Eibach/Lks. Erding Zur Amtszeit von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) habe Deutschland es versäumt, der EU wissenschaftliche Unterlagen zu den landwirtschaftlichen Grundwasserschutz-Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Anschließend hätten die Grünen mit politischen Ränkespielen im Bundesrat „den Karren vollends an die Wand gefahren“ – mit diesem harschen Urteil leitete Thomas Pfeiffer, Vorstandsmitglied der IG Höchstadt-Bamberg, den „Düngegipfel 2022“ im Gasthaus Mayer in Eibach ein. Eingeladen hatte zu der Veranstaltung die CSU-Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Oberbayern (ELF) in Kooperation mit landwirtschaftlichen Verbänden und Organisationen.
Gravierend für Anbau und Düngeplanung 2023
Den rund hundert Teilnehmern, überwiegend aus den Landkreisen Erding, Mühldorf und Altötting, wollte Michael Hamburger, ELF-Bezirksvorsitzender, Lösungsansätze für die Roten Gebiete liefern, zu denen kurzfristig viele Flächen neu gezählt wurden. Rot sehen die betroffenen Landwirte nun, weil die neue Kulisse ihrer Meinung nach fehlerhaft ausgewiesen wurde, auch wenn die ELF bereits Ende Oktober auf Fehler in der Gebietsausweisung schriftlich hingewiesen hatte. Laut dem scheidenden Altöttinger BBV-Kreisobmann Anton Föggl wurden zum Beispiel die Betriebe im Landkreis Altötting erst Anfang November darüber informiert, obwohl die Einstufung gravierende Konsequenzen für ihre Anbau- und Düngeplanung ab 2023 hat.
Föggl und seine Kollegen ärgern sich massiv darüber, dass offenbar überstürzt nur jeweils zwei Messstellen pro Landkreis für die Einstufung herangezogen wurden, deren Eignung auch zweifelhaft sei. In einem Brief an Markus Söder fordern Landrat, Bürgermeister und Vertretern der Landwirtschaft aus Erding die Überprüfung der Messstellen und die Aussetzung der Gebietsausweisung bis zu deren Ergebnis. Mit einem ähnlichen, von bisher fünfzig Landwirten unterzeichneten Schreiben möchte der ELF-Kreisverband Mühldorf den Ministerpräsidenten aufrufen, ins „Team Grundwasserschutz“ zu kommen. Der Landtagskandidat Sascha Schnürer (CSU) hat es persönlich überreicht.
Mit mehr Messstellen raus aus Roten Gebieten?

Nachdem Thomas Pfeiffer detailliert über verschiedenste Messnetze geredet hatte, plädierte auch der Landwirt Franz Gottbrecht aus Oberbergkirchen dafür, mehr der vorhandenen amtlich kontrollierten Messstellen heranzuziehen und zusätzliche einzurichten. Nur so könne man Flächen wieder aus den Roten Gebieten bekommen. „Rote Gebiete korrelieren nicht mit der Tierhaltung und intensiver Landwirtschaft, aber sie korrelieren mit der Grundwasser-Neubildung“, so Gottbrecht. „Wo es eine hohe Grundwasser-Neubildung gibt, hat man kein Problem, aber da spielen die Zeit und der Klimawandel gegen uns.“
Eine neue Messstelle koste indessen rund 30.000 €, berichtete Gottbrecht. Die Standortsuche und die Ausschreibung brauchen Zeit. Bei den aus dem Publikum angesprochenen alten Brunnen sei die Dokumentation oft nicht ausreichend. Quellen dürfen zwar als Messstellen genutzt werden, seien aber aufgrund schwankender Schüttung problematisch.
Eine Messstellen für 5000 Hektar
Die mit der EU abgestimmte neue Bundesvorschrift zur Gebietsausweisung (AVV GeA) schreibe eine Messstelle pro 5000 ha vor. „Dafür gibt es bei uns zu wenige“, merkte Michael Hamburger an. Das sah auch Dünge-Fachberaterin Sophia Heinze vom Fachverband Biogas so. Sie stellte aber klar, dass ein dichteres Netz höchstens die Einstufung von Teilbereichen beeinflussen würde. Die Roten Gebiete würden dadurch nicht kleiner.
Heinze schilderte die sieben Auflagen, die Betroffene in den Roten Gebieten ab 2023 zu beachten haben, und die beiden zusätzlichen, die Bayern wie jedes Bundesland festlegen muss. Viele betroffene Landwirte müssten wegen der eingeschränkten Ausbringzeiten die Gülle nun länger lagern und ihre Kapazitäten dafür vergrößern. Sie sollten unbedingt prüfen, ob ihre Genehmigungen auch Gärprodukte umfassen. Es sei wichtig, schriftliche Verträge auch für die Anpachtung zusätzlicher Ausbringflächen vorweisen zu können.
Appell an die Bauern: Einheit zeigen
Michael Federl, Nährstoffmanagement-Berater des MR Ilmtal, ging auf Stoffstrombilanzen und Düngeplanung ein. Zu Stoffstrombilanz seien bislang nur wenige Landwirte verpflichtet. Generell aber sei es ratsam, durch Berechnung ein Gefühl für den tatsächlichen Nährstoffbedarf zu gewinnen. „Futtermittel sind bei allen Tieren ein stark unterschätzter Faktor“, erklärte er. Eine höhere tägliche Zunahme bei Schweinen etwa beeinflusse den Nährstoffgehalt der Gülle. Und: „Die Fütterung mit Kraftfutter anzupassen, täte auch dem Geldbeutel gut.“ Federl riet, bei Berechnungen die landkreisweiten Ertragsobergrenzen auszunutzen und bei der Gülleausbringung zu beachten, dass Grünland und Mais deren Nährstoffe am besten aufnehmen.
Die abschließenden juristischen Hinweise von Thomas Pfeiffer blieben abstrakt. Vor allem brauchen sie Zeit, die den Betroffenen nicht bleibt. Laut Pfeiffer prüft der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, ob die von der Bundesregierung eingebaute Schutzklausel rechtens ist, die versucht, den Landwirten das Recht auf gerichtliche Prüfung der korrekten Ausweisung zu nehmen. Mit Bürgermeisterin Antonia Hansmeier aus Heldenstein (Lks. Mühldorf a. I.) appellierte er an die Bauern, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. Aktuell laufen Abstimmungsgespräche zur Bildung einer Interessengemeinschaft.