
Wir haben immer schon versucht, durch den Anbau mehrerer Sorten den Erntezeitpunkt zu streuen und gleichzeitig verschiedene Märkte abzugreifen“, erzählt Hopfenpflanzer Andreas Widmann aus Hüll bei Wolnzach im Landkreis Pfaffenhofen. Der 28-jährige Agrarbetriebswirt weist darauf hin, dass dabei im Laufe der Jahre immer wieder neue, erfolgsversprechende Sorten ausprobiert wurden. „Man muss stets am Ball bleiben. Bei manchen Sorten, wie „Herkules“, der bereits seit 15 Jahren im Sortiment ist, klappte es gut, dagegen waren die Flavorsorten leider ein Flop“, stellt er fest. Diese und andere wurden bereits wieder gerodet bzw. kommen in diesem Winter an die Reihe.
Betrieb kommt um die Runden
Für Planungssicherheit ist fast die gesamte Hopfenernte unter Vertrag, zudem steht in der Regel jährlich eine gewisse Freihopfen-Menge zur Verfügung. „Die Preise sind aktuell in Ordnung. Wir kommen um die Runden“, ist der Hopfenpflanzer zufrieden. Beim Blick nach vorne gibt er allerdings zu bedenken, dass die Produktionskosten im Hinblick auf Pflanzenschutz, Düngung und Saisonarbeitskräfte immer teurer werden. Hinzu kommt die Inflation. „Der Hopfen müsste einiges mehr kosten wie jetzt, sprich auf dem Vertragsmarkt muss sich etwas tun“, erklärt er.
Es gilt, mit spitzem Bleistift zu rechnen und sich längere Vertragslaufzeiten gut zu überlegen. Um das Risiko zu streuen, wurden auf dem eigenen Betrieb stets verschieden lange Vorkontrakte abgeschlossen. Beim Rückblick auf die letztjährige Durchschnitternte zeigt sich der 28-jährige zufrieden. „Das Corona-Virus brachte eine Reduzierung des Bierausstoßes um gut zehn Prozent mit sich. Doch alles in allem sind wir am Ende durch diese Phase mit einem blauen Auge davon gekommen“, meint der Hopfenpflanzer. Denn der Freihopfenpreis lag letztendlich auf Vertragspreisniveau.
Aromasorten und Bittersorten mit je 50 Prozent
Auf dem Widmann- Betrieb halten sich die Aromasorten und Bittersorten mit je 50 Prozent die Waage. Mit guten 20 ha stellt „Herkules“ die Hauptsorte dar. Die Standzeit einer Pflanzung beträgt normalerweise mindestens 15 Jahre. „Doch es gilt, ständig genau zu überlegen, ob die Sortenaufteilung noch passt. Wenn bei einer Sorte die Verträge auslaufen oder keine Nachfrage da ist, stellt sich die Frage nach Verjüngung oder Umstellung“, so der Landwirt. In den letzten Jahren passierte es immer öfter, dass der Hopfen nach nur ein paar Jahren wieder aus dem Boden kommt, weil kein Markt vorhanden ist.
Flavorsorten sind Vergangenheit
Auch Familie Widmann machte in den vergangenen Jahren entsprechende Erfahrungen mit einer Reihe von Sorten. Inzwischen sind alle Flavorsorten Vergangenheit. „Aktuell werden wir auch keine mehr einlegen“, informiert Andreas Widmann. Die erforderliche Rodetechnik ist nach seiner Auskunft sehr teuer, so dass sie nicht jeder Betrieb vorhält. Er selbst leiht sich das Gerät samt Schlepper von einem Kollegen aus, wobei der Bulldog nach Stunden und das Gerät nach Hektar abgerechnet wird. Pro Hektar benötigt man 3 bis 4 Stunden. Um die Gefahr einer Verschleppung von Krankheiten zu verhindern, wird großer Wert auf sorgfältige Desinfektion des Gespanns gelegt.
13 ha sind freigeworden
Insgesamt sind dieses Jahr auf dem Widmann-Hof 13 ha Flächen frei geworden. Im Frühjahr sollen je 3 ha „Herkules“ und „Perle“ angepflanzt werden. Egal ob Verjüngung oder Umstellung – unterm Strich wirken sich die Maßnahmen negativ auf die Bilanz aus. Zwar fällt nahezu der gleiche Kosten- und Zeitaufwand an wie in einem Standjahr, doch im selben Jahr entfällt der Ertrag und auch im zweiten Jahr ist oft noch kein Vollertrag zu erzielen.
„Trotz allem versuchen wir auch künftig am Ball zu bleiben und sind nach wie vor offen gegenüber neuen Sorten“, macht der 28-jährige deutlich. Die Hopfenbranche hat aus seiner Sicht aus den Entwicklungen bei den Flavorsorten gelernt und eine andere Strategie entwickelt. „Mit Sicherheit wird der Markt jetzt intensiver abgetastet und der Schritt zum Einlegen einer neuen Sorte überlegter angegangen“, glaubt er.
„Das Corona-Virus brachte eine Reduzierung des Bierausstoßes um gut zehn Prozent mit sich. Doch alles in allem sind wir am Ende durch diese Phase mit einem blauen Auge davon gekommen“
Das Sortenspektrum
- 2014 starteten die Widmanns mit dem Anbau von einem guten Hektar „Huell Melon“. Fünf Jahre später wurde wieder gerodet und stattdessen die traditionelle Aromasorte „Perle“ eingelegt.
- 2016 wurden 3 ha „Mandarina Bavaria“ gepflanzt. Vor wenigen Wochen begann auch hier die Rodung. „Diese Sorte überzeugte mich. Sie ist sehr gut und stabil im Anbau sowie klimatolerant und krankheitsresistent. Doch leider kommt sie bei den Brauern nicht an“, berichtet der Hopfenbauer.
- Die Sorte „Amarillo“, eine amerikanische Züchtung in Privathand, wurde ebenfalls 2016 eingelegt. Die 3 ha standen nur zwei Jahre lang. Der Vertrag wurde inzwischen auf andere Sorten umgeschrieben. „Auch sie erfüllte die Erwartungen im Hinblick auf Klima und Resistenzen. Freilich war die Ernte mit nur 1,5 ha pro Tag schwieriger“, erläutert der 28-jährige. Das war jedoch nicht der Rodegrund, sondern für sie war ebenfalls kein Markt vorhanden.
- 2020 lief außerdem der Vertrag für knapp 3 ha „Hallertauer Mittelfrüh“ aus und es war kein Anschlussvertrag möglich.
- Schließlich wurden wegen der Welke insgesamt 3 ha „Hallertauer Tradition“ und „Perle“ gerodet. Hier wird vorerst kein Hopfen angepflanzt, um den Boden zu sanieren und die Pilzkrankheit auszurotten.