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Vermarktung

Regionalität in die Großküchen

Großküche
Sandra Kalb Portrait 2019
Sandra Kalb
am Dienstag, 12.11.2019 - 09:45

Erzeuger und Großverbraucher loten Absatzmöglichkeiten aus.

München - Drei bio-regionale Erzeuger nutzten kürzlich die Gelegenheit, sich und ihre Konzepte für mehr Regionalität bei Küchenleitern und Verpflegungsverantwortlichen aus Betriebsgastronomien vorzustellen. Eingefädelt wurde die Zusammenkunft von den beiden oberbayerischen Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung, die an den AELFs in Ebersberg und Fürstenfeldbruck angesiedelt sind. Den Anfang machte Hausherr Jürgen Lochbihler.

Er gehört zu den Münchner Innenstadtwirten und ist Besitzer des Gasthauses „Der Pschorr“ am Vikualienmarkt. Der Gastronom mit landwirtschaftlichen Wurzeln und Kenntnissen in der Metzgerei stellte das Gütesiegel BayernOX vor, bei dem der Großhandel übersprungen werde und Landwirte und Gastronomen direkt kommunizieren. „Wichtig ist, dass der Landwirt was davon hat – und am allerwichtigsten ist das Tierwohl“, sagte Lochbihler. So bekämen die Landwirte 50 Cent Aufschlag pro Kilo Schlachtgewicht, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen: Dazu zählen GQ-Zertifizierung, Laufstallhaltung- oder Anbindehaltung mit Weidegang sowie das Einhalten kurzer Transportwege.

Zweitnutzungshühner und Weideschwein

Florian Reiter vom Chiemgauhof Locking setzt auf Zweinutzungshühner der alten Landrasse „Les Bleues“ und Weideschweine, abstammend vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein. Er distanzierte sich davon, die Leistung der Tiere „ins Unermessliche zu fördern“, stattdessen „bekommen alle Tiere die Zeit zum Wachsen, die sie wirklich brauchen“.

Nicht fehlen durfte nach Rind, Gockel und Schwein die Pute: Barbara Wallner stellte den Bioputenbetrieb vor, den sie mit ihrer Familie seit 1995 biologisch bewirtschaftet. Pro Woche setzen die Wallners aus Hebertshausen im Landkreis Dachau 800 kg Fleisch ab.

Die Verpflegungsverantwortlichen, etwa für Automobilhersteller, Caterer von Kindergärten oder Versicherungsgesellschaften sprachen über die Zwänge, denen sie begegnen – darunter die Preisbindung. Ein Tipp einer Teilnehmerin, die in ihrer Betriebsgastronomie bereits viel bio-regionales anbietet, war es, peu à peu zu beginnen und die Einführung dieser Produkte persönlich zu begleiten. „Es war sehr viel persönliche Ansprache der Essensteilnehmer nötig“, beschreibt sie, „und es interessierte nicht alle unserer Gäste, aber viele schon“.

Angelika Reiter-Nüssle, Ministerialrätin im bayerischen Ernährungsministerium, gab zu dass sie selbst vor den selben Problemen und Chancen stehe – um die Vorgabe des Volksbegehrens Artenvielfalt nach bio-regionaler Belieferung aller staatlichen Kantinen zu erfüllen. „Die Zeit spielt uns in die Hände“, spielte sie optimistisch auf den derzeitigen Nachhaltigkeitstrend an. „Nur der Wille zählt“, davon ist Lochbihler überzeugt. Und man müsse die „Fleischmassen runterfahren“.