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Schädling

Käfer verändert Miesbach

Kalamität
Ludwig Holly
am Montag, 14.10.2019 - 12:49

In dem Erholungsgebiet drohen wegen des asiatischen Laubholzbockkäfers umfangreiche Fällungen.

Miesbach - Der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB), der Anfang August in Miesbach entdeckt wurde (siehe BLW 33, S. 17), bewegt jetzt stark die Bürgerinnen und Bürger der Kreisstadt. So war der Sitzungssaal im Rathaus bis auf den letzten Platz besetzt, als Frank Nüßer den Mitgliedern des Stadtrats einen umfassenden Überblick über die Situation gab. Er ist Leiter der Arbeitsgruppe ALB-Bekämpfung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).

In seinem Referat stellte Nüßer den Käfer und seine Biologie, die unterschiedlichen Befallsmerkmale, das Vorgehen bei der Bekämpfung und alle Rechtsgrundlagen dar. Alle Maßnahmen und einzuhaltenden Vorschriften werden rechtsverbindlich von der LfL für das Stadtgebiet und das Offenland und vom AELF Holzkirchen für die Waldgebiete in einer sogenannten Allgemeinverfügung zusammengefasst. Diese werde herausgegeben, wenn die LfL nach Ende des Monitorings einen Überblick über das Befallsgebiet hat und das Quarantänegebiet abgrenzen kann.

Im Quarantänegebiet wird zwischen der Befallszone (BZ), ein Kreis mit einem Radius von 100 m um einen befallenen Baum, und der Pufferzone (PZ) mit einem Radius von 2000 m um diesen Punkt unterschieden. In der BZ werden 16 Laubbaumarten präventiv gefällt, auch wenn sie nicht nachweislich befallen sind. In der PZ erfolgt eine Suche nach Spuren des gefährlichen Schädlings durch regelmäßige Kontrolle der 29 Wirtsbäume des Käfers vom Boden aus oder durch Baumkletterer.

Sorgen machen sich die Stadträte um die schönen Bäume im „Waitzinger Park“ und in der sogenannten „Reviera“. Sie gelten als wichtige Erholungsgebiete der Stadt und als deren „grüne Lungen“. So kam vom Rat die Frage, ob es Alternativen zu den Fällungen gibt. ALB-Experte Nüßer musste alle enttäuschen: „Nein, die gibt es nicht“. Einzelne besonders schützenswerte Bäume, die praktisch als Naturdenkmal gelten, könnten in Einzelfällen nach eingehender Betrachtung vor dem Fällen bewahrt werden, solange sie nicht befallen sind. Doch die Krux dabei sei, dass sie intensiv überwacht werden müssen, und das kostet laut Nüßer richtig viel Geld. Er zeigte durch eine Beispielrechnung auf, dass die Kosten für die Überwachung der Bäume im Waitzinger Park sich für vier Jahre auf 450 000 € belaufen könnten.

So ist die Sorge der Stadträte riesengroß. Sie wollen um die Bäume kämpfen. „Es ist einfach furchtbar. Durch die zu entnehmenden Bäume wird sich das Stadtbild komplett verändern“, sagte die erste Bürgermeisterin der Kreisstadt, Ingrid Pongratz.

Käferbefall nach Flurnummern?

Ein Problem haben auch die Nutzer von Brennholz, denn dieses darf nicht aus der Quarantänezone gebracht und auch nicht in dieser von einem Ort zu einem anderen bewegt werden.

Das ist für Landwirt und Stadtrat Markus Seemüller ein richtiges Problem. Sein Hof mit den arrondierten landwirtschaftlichen und forstlichen Flächen liegt im Quarantänegebiet. In Zukunft kann er kein Brennholz mehr aus dem Wald holen, weil Holz in der Quarantänezone nicht von einer Flurnummer zu einer anderen gebracht werden darf, wie LfL-Experte Nüßer erklärte. Dafür hatte Seemüller überhaupt kein Verständnis: „Das kann nicht sein. Der Käfer richtet sich doch nicht nach Flurnummern“.

Pongratz verwies auf den geplanten Ablauf: Das Monitoring abwarten, dann eine Besprechung zwischen Stadt und LfL mit den Fraktionssprechern. Der Zeitplan sei offen.