenze zu Pfaffenhofen und damit sogar an der Regierungsbezirksgrenze beheimatet.
Wegen des milden Winters und den wenigen Tagen, an denen der Boden ausreichend gefroren war, konnte auch nur sehr wenig Aufleitdraht aufgehängt werden. Insgesamt konnte hier nur ein Viertel der gesamten Fläche fertig gestellt werden. Dank seiner drei Kinder im Alter von 16 bis 20 Jahren sowie deren Freunde und Studienkollegen konnten die ausstehenden Arbeiten inzwischen bewältigt werden. „Das Wetter passt jetzt auch und deshalb sind wir gut dabei“, meinte der Landwirtschaftsmeister.

Angst vor Ansteckung und Quarantäne

Die Saisonarbeitskräfte kamen nicht, weil sie in Deutschland Angst vor der Ansteckung mit dem Corona-Virus hatten bzw. bei der Heimkehr in ihr Heimatland 14 Tage in Quarantäne müssen. „Wir sind dankbar, dass wenigstens die vier polnischen Arbeitskräfte gekommen sind. Es sind sehr fleißige und gute Leute, die bei uns bereits seit 20 Jahren arbeiten und somit die jeweiligen Arbeiten und deren Abläufe kennen“, verrät er. Stefan Eisenrieder ist froh, dass er seine Helfer schon früh gebeten hat, die Reise aus der Region 60 km südlich von Krakau anzutreten. Sie konnten noch ohne Hindernis die Grenze überqueren. „Es ist nichts sicherer als die Arbeit draußen im Hopfengarten“, stellt der Hopfenbauer fest. Die Leute arbeiten an der frischen Luft und halten den geforderten Mindestabstand ein.

„Das erste Problem ist gelöst, doch das weitaus größere steht uns noch bevor“, informiert der Landwirtschaftsmeister weiter. Normalerweise arbeiten bei ihm beim anstehenden Hopfenanleiten in etwa drei bis vier Wochen 25 Saisonarbeitskräfte. Doch jetzt ist die Grenze zu und er steht ohne Helfer da. „Alles ist noch im Ungewissen. Es geht hin und her“, kommentiert er seine momentane Situation. Zurzeit ist er gerade dabei, einen Helferstamm aus Familienangehörigen, Freunden von den Kindern, Studenten und Nachbarn zusammenzusuchen. „Ich muss mich wappnen und eine andere Strategie fahren, wenn die Grenzen zu Polen geschlossen bleiben“, betont er und vermutet, dass das schwierig wird.

Arbeiten sind nicht aufschiebbar

Dieses Hopfenandrehen muss bei jedem Wetter – egal ob Hitze oder Regen – erledigt werden. Aus diesem Grund ist maximale Schlagkraft gefordert, denn die Arbeiten müssen in kürzester Zeit bewältigt werden. „Wir befürchten aus Erfahrung, dass dies ohne die Unterstützung der langjährig bewährten Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa und nur mit inländischen Helfern nicht gelingen wird, so sehr wir die inländische Unterstützung schätzen“, erklärt der Betriebsleiter. Er bekräftigt, dass selbstverständlich alle Vorkehrungen getroffen werden, die eine Infektion mit dem Corona-Virus oder dessen Ausbreitung verhindern. Hinzu kommt, dass die Saisonarbeitnehmer auch in ihrer Freizeit den Betrieb nicht verlassen dürfen, wodurch ein Kontakt mit Dritten praktisch ausgeschlossen ist.

„Alles in allem wird es dieses Jahr eine große Herausforderung für das Hopfenanleiten werden“, fasst Stefan Eisenrieder zusammen. So wird es eine komplett neue Truppe sein, die erst eingearbeitet werden muss. Es wird langsamer vorangehen und ich brauche mehr Leute, um in der gleichen Zeit die Arbeiten zu schaffen“, lauten seine Überlegungen. „Es ist einfach ein Notfall und wir müssen damit zurechtkommen“, bekräftigt der Landwirtschaftsmeister, der hofft, dass die anstehende Aufgabe gemeinsam zu schaffen ist.
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