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Kreisbauerntag

Landwirte sind Teil der Lösung

Walter Heidl und KReisbauernschaft
Axel Effner
am Dienstag, 19.07.2022 - 16:13

Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl verdeutlicht beim Kreisbauerntag des BBV Traunstein die Rolle der Landwirtschaft bei der Bewältigung aktueller Krisen.

Otting/Lks. Traunstein Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbands, ist überzeugt, dass die Bäuerinnen und Bauern im Freistaat künftig eine deutlich stärkere Rolle bei der Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme spielen werden. Beim Kreisbauerntag in Otting betonte er: Die Expertise der Land- und Forstwirtschaft sei bei den weltweiten Krisen in puncto Ernährungssicherheit, Artenvielfalt und Umweltschutz, aber auch bei der Energieversorgung und Unwetterkatastrophen gefragt. Jungen Landwirten und Landwirtinnen böten sich dabei auch Chancen und Möglichkeiten für neue Geschäftsfelder.

Rund 500 Zuhörer, darunter zahlreiche Ehrengäste aus der Landes- und Lokalpolitik sowie aus Wirtschaft, Ämtern und Verbänden waren ins Festzelt des Bezirksmusikfestes nach Otting gekommen. In seiner Rede sprach Heidl zahlreiche Problemfelder an, die zeigen, wie verstrickt die Landwirtschaft auch mit globalen Krisen ist – und wie sie zur Lösung beitragen kann.

Nahrungsmittel als Grundrecht?

Unter anderem machte der noch bis Herbst amtierende BBV-Präsident sich dafür stark, Klimaschutz und die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung im Grundgesetz zu verankern. Forschungen hätten gezeigt, dass der Arabische Frühling 2011 und die immensen Fluchtbewegungen auch durch eine weltweite Weizenknappheit ausgelöst worden war. Wenn Russland Weizen jetzt als Waffe einsetze, sei dies alarmierend.

Für notwendig hält Heidl es außerdem, die Haltungskennzeichnung um eine EU-weite Herkunftskennzeichnung zu ergänzen. Sonst komme es zum Paradox, dass in Deutschland immer mehr Schweinemäster aufgeben müssen, während man in Spanien Kapazitäten für mehr Billigangebote aufbaue.

Landwirtschaftsmeister Traunstein

In differenzierten Betrachtungen stellte Heidl die Notwendigkeit heraus, Landwirte als Experten für Nahrungsmittelerzeugung, Umwelt- und Bodenschutz, Waldbewirtschaftung und Energieerzeugung mehr in die gesellschaftliche Krisenbewältigung zu integrieren. „Wir sind Betroffene, Verursacher aber auch Teil der Lösung, weil die Land- und Forstwirtschaft als einzige Branche CO₂ binden kann“, sagte Heidl. Eine bedeutende Rolle komme den Landwirten bereits bei der Humusanreicherung im Rahmen des Kulap zu.

Was die Energieerzeugung betrifft, sei eine klimagerechte Nutzung und generationenübergreifende Bewirtschaftung des Waldes wichtig, um unabhängiger zu werden. Angesichts deutlicher Engpässe bei der Versorgung mit Erdgas sah Heidl schwierige Zeiten auch auf die Molkereien zukommen. „Wir müssen aufpassen, dass es nicht schlagartig zu Produktionsausfällen mit nachfolgenden Lieferschwierigkeiten kommt.“

Das Wolfsproblem endlich anpacken

Auch den Wolf ließ Heidl nicht aus. Der „Alpen.Gipfel.Europa 2022“ des Wochenblattes am 23. Juni in Schliersee habe den Ernst der Lage deutlich gemacht. Praxisferner Wolfsschutz dürfe nicht die gesamte Almwirtschaft aufs Spiel setzen. Denn komme die zum Erliegen, drohe der Verlust der Artenvielfalt und der Attraktivität der Alpenregion als Tourismusziel.

Wie es um die Landwirtschaft steht, berichteten die beiden Ortsobleute Franz Gröll und Bernadette Rosenegger für die Seegemeinde mit ihren 115 konventionellen und 21 Biobetrieben und einem gestiegenen Kuhbesatz von 2756 Tieren. Auch die psychischen Belastungen der Bauern und Bäuerinnen sprachen sie an. Mut machte den Zuhörern Landrat Siegfried Walch: „Heimat ohne Landwirtschaft ist bei uns nicht vorstellbar“, sagte er. Zur Stärkung der landwirtschaftlichen Ausbildung hatte er eine Neuigkeit parat: „Wir werden die Berufsschule III für Hauswirtschaft und Kinderpflege in Traunstein in Gänze neu bauen.“ An Nachwuchs fehlt’s nicht: In Otting wurden rund 25 neue Landwirtschaftsmeisterinnen und -meister geehrt.