In Europa ist die Kartoffel im 16. Jahrhundert angekommen sein, beim „Blecker“ in Brunnen bei Schrobenhausen war sie gefühlt schon immer daheim, verbrieft seit dem 19. Jahrhundert.
Seit 2008 führen Karin und Anton Kopold den Familienbetrieb seiner Eltern und seit fast zwei Jahrzehnten bauen sie nicht nur Kartoffeln an, sondern verarbeiten sie selbst – in Karin Kopolds Kartoffel-Manufaktur. Beim Mitte Oktober verliehenen Ceres-Award war Karin Kopold dafür nominiert in der Kategorie „Unternehmerin des Jahres“.
Eine Krise klug als Chance genutzt

Die Idee, ihre Kartoffeln in der Wertschöpfung zu halten, kam Karin Kopold und ihrem Mann Anton in einer Krise: Vor knapp 20 Jahren war die Bauernfamilie wegen der niedrigen Kartoffelpreise sehr frustriert. Die Lager waren voll, aber die Ware nichts wert. Die beiden fanden keinen Absatz und mussten die Kartoffeln für wenige Euro in einer Biogasanlage entsorgen. Das war der Auslöser für eine Neuorientierung. „Uns wurde bewusst: Eine andere Vermarktungsstrategie muss her“, sagt Karin Kopold.
Über eine Anzeige wurden sie auf die Firma Beck’s im niederbayerischen Geiselhöring aufmerksam, die ihre Kartoffelverarbeitung aufgeben und verkaufen wollte. „Wir entschlossen uns, diesen Sprung zu wagen“, erzählt die 54-Jährige. Sie kauften die Firma. Der Kundenstamm sowie Maschinen und Geräte zur Herstellung von Kartoffelsalat und Kartoffelknödeln konnten übernommen werden. „Das war eine gute Grundlage und letztlich der Start in unsere eigene Kartoffel-Manufaktur.“
Aus einem Standbein wurde ein Riesenschritt

Die Produktion wurde nach Brunnen verlagert und neue Maschinen zugekauft, auch ein Kühlfahrzeug, um die niederbayerische Kundschaft weiter beliefern zu können. Die Rezepte wurden übernommen, aber im Laufe der Zeit verfeinert. „Ursprünglich war dieses Standbein für nebenbei gedacht“, sagt die Unternehmenschefin. Doch bald stellte sich heraus: Das hier würde ein größerer Schritt. „Aber mit vereinten Kräften haben wir den Einstieg und die Weiterentwicklung geschafft.“
Bis heute sind Montag und Mittwoch Liefertage nach Niederbayern. Nach wie vor sei es eine logistische Herausforderung, alle Bestellungen in Liefertouren zusammenzustellen und auszufahren, sagt Anton Kopold, der diese Aufgabe neben dem Ackerbau und seinem Vollzeitjob bei der Berufsfeuerwehr Ingolstadt koordiniert. Denn der Kundenstamm wuchs und wuchs, auch in der Region um Ingolstadt und München – ohne Werbung, nur über Mundpropaganda.
Chancen ergreifen
„Es hat sich immer wieder eine Tür aufgemacht“, erzählt Karin Kopold. „Aufgrund unserer Qualität und mit ein bisschen Glück.“ Nach zehn Jahren wurde auch der kleine Verarbeitungsraum am Hof zu klein. Ein neuer entstand 2014 im ehemaligen Kuhstall, teils mit neuen, teils mit guten gebrauchten Maschinen bestückt, außerdem mit Lager, Büro und Aufenthaltsraum.
