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Landfrauen

Gehört dazu wie Tag und Nacht

MN-Tag für uns-SP-1.3.
Patrizia Schallert
am Dienstag, 10.03.2020 - 12:56

Beim „Tag für uns“ in Leipheim geht es um ein ureigenstes Frauenthema.

Leipheim/Lks. Günzburg - Der monatliche Tanz der Hormone beschert Frauen Stimmungshöhen und -tiefen. Doch der Menstruationszyklus sei immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft, bedauerte Ingeborg Stadelmann. In den vergangenen Jahrzehnten sei viel Wissen um diesen biologischen Prozess im weiblichen Körper verlorengegangen, weil es kaum mehr von der Mutter zur Tochter weitergegeben werde. Beim „Tag für uns“ in Leipheim sprach die Hebamme und Autorin offen über die Stadien von der Pubertät bis nach den Wechseljahren. Kreisbäuerin Marianne Stelzle konnte rund 80 Landfrauen begrüßen.

„Ich habe selten so einen guten Vortrag gehört“, war später aus den Reihen der Landfrauen zu hören. Das lag vermutlich daran, dass Stadelmann bei den Tabuthemen „Monatsblutung“ oder „Wechseljahre“ kein Blatt vor den Mund nahm und auch den Humor nicht zu kurz kommen ließ. Das „Frausein“ ende erst mit dem Tod und besonders junge Frauen könnten nicht früh genug mehr über dieses sonderbare Wesen „Frau“ erfahren, betonte Stadelmann.

Viel Erfahrung

Die dreifache Mutter aus Kempten kann auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen, den sie sich in ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit als Hebamme angeeignet hat. Neben ihrer Homöopathie- und Aromatherapieausbildung entwickelte sie in enger Zusammenarbeit mit der Bahnhof-Apotheke in Kempten die „Original-Stadelmann-Aromamischungen“, gründete den Stadelmann-Verlag und schrieb mehrere Bücher, unter anderem „Die Hebammen-Sprechstunde“.
Jede Frau sollte sich auf allen Ebenen, also Körper, Geist und Seele wahrnehmen, denn körperliche Organe seien vom Geist und emotionalen Gefühlen nicht trennbar. „Deshalb spürt jedes Organ, wenn unser Geist uns nicht positiv unterstützt.“ Wer ständig an sich herummeckere, fühle sich auch so. „Vergessen Sie nicht, dass Sie auf geistiger Ebene Ihren Körper sehr beeinflussen können.“

Nicht zu beeinflussen

Nicht beeinflussen lasse sich allerdings der weibliche Monatszyklus, außer mit chemischen Hormonen, durch die der Körper fremdgesteuert werde. „Jede Frau hat ihren eigenen Zyklus, die Blutung setzt nicht generell alle 28 Tage ein und der Eisprung findet nicht immer am 14. Tag statt.“ Auch wenn der Eisprung bei der Durchschnittsfrau in der Zyklusmitte erfolgt, könne es durch eine besonders glückliche Stimmungslage auch spontan zum Eisprung kommen. „Wenn ich das nicht oft genug erlebt hätte, würde ich es selbst nicht glauben“, sagte Stadelmann mit einem Augenzwinkern und sprach damit Schwangerschaften an, die eigentlich nicht hätten passieren sollen.
Die fruchtbaren Tage ließen sich an der Konsistenz des Gebärmutterschleims erkennen. Je dicker und weicher der Schleim, desto leichter kann sich ein Ei einnisten. Wird kein Ei befruchtet, reinigt sich die Gebärmutter mit einer Blutung. Das sollten junge Menschen bereits in der Schule oder von ihren Eltern lernen. „Weshalb sprechen wir zuhause immer nur über Nachrichten aus der Nachbarschaft oder Zeitung und nicht einmal über unseren Körper?“ Kinderkriegen sei schließlich nicht nur Frauensache, sondern betreffe auch die Männer.
Mit dem Monatszyklus gingen hormonbedingte Stimmungsschwankungen einher. Stadelmann: „Doch keine Angst, sie gehören dazu, sie kommen und gehen wie Tag und Nacht, wie fröhlich und nachdenklich sein.“ Um aus einem Stimmungstief in ein Stimmungshoch zu gelangen, empfahl sie die Verwendung von ätherischen Ölen, oder einfach nur einen wohlriechender Blumenstrauß aufzustellen. Besondere Öle seien das Hagenbuttenkernöl, besser bekannt als „Wildrosenöl“, das Nachtkerzenöl oder das Granatapfelsamenöl. Mit Blick auf den Monatszyklus äußerte Stadelmann einen Wunsch: Frauen sollten positiver über ihre Blutungen sprechen und sich mit dem ganz normalen Geschehen, das monatlich abläuft, beschäftigen.
Außerdem mahnte die Hebamme zu mehr Intimpflege. „Unser Genitalbereich ist keine Tabuzone, sondern benötigt ebenso Pflege wie unsere Zähne. Gesundheit beginnt bei der Pflege, das haben Zahnärzte schon lange erkannt.“ Doch Finger weg von mineralölhaltigen Produkten, weil diese krebserregende Stoffe enthalten könnten.

