Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Landfrauentag

Zukunftsängste aus dem Einkaufskorb

Landfrauentag-KRO_LF
Stephan Stöckel
am Dienstag, 25.02.2020 - 15:14

Den Kopf nicht in den Sand stecken – diese Botschaft ging vom Kronacher Landfrauentag im gut besuchten Schützenhaus aus, wo man aber auch die Augen vor der Realität nicht verschloss.

Kronach - Kreisbäuerin Rosa Zehnter sprach die Existenz- und Zukunftsängste der Bauern an, die nicht zum Vergnügen mit ihren Schleppern zu den Demonstrationen führen. „Gibt es in zehn oder zwanzig Jahren noch Käse aus Coburg, hergestellt aus Milch von Kronacher Kühen?, fragte sie im Rahmen der moderierten Grußwortrunde.

Gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin Marina Herr packte die Kreisbäuerin aus ihrem Einkaufskorb allerhand Produkte aus, die symbolhaft für die Zukunftsängste standen. Bereits in ihrer Begrüßung hatte sie mit sorgenvoller Miene festgestellt: „Haben unsere Betriebe noch eine Zukunft? Sind sie von der Politik noch gewollt?“ Die Finanzspritze des Bundes in Höhe von 1 Mrd. € für die Landwirtschaft bezeichnete sie als Almosen, weil es heruntergerechnet auf alle Bauern nur rund 1000 € seien. „Das hört sich wunderbar an, ist aber nur blanker Populismus“, blies Kreisobmann Erwin Schwarz ins gleiche Horn.
Das aufmunternde Echo kam von den Grußwortrednern, die zu Mutmachern mutierten. Ihre Aussagen waren Balsam auf die Seele. Stellvertretender Landrat Gerhard Wunder und Fachlehrerin Regina Burkhardt vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kulmbach zeigten sich zuversichtlich, dass auch noch in 20 Jahren im Landkreis Kronach Lebensmittel produziert werden. „Gehen sie andere Wege. Achten sie auf Qualität statt auf Gewinnstreben“, ermunterte ersterer die Zuhörer. „Wir können Flächen nicht einfach stillegen“, stellte letztere fest.
Kronachs zweite Bürgermeisterin Angela Hofmann empfahl den Landwirten, eigene Wirtschaftskreisläufe durch Direktvermarktung zu stärken. Alle reden derzeit vom Klima. Das tat auch Bezirksbäuerin Anneliese Göller, die feststellte: „Klimaschützer kaufen regional“. Der Kauf heimischer Produkte steigere die Wertschöpfung und Kaufkraft in einer Region, sicherer Arbeitsplätze und belebe den Tourismus, zählte Göller auf. Der Kronacher Pfarrer und Domkapitular Thomas Teuchgräber, der aus einer bäuerlichen Familie stammt, prangerte die Verschwendung von Lebensmitteln als Sünde an und riet, beim Wirtschaften Demut an den Tag zu legen: „Ich mach nur das, was ich schaff und agiere nicht nach dem Grundsatz ‚Wachsen, wachsen, wachsen!‘.“
Nach diesem Grundsatz wirtschaftet seit Jahren Diplom-Agraringenieurin Anne Körkel aus Kehl am Rhein – und das mit Erfolg. Die Landwirtin, die rund 700 Freilandhühner hält, verkauft ihre küchenfertigen Freilandhähnchen auf Bestellung und frisch. Kleine regionale Kreisläufe, Transparenz und der direkte Kontakt zum Kunden liegen Körkel am Herzen. Dafür wurde sie 2017 zur Unternehmerin des Jahres gekürt