Aktuell erstellt die oberbayerischen Kreisstadt, die Ausschreibung für die anstehenden umfangreichen Fällmaßnahmen im Frühjahr. „Es dauert so lange, weil die Ausschreibung aufgrund ihres Umfangs europaweit erfolgen muss. Sie wird bis Mitte/Ende Februar 2020 abgeschlossen sein. In der Folge beginnen dann die Fällungen, voraussichtlich im März 2020“, erklärte Bürgermeisterin Ingrid Pongratz auf einer Informationsveranstaltung.
Über 200 Bürgerinnen und Bürger waren in den Saal des „Waitzinger Kellers“ gekommen, um alles Wichtige über den gefährlichen Quarantäneschädling und die vorgesehenen Bekämpfungsmaßnahmen aus erster Hand von den Experten der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zu erfahren und Antworten auf ihre dringenden Fragen zu bekommen.
Ausführlich erläuterte ALB-Gebietsbetreuer Andreas Kirchmeier von der LfL die Biologie des Käfers, die Befallskennzeichen an den Bäumen, die spezifizierten Pflanzen (müssen in der Befallszone gefällt werden) und die Wirtspflanzen (müssen zusätzlich in der Quarantäne-Zone kontrolliert werden).
Wirtspflanzen alle zwei Monate kontrollieren
Umfangreiche Pflichten haben auch die Grundstücksbesitzer und Verfügungsberechtigten erklärte Kirchmeier: „So müssen sie zum Beispiel die ALB-Wirtspflanzen (29 Gattungen) ganzjährig alle zwei Monate kontrollieren und bei Verdacht auf ALB-Befall, diesen der LfL unverzüglich anzeigen“.
Die Einzelheiten des EU-Durchführungsbeschlusses für den ALB, die Rechtsgrundlagen und den Inhalt der von der LfL herausgegebenen Allgemeinverfügung für die Bekämpfung des ALB und die Folgen für die betroffenen Grundstückseigentümer erklärte der ALB-Arbeitsgruppenleiter der LfL Frank Nüßer.
Sehr besorgt waren die Bürgerinnen und Bürger, weil so viele Bäume entfernt werden müssen. Die für Miesbach zuständige ALB-Gebietsbetreuerin Tanja Bozem bestätigte zwar, dass 5000 Gehölze entnommen werden, doch unter diesen ist eine große Anzahl an Sträuchern. „Rund 47 % dieser Gehölze haben in Brusthöhe (BHD=1,30 m) einen Durchmesser von maximal fünf Zentimeter“, so Bozem. Das sei notwendig, weil ALB-Larven bereits in Gehölzen mit zwei Zentimeter Durchmesser nachgewiesen wurden.
In der definierten Fällzone werden 13 unterschiedliche Baumarten entfernt. Von diesen sind 29 % Ahorn, 21 % Rotbuchen und 16 % Pappeln. Gefällt wird je nach Situation mit Teleskoplader, Baumkletterern oder motor-manuell. Die gefällten Bäume werden dann von ALB-Spürhunden und visuell auf Befall überprüft und die Ergebnisse sorgfältig dokumentiert.
In der Diskussion wurden die zahlreichen Fragen der Bürgerinnen und Bürger beantwortet, denen es vor allem um den Schutz der Bäume ging. Schnell wurde klar, dass die LfL keinen Spielraum für Ausnahmen von den Fällungen sieht. So konnte ALB-Experte Frank Nüßer keine Hoffnung machen, dass Bäume durch Ausnahmeregelungen von einer Fällung verschont bleiben: „Diese Ausnahmen sind nur in Sonderfällen für Bäume mit einem besonderen gesellschaftlichen, kulturellen oder ökologischen Wert denkbar. Zu den Fällungen gibt es keine gleichwertige Alternative“.
