Michael Huber kann wieder lachen – auch wenn ihm der Hagel-Nachmittag noch tief in den Knochen steckt. Der Landwirt aus Benediktbeuern, den hier alle unter seinem Hausnamen als „Schlosser Michi“ kennen, ist einer von tausenden Gebäudeeigentümern im Oberland, bei denen der starke Hagel am 26. August ein Bild der Verwüstung hinterlassen hat.
Michael Huber, Benediktbeuern: In einer Woche drei vom Hagel zerstörte Dächer eingedeckt

Schlossers Schadensbild: Alle Dächer sind kaputt, das vom Laufstall und der neuen Maschinenhalle, vom Wohnhaus und vom Austragshaus, vom alten Stall und der Tenne sowie von einigen älteren Wirtschaftsgebäuden.
Mehrere Fahrzeuge sind verhagelt und zahlreiche Scheiben an Gebäuden und Pkw sowie die Fahrsilofolien gingen kaputt und auch sein 4. Grünlandschnitt ist stark verhagelt.
So wie ihn hat es alle im Dorf erwischt. Auch in Bad Bayersoien und einigen anderen Orten sind die Schäden riesig.
Große Hilfsbereitschaft: Über 20 Helfer auf dem Dach
Und trotzdem ist Huber frohen Mutes, denn mit den Reparaturarbeiten geht es gut voran und die Hilfsbereitschaft ist groß. Am Freitag, 1. September begannen die Arbeiten an seinem Laufstalldach: Sämtliche Dachplatten, die Luft- und Dachlatten, die undichte Dachpappe und der durchlöcherte Lichtfirst wurden heruntergerissen, um in den Folgetagen alles neu zu montieren und einzudecken.
Am frühen Abend waren noch 22 Helfer auf dem Dach und bereits am Sonntag, also drei Tage später war der Stall wieder neu eingedeckt. Den neuen Lichtfirst holte er am 11. September vom Lieferanten, auch er sollte noch vor dem erwarteten Regen auf das Dach.

Am Montag, 4. und Dienstag, 5. September wurde die Maschinenhalle neu eingedeckt, in den Tagen danach ein 25-Meter langer Feldstadel. Seit 11. September geht es an der alten Hofstelle weiter.
Diese Fortschritte sind ein Lichtblick, auch wenn noch sehr viel Arbeit ansteht. In ganz Benediktbeuern, ja, im gesamten Schadensgebiet ist man fleißig auf dem Dach.
Dach-Reparaturen in Bad Bayersoien laufen auf Hochtouren
„Auch in Bad Bayersoien laufen die Arbeiten auf Hochtouren“, erklärt Regina Jörg aus Kirmesau. Am Betrieb Jörg sind etwa die Hälfte der kaputten Dächer repariert, aktuell ist das Dach vom Wohnhaus dran. Besonders bitter sei die Situation für Hauseigentümer, bei denen durch den Hagel auch die Dachpappe kaputt ging und so die Isolierung nass wurde. Das ist bei Jörgs zum Glück nicht der Fall.
In vielen Betrieben hat es wegen der zerstörten Dächer in die Heuhallen geregnet. Das Dürrfutter wurde nass, begann sich zu erwärmen und musste teilweise abgetragen werden. Wie es hier mit der Futterqualität aussieht, kann sich jeder vorstellen. So kommt zu den verhagelten Mais- und Grasbeständen jetzt noch der Futterverlust durch feucht gewordenes Dürrfutter.
Viele Bauern brachten das Heu wieder auf eine frisch abgeerntete Wiese, um es erneut zu trocknen und so weitere Qualitätsverluste zu verhindern.
Nach Hagel-Unwetter: Katastrophenfall wurde nur für Garmisch-Partenkirchen ausgerufen
Aufgrund der massiven Schaden in Bad Bayersoien rief Landrat Anton Speer den Katastrophenfall für Garmisch-Partenkirchen aus. Das ermöglichte die Anforderung von Einsatzkräften aus den Nachbarlandkreisen und darüber hinaus, wie das Landratsamt mitteilt. So waren neben die Feuerwehren die Bergwacht, das THW, das BRK, die Bereitschafts- und Grenzpolizei sowie der Einsatzzug aus Murnau im Einsatz, Notdächer kamen teilweise bis aus Würzburg und Kitzingen. Nach vier Tagen hob Speer den Katastrophenfall wieder auf.
Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wurde auf diesen Schritt verzichtet. Wie Pressesprecherin Sabine Schmid vom Landratsamt mitteilt, habe es sich zwar um ein Geschehen gehandelt, bei dem bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt waren.
Die Koordinierung der eingesetzten Kräfte unter der Leitung der Katastrophenschutzbehörde sei aber nicht erforderlich gewesen, um die Störung zu beseitigen. Die vorhandenen zivilen örtlichen und überörtlichen Ressourcen, insbesondere die Feuerwehren, Kräfte des THW, der Bergwacht, der Polizei und des Bayerischen Roten Kreuzes seien in ausreichendem Umfang vorhanden gewesen, erklärt das Landratsamt.
Auch Benediktbeuerns Bürgermeister Anton Ortlieb meint, dass sich an der Stärke und der Qualität der Einsätze nichts geändert hätte. Laut Feuerwehrkommandant Daniel Sliva gab es von Samstag Abend bis Donnerstag 671 Einsätze im Ort.
Vom Hagel verwüsteten Gemeinden droht der Winter
Auch wenn die Reparaturarbeiten an allen Orten bestens laufen: „Die Notdächer sind nur eine Übergangslösung und es kann sein, dass im November der erste Schnee fällt. Die Zeit drängt“, erklärt Bürgermeister Ortlieb. Um weitere Schäden an den Gebäuden zu vermeiden, müssen die Dächer schnell winterfest werden. Auch wegen der Sicherheit für die Menschen sei das wichtig, denn Notdächer wären bei Schneefall sehr rutschig, sie würden den Schnee nicht halten und könnten nicht betreten werden.
Angesichts von tausenden zerstörten Dächern im Oberland ist klar, dass nicht in ein paar Wochen alle vollständig neu eingedeckt sein können. Die betroffenen Gemeinden bitten deshalb Handwerker aus anderen Regionen, in den Hagelgebieten zu helfen.
Versicherungen: Teuerstes Unwetter in Bayern seit fünf Jahren
Das Tief Denis in Bayern am 26. August 2023 war laut Versicherungskammer Bayern das schwerste und teuerste Unwetter der vergangenen fünf Jahre im Freistaat und verursachte allein bei ihren Versicherten Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherer schätzt für die schweren Unwetter Ende August, die vorwiegend in Süddeutschland auftraten, Schäden in Höhe von gut 900 Millionen Euro.