Es ist der vierte Anlauf der Prolignis AG für ein Holzheizkraftwerk vor der eigenen Haustür. Das Unternehmen mit Sitz in Ingolstadt ist Projektentwickler für Holzenergiewerke (HEW) und plant ein Kraftwerk mit jährlicher Wärmeerzeugung von rund 283 000 Megawattstunden und einer Stromerzeugung von circa 91 600 Megawattstunden – zehn Windrädern entsprechend. Die Köschinger Bürgerinitiative „Stoppt das Kraftwerk“ hat einen Bürgerentscheid initiiert, über den am Sonntag, 16. Mai, entscheiden wird. Während die Waldbesitzervereinigungen das Heizkraftwerk grundsätzlich begrüßen, sind circa 15 Waldbauern in der BI aktiv, weil sie ein kleineres HEW, im Idealfall von Waldbesitzern und Kommune selbst betrieben, einer großindustriellen Anlage vorziehen. BI-Sprecher Georg Altmann geht es um Luftverschmutzung, Verkehrsaufkommen und Lärmbelastung.

Prolignis will das HEW 150 Meter von der Siedlung Desching nahe der A9, auf ein vier Hektar großes Grundstück zwischen der Raffinerie Gunvor und der Transalpinen Ölleitung (TAL) bauen. Die Gebäude werden circa 25 Meter hoch, der Schornstein 37 Meter. Die Anlage soll ganzjährig von Montag bis Freitag rund um die Uhr in Betrieb sein, die Lebensdauer wird auf 35 bis 40 Jahre geschätzt. Holz könnten die umliegenden Waldbesitzervereinigungen liefern. „Wir sind als Rohstofflieferant im Gespräch, haben Sondierungsgespräche geführt, aber noch keinen festen Vertrag“, erklärt Josef Lohr, Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung (WBV) Altmannstein. Er fordert, „die Region muss A-Kunde sein“. Er sieht die Politik in der Pflicht, sie müsse „das Herumkarren auf Autobahnen mit Steuern belegen“.
WBV hofft auf höhere Nachfrage
Aktuell verbleibe das Restholz meist im Wald. Die Hoffnung der Waldbesitzervereinigungen lautet, je mehr Abnehmer, desto höher die Nachfrage und der Preis. Johann Stadler, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Eichstätt, geht davon aus, „dass wir mit auskömmlichen Preisen an Bord sind, wenn Prolignis nur im Umkreis von maximal 150 Kilometer einkaufen darf“. Was von BI-Mitglied Josef Diepold, der rund 20 Hektar Wald bewirtschaftet, bezweifelt wird: „Wir haben den 150-Umkreis mit dem Zirkel gezogen, das reicht Luftlinie bis nach Tschechien.“
Peter Niggemeyer, Chef der Forstverwaltung des WAF, hofft, „dass ein Markt mit gewissem Volumen entsteht“. Niggemeyers Vorgänger Harald Textor sitzt im Beirat von Prolignis. Gehört von dem geplanten Kraftwerk hat auch Josef Liegl, Vorsitzender der FV Oberpfalz, aber noch gebe es keinen Kontakt zum Betreiber.

Stadler verweist auf das gemeinsame Positionspapier seiner FBG mit der WBV Altmannstein, dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), Stadt Ingolstadt, dem Forstbetrieb Kipfenberg der Bayerischen Staatsforsten und dem Landwirtschaftsamt Ingolstadt. Die Unterzeichner „sehen im geplanten HEW grundsätzlich einen sinnvollen Beitrag zur Energieversorgung und regionalen Wertschöpfung“. Aus gut 50 000 Hektar Waldfläche von Ingolstadt und Landkreis Eichstätt sei theoretisch der Jahresbedarf von rund 160 000 t Holzmaterial beziehungsweise 480 000 Schüttraummetern zu decken. Letztlich aber entscheiden die Konditionen.
Die Bürgerinitiative hat Zweifel
Auch Haushalte können an das Fernwärmenetz angebunden werden. „Hier muss geprüft werden, an welchen Stellen das sinnhaft ist und an welchen es zu teuer werden würde“, ist auf der Website www.holzenergiewerk.de von Prolignis nachzulesen. Nachdem frühere Versuche, ein Fernwärmenetz zu bauen, scheiterten, hat die BI Zweifel. „Man will Köschinger Bürger mit Versprechungen einfangen“, sagt Christoph Strobel. Die Situation für das Fernwärmenetz sei nun eine andere, erklärt Projektleiter Wolfgang Krug von Prolignis, der Staat fördere die Infrastruktur für grüne Wärme zu 30 bis 60 Prozent. Als Betreiber sei die Bürgerenergiegenossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt vorgesehen. Hauptabnehmer für Wärme wird die Audi AG sein, die einen 20-Jahres-Vertrag abschließen will, um ihr Ingolstädter Werk CO2-neutral zu stellen. Strobel, der rund 15 ha Wald bewirtschaftet, stört die Dimension des HEW, das mit 88 Megawatt Brennstoffwärmeleistung zu den Größten in Deutschland gehören werde.