Holzkirchen/Lks. Miesbach Da war doch was, im Juni 2022? Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir besuchte damals samt Entourage den Stroblhof in Asberg, um sich ein Bild von der Kombihaltung zu machen. Nach Rundgang durch Stall und Weiden des Demeterhofes, den Hanna und Max Müller in 29. Generation führen, geriet er ins Schwärmen: „Das lässt das Herz eines Ministers höher schlagen, wenn man das sieht“, sagte er – und sprach sich für eine „zeitnahe“ Lösung für die Kombihalter aus, deren Betriebe in der Frage nach dem Ausstieg aus der Anbindehaltung auf der Kippe stehen. Weder zeitnah noch überhaupt ist seitdem etwas passiert.
Große Hoffnungen, nicht erfüllt
Das wollen die Miesbacher nicht auf sich beruhen lassen. Die Bürgerinitiative Zivilcourage, zu der der ehemalige Sachgebietsleiter Landwirtschaft von Holzkirchen Rüdiger Obermaier gehört schrieb dem Landwirtschaftsminister jetzt einen Erinnerungsbrief.
Die kleinbäuerliche Landwirtschaft, heißt es darin, habe „große Hoffnungen in die Partei der Grünen gesetzt, denn gemeinsames Ziel sollte sein, die industrialisierte bzw. nicht flächengebundene Tierhaltung mit all ihren Nachteilen für Mensch, Tier und Natur einzubremsen“. Stattdessen treffe es mit dem Generalverbot der Anbindehaltung die Kleinsten.
Die Hälfte der Betriebe wäre einfach weg
50% der Milchviehhalter im Landkreis seien Kombihalter, wie auch in anderen kleinbäuerlichen „landschaftlich und touristisch interessanten Regionen“. Die Kombihaltung sei „für den Erhalt der Ökosysteme unverzichtbar“ und – davon habe sich Landwirtschaftsminister Özdemir selbst überzeugen können – „eine sehr zukunftsfähige und tierwohlgerechte Form der Tierhaltung“. Diese Ansicht teilten auch die regionalen Tierschutzverbände, die sich zur Kombihaltung bekennen.
Kombihaltung = intakte Landwirtschaft
Die Bürgerinitiative zählt eine ganze Reihe von Vorteilen der Kombihaltung auf, angefangen bei der Bedeutung des Weideganges für die Rinder selbst sowie für die Artenvielfalt von Pflanzen und Insekten CO²-Speichernutzen von Weiden und Mähweiden bis hin zur besonders intensiven Beziehung zwischen Mensch und Tier im Anbindestall, in dem sie sich „bei ausreichender Bewegungsfreiheit im Winter wohl“ fühlten. Kurzum: „Weidevieh erfüllt die Erwartungen der Gesellschaft an eine intakte Landwirtschaft.“
Konkret fordert die Bürgerinitiative, die Kombihaltung soll beim Tierwohllabel mit Laufstallhaltung gleichgestellt werden. Nur so „werden unsere kleinen Milchviehbetriebe weiterbewirtschaftet“, schreiben die Unterzeichner. Denn die hohen Investitionssummen eines Lauftstallbaus könnten für sie „auch mit staatlichen Förderungen aus landwirtschaftlichen Erlösen nie mehr erwirtschaftet“ werden. „Jetzt gilt es abzuwägen, auf wenig fundierte Bedenken zum Tierwohl einzugehen, oder die Aufgabe vieler kleinerer Milchviehbetriebe aufs Spiel zu setzen, die für den Erhalt unserer Kulturlandschaft unverzichtbar sind.“ Am Schluss bieten die Unterzeichner Özdemir noch „ein vertiefendes Gespräch über Detailregelungen an, um die Umsetzung unserer Vorschläge zu erleichtern“.
Offensive der Grünlandregion geplant
„Wenn man schweigt und sich nicht rührt, zieht die Entwicklung über einen hinweg“, begründet Werner Schmid von der BI Zivilcourage den Schritt. Antwort vom Bundeslandwirtschaftsministerium habe man bis dato noch nicht erhalten. Man gebe die Hoffnung aber nicht auf.
Josef Huber, Kreisobmann von Miesbach, freut sich über das Engagement der Bürgerinitiative, die sich so klar hinter die Landwirte der Region stellt. Die Kombihaltungsfrage müsse aber über den Landkreis hinaus beantwortet werden, so Huber. „Die ganze Bergkette muss miteingebunden werden.“ Dazu organisiert er gerade ein Treffen aller Kreisvorstände von Garmisch bis zum Berchtesgadener Land, um als Grünlandregion zusammenzuarbeiten. „Da geht es auch nicht nur um die Kombihaltung“, sagt Huber. Auch die GAP und die Düngeverordnung „tun den Betrieben weh“. Am Mittwoch dieser Woche traf Huber sich zu einer ersten Aussprache mit einem anderen „Grünen“ – dem Bundestagsabgeordneten der Region Karl Bär.