Geniale Zeit?

Zum Leben einer Frau gehören nicht nur die Pubertät und der Monatszyklus sondern auch die Wechseljahre. Stadelmann kann nicht nachvollziehen, weshalb ständig nur von den Beschwerden in diesem Lebensabschnitt der Frau gesprochen wird. „Es ist eine geniale Zeit, weil wir uns nicht mehr um Damenbinden und Verhütung kümmern müssen.“
Auch das Schwitzen während der Wechseljahre sei nur eine Reaktion des Körpers, weil er kein Östrogen mehr bilden und dadurch keine Flüssigkeit binden könne. Schwitzen sei das geringere Übel. Würde die Flüssigkeit nicht über die Haut abtransportiert, gelange sie in den Blutkreislauf und könne zu Bluthochdruck führen.
Wenn wir Normalitäten nicht akzeptieren, könne das also zu Erkrankungen führen, sagte Stadelmann. Bei einem Kind freue sich jeder über seine roten Wangen, bei der Oma hingegen hieße es mitfühlend, oh du hast wohl eine Hitzewallung.
Nach der Menopause litten viele Frauen unter einer Abnahme der Libido. Jetzt sind keine Kinder mehr zu versorgen, es gibt keine Menstruation mehr, die stört, aber auch das sexuelle Verlangen lässt nach. Hier können spezielle aphrodisierende Masssageölmischungen helfen, versicherte Stadelmann. „Wenn es Ihnen wieder zu viel wird, lassen Sie Flasche einfach wieder verschwinden.“

Wichtig: die Hautpflege

Eine gute Vorbereitung für das Alter sei die Hautpflege, weil sich in den späten Jahren bereits kleinste Schürfungen zu einem Drama entwickeln können. Mit Blick auf Nahrungsergänzungsmittel empfahl Stadelmann eine eingehende Beratung in der Apotheke. Entsprechende Mittel aus dem Discounter seien zwar billiger, aber auch ohne Wirkstoffe.
Einer Studie der Uni Berlin aus dem Jahr 1997 zufolge liegen die Gründe für Beschwerden in den Wechseljahren in der Unzufriedenheit in der Partnerschaft oder mit der eigenen Person. „Die Behebung dieser Gründe hat jeder selbst in der Hand“, betonte Stadelmann. Zielführender als Tabletten seien Gespräche und zu lernen, für sich selbst zu sorgen. Die Menopause sei eine Gelegenheit, um sich eigener Werte bewusst zu werden, um die eigene Weiterentwicklung zuzulassen, sich Träume zu erfüllen und gleich wieder neue zu schmieden. „Es muss nicht immer eine Weltreise sein. Gönnen Sie sich jede Woche einen frischen Blumenstrauß, warten Sie nicht, bis Sie ihn geschenkt bekommen.
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