Oberding / Lks. Erding – Er holte sie alle: Der Grüne Ludwig Hartmann lockte beim Bauerntag des Kreisverbandes Erding rund 400 Zuhörerinnen und Zuhörer ins große Festzelt, das anlässlich der „Oberdinger Festwoche 2022“ in der Gemeinde aufgestellt worden war. Mit dem Fraktionsvorsitzenden gelang es, einen der prominentesten bayerischen Grünen zu engagieren, der mit seiner Meinung bekanntermaßen nicht hinter dem Berg hält.
„Probleme nurgemeinsam zu lösen“
So groß wie das Zelt war aber auch die „Checkliste“ von Kreisobmann Jakob Maier, der seinem Gastredner auf der Bühne mit Zwischenfragen auch immer wieder mal auf den grünen Zahn fühlte. Gleichwohl war der Abend viel zu kurz, um das weite Feld der Landwirtschaft zu beackern. Die Themenpalette reichte vom Artenschutz über Flächenverbrauch und Energieversorgung bis hin zum Tierwohl. Zuvor hatte der Grünen-Politiker im Landkreis noch zwei Betriebe besucht, den Biohof Billesberger in Moosinning und den konventionellen Huberhof in Eitting.
„Wir müssen mehr miteinander reden“, stimmte Ludwig Hartmann das Publikum auf den Abend ein und betonte, dass Bio- und konventionelle Landwirtschaft zusammengehörten. Er sei im Übrigen der festen Überzeugung, dass sich Probleme nur gemeinsam lösen ließen. Das Ergebnis der Agrarpolitik der vergangenen Jahre ist laut Hartmann ein beispielloses Höfesterben bei gleichzeitigem Artenrückgang, den es aufzuhalten gelte. „Wir müssen die Fehler der Vergangenheit gemeinsam korrigieren und den Blick nach vorne richten“, betonte er.
Förmlich festgefressen am Flächenfraß
Regelrecht festgefressen hatte sich der Grünen-Politiker am Flächenfraß, der sei auch gegenüber den Landwirten verantwortungslos. „Wir brauchen Äcker und Wiesen nicht für Parkplätze, sondern für die Nahrungsmittelproduktion.“ Hartmann schlug Schutzgebiete vor, in denen Landwirtschaft Vorrang haben soll. Nicht vorbei kam der Redner am Tierwohl und betonte, dass die ganzjährige Anbindehaltung „keine Zukunft haben wird“. Gleichwohl seien festzulegende Standards politische Entscheidungen, es könne nicht richtig sein, dass hier der Handel bestimmt. Hartmann ließ keinen Zweifel daran, dass es mehr Tierwohl nicht zum Nulltarif geben kann, „denn Nahrungsmittel müssen ihren Preis haben“. Jedenfalls sei „Wachsen oder Weichen“ für den Grünen-Politiker keine Option.
Ein Schlüssel zur Erhaltung von kleinbäuerlichen Strukturen sieht Hartmann auch in der Stärkung der Direktvermarktung. Beeindruckt hätten ihn bei seinen Betriebsbesichtigungen die Anstrengungen, mit Hackschnitzelheizungen energieunabhängiger zu werden.
Wie passen 4 % Stilllegung in die Versorgungskrise
Etwas mehr Stimmung kam im Festzelt auf, als Kreisobmann Maier die Finger in agrarpolitische Wunden legte,vetwa bei der Flächenstilllegung. Es verstehe doch hierzulande kein Mensch, so Maier, dass in der gegenwärtigen Krise die Bundesregierung nach wie vor an der 4-Prozent-Marke festhalte. Und überhaupt stinke der ausgehandelte europäische Green Deal nach den Worten des Kreisobmanns vom Kopf her: „Wenn wir noch mehr extensivieren, dann wird die Situation auf dem Lebensmittelmarkt noch schlimmer.“
Maier verwies auch auf die prekäre Situation der Schweinehalter. In einem gemeinsamen Markt wie der EU müssten beim Tierwohl gleiche Regeln für alle gelten, „aber wir in Deutschland satteln immer noch ein bisschen was drauf“. Was die Düngeverordnung betrifft, sprach Maier sich für eine „einzelbetriebliche Betrachtung“ aus. Unter großem Beifall stellte der Erdinger Kreisobmann fest: „Die Landwirtschaft ist systemrelevant.“
Landrat macht sich stark für Landwirte
Unter den zahlreichen Ehrengästen war auch die CSU-Wahlkreisabgeordnete und bayerische Familienministerin Ulrike Scharf sowie Landrat Martin Bayerstorfer, der es in seinem Grußwort „unverständlich und höchst bedenklich“ nannte, angesichts der aktuellen Lage 4 %der Flächen stillzulegen, statt sie zu bewirtschaften. Zudem sprach er von einer „systematischen Gängelung“ von Tierhaltungsbetrieben und kritisierte gleichzeitig die überbordende Bürokratie, der sich landwirtschaftliche Betriebe ausgesetzt sehen.
Im Agrarbereich sei Bayern finanziell „sehr gut aufgestellt“, betonte Staatsministerin Scharf. Sie kritisierte eine teils „ideologische Haltung“ der Ampelregierung in Berlin. Letztlich aber, sagte Scharf, gehe es auch in der Agrarpolitik immer ums Ringen um „die besten Lösungen“.