Wer die Fällungskosten auf Privatgrund trägt
Für viele Bürger war es wichtig zu erfahren, wer die Kosten für die Fällungen auf den Privatgrundstücken trägt. Die beruhigende Antwort gab Nüßer: „Der Grundstückeigentümer überschreibt per Formblatt das Eigentum an den betroffenen Bäume der Stadt Miesbach. Diese organisiert dann die Fällungen und sie kann die Kosten beim Freistaat geltend machen.“
Was geschieht mit den Wurzelstöcken und wer trägt die Kosten für die Ersatzpflanzungen?, wollte ein Bürger wissen. Die Antwort von Nüßer stellte ihn natürlich nicht zufrieden: „Da der Käfer die Wurzelstöcke nicht befällt, gibt es für deren Entfernung auch keine Förderung.“ Ebenso bleibt der Grundstückseigentümer auf den Kosten für die Ersatzpflanzungen sitzen.
Verbringungsverbot auf Flurnummernebene
Überhaupt kein Verständnis hatten einige Bürger für das Verbringungsverbot von Holz in der Allgemeinverfügung, denn nach dieser ist es nicht nur verboten, Holz von spezifizierten Pflanzen und Wirtsbäumen aus dem Quarantänegebiet nach außen zu bringen, sondern auch innerhalb des Gebietes darf das Holz nicht von einer Flurnummer auf eine andere transportiert werden. Das führt zum Beispiel bei einem arrondierten Betrieb dazu, dass das Brennholz nicht mehr auf die Hoffläche gebracht werden darf, wenn diese eine andere Flurnummer hat als ein nahe liegende Fläche, auf der der Baum stand. „Diese Regelung gibt der EU-Durchführungsbeschluss vor. Mit ihr soll verhindert werden, dass der ALB durch den Transport verbreitet wird“, erklärte Nüßer.
Zuständig für die umfangreichen Waldflächen im Quarantänegebiet und Ansprechpartner für die Waldbesitzer ist das AELF Holzkirchen. Diese bat Forstdirektor und Bereichsleiter Forsten am AELF Christian Webert um Verständnis und um Zusammenarbeit: „Wir müssen alle kooperieren, damit wir den Käfer schnell wieder los werden“. Richtig viel Kontrollaufwand kommt auf die Experten zu, denn Immerhin liegen in der Quarantäne-Zone 315 ha Wald auf 560 Flurstücken, die mehr als 150 Waldbesitzern gehören.
Im Fritz-Freund-Park kann es passieren, dass durch das Fällen der am Hang unten stehenden Bäume, die Stabilität der oben stehenden Bäume gefährdet ist, weil sie jetzt ganz anderen, ungewohnten Sturmereignissen ausgesetzt sind. „Trotz dieser Gefahr wollen wir versuchen, möglichst viele Bäume zu erhalten“, betonte Forstdirektor Webert.
Neubiberg laut LfL wieder käferfrei
Zum neuen Jahr hat die LfL die Quarantänezone Neubiberg inklusive Waldperlach offiziell aufgehoben. Die Zone wurde im September 2014 eingerichtet, nachdem in einem Wohngebiet von Neubiberg an mehreren Bäumen ein Befall durch den ALB festgestellt wurde. Auch dort wurde die vorgeschriebene Bekämpfungsstrategie der EU durchgezogen – mit Erfolg, wie die LfL betonte. Diesen Erfolg schreibt sie der guten Zusammenarbeit vor Ort mit Anwohnern, Kommunen sowie dem AELF Ebersberg zu. Proteste der Bürgerinitiative „Gegen ALB-Traum Neubiberg“ waren erfolglos, es wurden präventiv alle spezifizierten Wirtspflanzen“ des Käfers um Umkreis von 100 m um einen befallenen Baum entnommen.
Miesbach legte keinen Widerspruch ein
Am 16. Dezember endete die Widerspruchsfrist gegen die ALB-Allgemeinverfügungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und des AELF Holzkirchen. Die Stadt hatte sich entschieden, keinen Widerspruch gegen die umfangreichen Baumfällungen einzulegen.
Obwohl es durchaus auch Unmut über die ALB-Bekämpfungsstrategie gibt, ist man diesen Weg gegangen, weil man sich keinen Erfolg versprach und der Widerspruch hier keine aufschiebende Wirkung hat.