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Abfallentsorgung

Müll-Chaos am Feld: Landwirte sauer auf Autofahrer

Ein Ärgernis für Landwirte: Immer wieder landet entlang der Autobahn Müll in den Feldern und Wiesen.
Kilian Pfeiffer
am Dienstag, 21.03.2023 - 17:22

An der A8 klagen Landwirte über massenweise Müll. Die Autobahn GmbH des Bundes plant nun einen großen Osterputz. Aber das birgt auch Gefahren.

Berchtesgadener Land Wenn die Landwirte Johann und Doris Baumgartner über ihre Wiesen gehen, können sie manchmal nur noch mit den Kopf schütteln. Die Flächen verlaufen entlang der Autobahn – und gleichen manchmal fast einer Mülldeponie. Entsprechend sauer sind die beiden Vollerwerbslandwirte.

Müll entsorgen auf der Autobahn? Davon könnte Josef Seebacher ein Lied singen. Er ist Sprecher der Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Südbayern, und kennt „das Erziehungsproblem“. Was Autofahrer auf der A8 zwischen Piding und München so aus dem Fenster werfen, ist nicht ohne. Oft landet es im Garten von Familie Baumgartner, deren Wiesen direkt an die A8 grenzen.

Landwirte ärgern sich über Müll am Straßenrand

„Haben Sie schon mal bei 120 Sachen eine Dose aus dem Fenster geworfen?“, fragt Josef Seebacher am Telefon. Wohl eher nicht. Auf Autobahnen wird Müll immer dann zum Problem, sobald langsam gefahren wird, sich ein Stau anbahnt oder gerastet wird. „Ich weiß nicht, was in Menschen vorgeht, die ihren Dreck aus dem Autofenster werfen“, sagt Seebacher und trifft damit einen Punkt, den die Landwirte Johann und Doris Baumgartner schon seit langem beschäftigt. Die Vollerwerbslandwirte betreiben ihre Landwirtschaft in Anger. Dort führt die A8 vorbei in Richtung München.

Eine der Wiesen der 20 Hektar großen Fläche, die sie betreiben, liegt direkt neben der Schnellfahrstrecke, die jeden Tag von Zehntausenden befahren wird. Was von der Autobahn schon alles rüber flog oder verweht wurde, geht eigentlich auf keine Kuhhaut, sagt Doris Baumgartner. Vor allem, wenn die Wiesen hoch sind, verschwindet der Unrat im Gras. „Wir haben dann kaum eine Chance, die Sachen händisch einzusammeln“, sagt sie. Ob Metalldosen, Glasflaschen, Hundetüten oder gelber Sack: Schon vieles landete im Feld, das an den heimischen Hof grenzt.

Autobahn-Müll kann in der Silage landen

Und vieles landete am Ende im Mähwerk. Von Erntemaschinen klein gehäckselt kann der Unrat schließlich verdichtet in der Silage landen. Die Kühe fressen am Ende Heu mit Plastik- oder Metallteilen. „Alles schon vorgekommen“, sagt Doris Baumgartner. Bei ihren Rindern mussten die Baumgartners dann mit Magneten arbeiten. Mit sogenannten Käfigmagneten ist es möglich, metallische Fremdkörper zu binden, die bei der Futteraufnahme in das Verdauungssystem geraten waren. „Bauchfellentzündungen gibt es immer wieder“, sagen die Landwirte. Ein verrutschter Fremdkörper könne schwere Verletzungen verursachen, die bis zum Tod des Tieres führen.

Kein Verständnis für illegale Müllentsorgung haben die Landwirte Doris und Johann Baumgartner.

Nicht nur landwirtschaftliche Flächen geraten zunehmend unter Druck. „Am Chiemsee wird so viel Müll in den See geworfen, dass wir kurz davor stehen, eine Wand zu errichten“, sagt Josef Seebacher. Der schöne Seeblick wäre dann zwar futsch. Für all die Umwelt-Rowdies, die hier kurz Rast machen und die Reste des Zwischensnacks entsorgen, hat der Bauingenieur aber auch kein Verständnis.

Bei Seebachers Arbeitgeber, der Autobahn GmbH des Bundes, kennt man die Umweltsünder. „In bestimmten Abständen zu Fast-Food-Restaurants wird gerne mal das Fenster geöffnet“, sagt Sprecher Seebacher. Einige Kilometer vor Anger, in Piding, befindet sich genau ein solches Burger-Restaurant. „Was wir schon Becher und Plastikdeckel in unserem Feld hatten...“, klagt Doris Baumgartner, ohne den Satz zu vollenden.

Wegen Müll auf Feldern: Warnschilder sind geplant

Seebacher sagt, dass geplant sei, zusätzliche Info- und Warnschilder entlang der Autobahn aufzustellen. Denn Müllentsorgung, wie etwa am Chiemsee, gilt nicht gerade als Kavaliersdelikt. Da drängt sich die Frage auf: Fehlen an der Autobahn ausreichend Mülleimer? Doris Baumgartner ist wegen der unzähligen Autos und Lkw, die hier fahren, überzeugt davon. Josef Seebacher sieht das anders und sagt: „An Park- und Raststätten gibt es bereits ausreichend.“

Zwei- bis dreimal pro Woche würden Fremdfirmen oder Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Siegsdorf unterwegs sein und dafür sorgen, den Abfall entlang der A8 abzuholen. Denn er weiß: „Wenn sich einmal zu viel Müll angesammelt hat, setzt der Herdentrieb der Menschen ein, am selben Ort noch mehr abzustellen.“ Verständnis für die Entsorgungsmentalität hat er nicht. „Das Unrechtsbewusstsein fehlt so manchen.“

In Josef Seebachers Zuständigkeitsgebiet fallen insgesamt 1400 Kilometer Autobahn, das macht – beidseitig – 2800 Kilometer Straßenrand. Dazu gehören die A3 von Passau in Richtung Regensburg, die A8 von Piding bis Ulm. Auch die A92, die A94 oder die komplette A7 werden von seinem Team betreut. „Das Müllproblem gibt es überall“ sagt Seebacher.

Müll an der Autobahn: Osterputz wird gestartet

Noch vor Ostern wollen die Verantwortlichen der Niederlassung Südbayern der vor fünf Jahren gegründeten Autobahn GmbH des Bundes deshalb den „großen Osterputz“ starten. In intensiver Arbeit soll der Straßenrand inspiziert und der dort entsorgte Müll eingesammelt und aufgesaugt werden. Der Osterputz findet jedes Jahr statt und bedeutet für die Mitarbeiter großen Einsatz auf hunderten Kilometern. „Eine gefährliche Arbeit“, weiß Josef Seebacher. „Zu Ostern wollen wir damit fertig sein.“

Er weiß: Der zu Unrecht entsorgte Unrat kann nicht nur für Rinder, sondern auch für Fahrer gefährlich werden. „Metallteile auf der Straße werden herumgeschleudert.“ Jedes Fremdobjekt auf und an der Autobahn sei eine potenzielle Gefahrenquelle. Vor einigen Jahren starb ein Mitarbeiter eines Reinigungstrupps an der A96: Ein Fahrzeug hatte ihn beim Mülleinsammeln erfasst.