Die komplette Ernte wird verarbeitet
„Alle von uns rund um Brunnen angebauten Kartoffeln werden in der Manufaktur verarbeitet und veredelt“, sagt Kopold stolz. Auf 15 ha stehen Früh-, Speise- und Stärkekartoffeln auf dem Acker. Passend für die Produkte fiel die Wahl auf sieben feste und vorwiegend festkochende Sorten. Von den Frühkartoffeln, die die Kopolds direkt und an Gaststätten vermarkten, werden immer nur so viele geerntet, wie benötigt. Nach der Haupternte Ende August/ Anfang September werden die Kartoffeln nach Größen sortiert und eingelagert. Im klimatisierten Lager, rund 500 m von der Hofstelle entfernt, halten die Knollen bis zur neuen Ernte. „Wir sind stolz darauf, unsere Kartoffeln zu echten, teils verzehrfertigen Schmankerln zu verarbeiten“, sagt Karin Kopold. Für die Produktion werden in der Kartoffel-Manufaktur jede Woche neue Kartoffeln aus dem Lager geholt. Wieder nur die Sorten und Mengen, die tatsächlich gebraucht werden, 4 bis 5 t jede Woche.
Die Knollen werden gewaschen und die Schale schonend abgerieben. Als erstes werden dann geschälte und geviertelte Kartoffeln abgepackt. Kartoffelspalten, Pommes frites, Gratinkartoffeln und Bratkartoffeln werden roh geschnitten und anschließend gedämpft – genauso wie die Rohware für alle anderen Produkte. Dann geht es unterschiedlich weiter: Die Kartoffeln für den Knödelteig werden abgekühlt, mit der Reibemaschine gerieben, mit weiteren Zutaten vermengt und abgeschmeckt. Die Masse kommt mit dem Portionsfüller in einen Beutel, der wird vakuumiert und verschweißt. Für den Kartoffelsalat werden die noch warmen Kartoffeln maschinell in Scheiben geschnitten, im Mischer mit den restlichen Zutaten vermengt und per Hand in Gebinde abgefüllt.
Festen Wochenrhythmus
Jede Woche folgt einem geregelten Rhythmus: Montag, Dienstag und Donnerstag wird geschält, Mittwoch und Freitag verarbeitet. Insgesamt bietet der Kartoffelhof mittlerweile zehn Produkte aus eigener Verarbeitung an. „Doch ich bin immer auf der Suche nach neuen Ideen und etwas Besonderem“, sagt die Chefin.
Karins Ziel: mit der Zeit gehen und immer wieder etwas Neues ausprobieren. Dabei hat sie vor allem auch die junge Küche im Blick. Nach Sesam- und Zwetschgenknödel kamen im Herbst Käsknödel, gefüllt mit Käse, Kräuter und Röstwiebeln hinzu.
Wichtig ist ihr auch die nachhaltige Produktion mithilfe von Photovoltaik und Hackschnitzelheizung. Die Kartoffelstärke bezieht sie aus der Schrobenhausener Stärkefabrik, auch die Verpackung kommt aus der Region. Die Vermarktung läuft über mehrere Schienen. Für den Ab-Hof-Verkauf gibt es seit 2021 den SB-Hofladen „Blecker’s Feinschmeckerl“ mit 24-Stunden-Automaten, liebevoll „Knödelautomat“ genannt. Direkt beliefert werden Gastronomie, Metzgereien, Bäckereien, Seniorenheime, Kindergärten, Vereine, Partyservices und Lebensmitteleinzelhändler.
Nicht stehen bleiben, vorausschauend denken
Karin Kopolds Team besteht aus zehn 450 €-Kräften – und der Familie mit Oma, Opa und den drei erwachsenen Kindern, die alle tatkräftig unterstützen. Alle haben alles gegeben. „Es war für uns das richtige Konzept“, sagt die Unternehmerin, und hofft, dass es weiter so gut läuft. Die Jahre der Pandemie gingen auch an Kopolds Kartoffelhof nicht spurlos vorbei. Zusätzlich belasten das Unternehmen die heftig gestiegenen Rohstoff-, Energie- und Verpackungskosten. Hilft nix. „Nicht stehen bleiben und vorausschauend denken“, lautet Karin Kopolds Motto. „Wahnsinn, was wir alles geschafft haben“, sagt sie.