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Tradition

Pferde schwitzen: Kutscher droht Anzeige am Adventsmarkt

Kutschenfahrten-Haflinger: In einer Kutsche sind zwei Haflinger eingespannt. Sie wird von einer Frau und einem Mann gelenkt.
Barbara Höfler, BLW
am Donnerstag, 24.11.2022 - 12:20

Sepp Märkl ist seit vierzig Jahren Kutscher. Am Wochenende drohten ihm Adventsmarktbesucher mit einer Anziege wegen Tierquälerei.

Höhenrain/Lks. Starnberg Seit vielen Jahren spannt Sepp Märkl, ehemaliger Milchbauer vom Wunderl-Hof in Höhenrain, seine beiden Haflinger an. Sehr zur Freude aller Kinder, die bei ihm auf der Kutsche mitfahren dürfen, so wie seit Jahrzehnten beim Daxenmarkt der Montessori-Schule Biberkor. Dieses Jahr aber drohten die Besucher ihm dort mit einer Anzeige wegen Tierquälerei. Der Grund: Die beiden Pferde schwitzen.

Pferde schwitzen, Kutscher droht Anzeige

Für Sepp Märkl ist dieses Erlebnis ein Stich ins Herz. Der bald 70-Jährige fährt seit über vierzig Jahren Kutsche, war zwei Mal oberbayerischer C-Cup-Sieger und viele Jahre Kutschausbilder. Seine beiden Haflinger – 26 und 22 Jahre alt, Vater und Sohn, letzterer bei Märkl im Stall geboren – ist auch erst sein zweites Gespann in vier Jahrzehnten. „Da kann man wirklich nicht sagen, bei uns werden die Tiere nicht alt“, meint er.

Warum die beiden erfahrenen Kutschtiere schwitzten, weiß Märkl ganz genau: Am Wochenende war es nicht sehr kalt, doch die Pferde stehen schon im Winterfell – das mit dem Alter immer dichter wird. „Da würd‘s uns auch warm werden“, sagt Märkl.

Vorfall am Adventsmarkt sorgte für traurige Kinder

Für Notfälle hat er immer Decken dabei und fährt nie länger als zwei Stunden. Kein Problem für Haflinger, die zum Arbeiten gezüchtet wurden. An besagtem Samstag war Märkl gerade einmal eine Stunde unterwegs. „Sie sollten nur kurz rasten, bis es weitergeht. Sie sind ganz ruhig dagestanden, alles ganz normal“, sagt er. Bis die Eltern ihn und seine Enkel Romy (15), die gerade erst den Kutschschein erfolgreich bestanden hat und mit auf dem Kutschbock saß, schimpfend angingen. Als sie auch noch anfingen „Beweis“-Fotos mit dem Handy zu machen, brachen die beiden ab und fuhren nach Haus. Zurück blieben traurige Kinder.

Peta fordert Kutschenfahrverbot

Gerade im Pferdesport häufen sich derzeit Fälle, in denen vermeintliche Tierschützer ohne tiefere Fachkenntnisse schwere Anschuldigungen gegen die Halter erheben. Angefacht werden deren Ängste von Tierrechtsorganisation wie Peta: Nach zwei Unfällen von Pferden auf den Leonhardi-Ritten in Grafenau (Landkreis Freyung-Grafenau) und Inchenhofen (Landkreis Aichach-Friedberg) forderte letztere ein generelles Kutschfahrtverbot – mit dem Slogan „Pferde gehören auf Wiesen, nicht vor Kutschen“.

Eine fachlich falsche Forderung, denn werden Pferde nicht bewegt, werden sie krank. Das erlebte Sepp Märkl, als er eines Tages krank wurde. Seine Pferde standen damals, 2007, längere Zeit nur auf der Wiese und im Stall. „Die Jungen haben Hufrehe bekommen“, sagt er. Es habe lange Zeit gedauert, die zu kurieren. Dafür scheute Märkl keine Tierarztkosten und nicht den Einsatz von in der Apotheke bestellten Blutegeln. „Ekelhaft“, sagt er.

Aufklärung für besorgte Eltern durch Schule geplant

Dass Märkls Leumund als Pferdehalter einwandfrei ist, hat erst im Sommer nach einer Routinekontrolle das Veterinäramt Starnberg bestätigt. Bis Mittwoch lag weder dort noch der Polizei in Starnberg die angedrohte Anzeige wegen Tierquälerei vor. In Schutz nimmt Märkl auch die Leitung der Montessori-Schule Biberkor. Seit es die Schule gebe, seit rund 20 Jahren, habe man zum Daxenmarkt Kutschfahrten im Programm, sagte Schulleiterin Brigitte Wächter auf Wochenblatt-Nachfrage. „Wir haben immer gerne mit Herrn Märkl zusammengearbeitet und werden das auch in Zukunft tun.“ Mit den Eltern, die Bedenken hinsichtlich der Tiergesundheit hegten, wolle die Schule jetzt das Gespräch suchen. „Wir teilen sie nicht.“, so Wächter.

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