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Forum Landwirtschaft im Dialog

Versorgungssicherheit in Zeiten von Klimawandel und Krieg

Frederik Cäsar zeigt einer Besuchergruppe den Legehennen-Stall der Familie nördlich von Eßleben.
Irene Konrad
am Freitag, 18.11.2022 - 10:00

Praxisnaher Austausch über die aktuelle Situation der Landwirtschaft in Unterfranken.

Prof. Dr. Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf führte die Anwesenden mit seinem Impulsvortrag in das Thema Versorgungssicherheit ein. Manuela Cäsar hatte die Feldscheune als Tagungsort wunderbar herbstlich dekoriert.

Uns interessieren Ihre Gedanken, Fragen und Anregungen“, so begrüßten Klaudia Schwarz und Heiko Lukas rund 80 Teilnehmer des Forums „Landwirtschaft im Dialog“ auf dem Betrieb Cäsar in Eßleben. Mit einem Blick in den modernen Stall für zwei Mal 3000 Legehennen nördlich von Eßleben und auf dessen begrünten Auslauf mit der Pappelplantage startete die Veranstaltung. Die Gäste erfuhren etwas über das Energiekonzept mit Photovoltaik und einem Blockheizkraftwerk, Überwachungstechniken oder die Effizienz und das Futter der Tiere. Familie Cäsar mischt Oregano und weitere Kräuter ins Futter. Die beigefarbenen Eier ihrer Hühner würden dadurch intensiver schmecken. Der Absatz ist gut. Aber „weil sich die Futterkosten verdoppelt haben“, das Verbot des Tötens von Küken dazu kam und zudem die Junghennen teurer geworden sind, steigen die Kosten. Wenn der Handel auch etwas aufschlägt, koste ein Ei schnell drei bis vier Cent mehr.

Beim Landwirtschaftsforum auf dem Hof von Familie Cäsar in Eßleben: (v. l.) Heiko Lukas (Bereich Landwirtschaft an der Regierung von Unterfranken), Prof. Peter Breunig (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf), Oliver Kröner (Behördenleiter AELF in Neustadt an der Saale), Bernhard Schwab (Bereichsleiter Landwirtschaft am AELF in Karlstadt), Hilmar, Manuela, Frederik und Hildegard Cäsar, Karoline Schramm (Sachgebietsleiterin Nutztierhaltung am AELF in Würzburg), Herbert Siedler (Bereichsleiter Landwir

Bei den Impulsvorträgen zur aktuellen Situation der Landwirtschaft in Unterfranken stellte Hilmar Cäsar seinen Betrieb und seine Philosophie vor. Für den erkrankten Martin Konrad aus Kürnach übernahm Karoline Schramm die Betriebsvorstellung. Sie ist am AELF Kitzingen-Würzburg Beraterin von tierhaltenden Betrieben in Unterfranken und bestens mit dem zukunftsfähig aufgestellten Ferkel- und Schweinemastbetrieb der Familie Konrad vertraut. Eingeladen hatten alle vier unterfränkischen Landwirtschaftsämter sowie die Regierung in Unterfranken. Es war das erste umfangreiche Forum dieser Art, zu dem sich Vertreter aus Politik, Kommunen, Verwaltung, Verbänden, Presse und Landwirtschaft als Multiplikatoren austauschten. Klaudia Schwarz, Leiterin des AELF Schweinfurt, und der Leiter des „Sachgebiets für Agrar- und Umweltbelange in der Landwirtschaft an der Regierung von Unterfranken“ Heiko Lukas führten durch die Veranstaltung. Schweinfurts Landrat Florian Töpper freute sich über die Gäste, die „in diesen bewegten Zeiten“ auf den Vorzeigebetrieb von Hilmar und Manuela, Frederik und Hildegard Cäsar gekommen waren. Der Betrieb arbeitet seit 2008 ökologisch nach den Richtlinien des Bioland-Verbandes. Er bewirtschaftet auf 450 ha 15 Kulturen und hat zusätzlich seit 2014 einen Legehennenstall.

Die gewachsene Weltbevölkerung ernähren

Auf großes Interesse stieß der Vortrag von Prof. Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Er sprach über die globale Versorgungssicherheit und die Verantwortung füreinander. Zunächst warf er einen Blick auf die letzten 60 Jahre. Die Menschheit habe es geschafft, die gewachsene Weltbevölkerung zu ernähren. Weltweit gibt es derzeit 1,4 Mrd. ha Ackerland. Die Ernten darauf ernähren 7,4 Mrd. Menschen.

Aber: Das Ackerland ist nicht vermehrbar, der Kalorienbedarf der Menschen steigt und die Bevölkerung wächst weiter. Krisen wie der Klimawandel, Covid und der Krieg in der Ukraine verschärfen die Situation. Wenn die Energiekosten steigen und Produktionsflächen in der Ukraine und in Russland wegbrechen, erhöht sich der Preis und die Ernährungssicherheit ist in Gefahr.

Problem: Frischwasser für die Bewässerung

Das treibt viele Menschen in die Armut. Armut bedeute Hunger. „Wenn ein Land in der Krise ist, müssen wir helfen“, mahnte Prof. Breunig. Ein weiteres Problem sei das Wasser. Schon 70 % des Frischwassers werde weltweit für die Bewässerung verwendet.

Die Bevölkerung wächst schnell und der Krieg in der Ukraine habe Zukunftsfragen ins Jetzt katapultiert. In Deutschland gibt es zurzeit 16,7 Mio. ha landwirtschaftliche Fläche. Weil diese Fläche knapp ist, sei es eine ernsthafte Entscheidung, wie die Landwirtschaft in Zukunft betrieben wird. Als „wichtigste Faktoren“ nannte Peter Breunig die Anpassung der Ernährung und das Konsumverhalten der Menschen.

Tierwohl und Versorgungssicherheit

In den Dialoggruppen ging es um die Themen Marktumfeld, Verbraucherverhalten, Ökolandbau, Legehennen-Haltung, Schweinehaltung, Immissionsrecht, Tierwohl, Versorgungssicherheit, Kompetenz und Verantwortungsbereitschaft.

Manche Probleme scheinen kaum lösbar: Im Hinblick auf die Ernährung sei der Klimawandel ein weltweites Problem. Wer Überschuss hat, sei verpflichtet, etwas abzugeben. „Wir müssen den Menschen anderswo nicht nur bei ihrer Produktion helfen, sondern auch beim Aufbau des Handels“, war die Meinung in einer Gesprächsrunde.

Livestyle oder Regionalität?

Viele Wünsche der Verbraucher wie die regionale Direktvermarktung „in einer Holzhütte am Wegrand“, der sinnvolle Absatz von Bruderhähnen oder lokale Einkaufsmöglichkeiten von Grundnahrungsmitteln in kleinen Geschäften auf einem Dorf wären zwar rechtens und real. Aber entgegen aller Beteuerungen gehe es den Menschen hierzulande offensichtlich eher um Livestyle als um Einschränkungen und Regionalität. Manches sei einfach paradox. Wer gedankenlos im Supermarkt Reis und Curry zum Kochen kauft, betrübt den heimischen Kartoffelbauern nebenan.

„Optimismus wagen. Positives besser kommunizieren. Weiterverarbeiter gewinnen. Ein positives Umfeld schaffen. In die Schulen gehen.“ Das gaben die Forumsteilnehmer den Organisatoren auf den Weg. Aus den Rückmeldungen wollen die Regierung und die ÄELF Schlüsse ziehen und passgenau Multiplikatoren und interessierte Menschen verstärkt zum Austausch einladen.