Mettenheim/Lks. Mühldorf a. I. - Noch immer dürfen Züchter und Züchterinnen von Fleckvieh stolz auf eine hohe Milchleistung ihrer Tiere sein. Für die Wirtschaftlichkeit werden aber auch weitere Gesichtspunkte wie die Robustheit und die Hornlosigkeit wichtiger. Dieser Ansatz zog sich wie ein roter Faden durch die Mitgliederversammlungen des Zuchtverbandes für Fleckvieh in Oberbayern-Ost mit dem Milcherzeugerring Mühldorf, die in den Landkreisen Mühldorf, Erding, Altötting, Rosenheim und Ebersberg stattgefunden haben.
Laut Josef Zieglgänsberger, Zuchtleiter am AELF Töging, stieg die Milchleistung von Fleckvieh in Bayern zwischen 2000 und 2022 um 1970 kg auf 8278 kg pro Kuh und Jahr. „Die Milchleistung ist wichtig, aber nicht alles“, erklärte er. Zuchtfortschritte gab es auch bei der Fruchtbarkeit, der Eutergesundheit und weiteren von insgesamt rund fünfzíg Merkmalen. So stieg im gleichen Zeitraum etwa das durchschnittliche Schlachtkörpergewicht eines Jungbullen um 43 auf 424 kg.
Viele Gründe für Robustheit
Besonders griff der Zuchtleiter das Merkmal Robustheit heraus: „Wenn Kälber oder Jungbullen bei der Geburt und der Aufzucht weniger Tierarzt-Eingriffe, Tierarzneimittel und Antibiotika brauchen, steigert das die Wirtschaftlichkeit der Herde, aber auch das Tierwohl und die Akzeptanz der Rinderzucht in der Gesellschaft.“ Auf dem Weg dahin ist es wichtig, das Erbmaterial möglichst vieler Tiere typisieren zu lassen. Im Jahr 2022 seien im Zuchtverband 13 508 Zuchtrinder typisiert worden. Damit und durch Tierbeobachtungen habe man erreicht, dass bei Erstlings-Geburten weniger Tierarzt-Einsätze und weniger Totgeburten auftraten.
Auf große Fortschritte konnte Zieglgänsberger auch bei der Hornlosigkeit verweisen. Die sei zunächst ein Merkmal eher „leistungsschwacher“ Stiere gewesen, das man mit den Genen leistungsfähiger Stiere habe kombinieren müssen. 2022 sei fast jeder zweite Stier in der Besamung hornlos gewesen. Dennoch reiche die Angebotspalette hier noch nicht aus, vor allem bestehe die Gefahr der Inzucht, warnte Zieglgänsberger.
Hans Vorderwestner, am AELF Töging für Nutztierhaltung und Rinderzucht zuständig, betonte, wie wichtig es sei, beste Genetik in der Besamung einzusetzen, die Muttertiere zu typisieren, die Nachkommen zu selektieren und bei ihnen nur erwünschte Eigenschaften weiterzutragen. Bereits 71 % der Mitgliedsbetriebe nutzten die genomische Selektion.
Um gewünschte Eigenschaften schneller in die Population einzubringen, nehme der Zuchtverband bei sehr guten Muttertieren bereits rund 200 Embryotransfers pro Jahr vor. Über das Austragen dieser Embryonen in Leihmüttern könnten mehr vielversprechende Kälber erzeugt werden als über künstliche Besamung. Konstant griffen rund 50 Mitgliedsbetriebe bereits auf diese Methode zurück.
Im Schnitt fast 60 Kühe je Betrieb
Dem Vorsitzenden Dionys Kirschner zufolge werden die Mitgliedsbetriebe immer größer: Sie hielten im Durchschnitt heute 57,6 Kühe, also 15,1 mehr als vor 10 Jahren. Obwohl der Verband im letzten Jahr 38 Betriebe verloren hat, erzielte er mit 1244 Mitgliedern, die 71 687 Kühe hielten, 2022 einen Umsatz von 19,9 Mio. € mit 29 497 vermarkteten Rindern. Damit liegt der Zuchtverband Mühldorf in Bayern an der Spitze vor den Miesbachern. Der Umsatz entspricht nach einer Delle wegen des weggefallenen Exports wieder dem von 2018. Verantwortlich dafür waren gute Preise für qualitativ hochwertige Bullen und für Jungkühe, die wegen des hohen Milchpreises wieder sehr gefragt sind.
Bei allen Veranstaltungen wurden Betriebe geehrt, die in den vergangenen drei Jahren mindestens eine Kuh mit 100 000 Kilo Lebensleistung gehalten haben. Ein Teil der Geehrten schaffte das sogar mit mehreren Tieren.