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Schweinemarkt

Tierschutzauflagen setzen Schweinehaltern zu

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BLW
am Donnerstag, 22.04.2021 - 13:45

Die verschärften Tierschutzauflagen belasten landwirtschaftliche Betriebe enorm. Die produzierte Qualität müsste fair entlohnt werden.

Die kürzlich verschärften Tierschutzauflagen belasten landwirtschaftliche Betriebe enorm. Der aktuelle Absatzstau durch Corona und Afrikanische Schweinepest erhöhen zusätzlich den Druck. Entschärfung ist nur möglich, wenn der verpflichtend vorgeschriebene Aufwand für Tierschutz beim Landwirt in Form von höheren Preisen ankommt und der Verbraucher die hohen regionalen Standards anerkennt und bezahlt, so der Bauernverband.

Martin Stamm führt schon lange einen zeitgemäßen Zuchtsauen- und Mastbetrieb in Hausen, Landkreis Main-Spessart.

Einen Strich durch die Rechnung gemacht

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Als gelernter Bankangestellter hat er sich bewusst für Landwirtschaft mit Tierhaltung entschieden und seinen elterlichen Betrieb modern und den Anforderungen entsprechend gebaut und immer erweitert. Heute hat er viel erreicht, hält 220 Zuchtsauen, die rund 6000 Ferkel erzeugen, und rund 2000 Mastschweine auf seinem 100-ha-Betrieb. Die hohen Investitionen sollten jetzt abgezahlt werden.

Doch niedrige Preise durch die Corona-Pandemie und den damit stockenden Absatz sowie Vermarktungsprobleme in andere Länder machen ihm ein Strich durch die Rechnung. Genau in dieser Zeit führt die von der Bundesregierung verabschiedete Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu weiterem Umbau- und Kostendruck.

Bis in sieben Jahren muss er sein Deckzentrum für rund 75 000 € erweitern. Nach spätestens fünfzehn Jahren trifft ihn der Umbau von Abferkel- und Bewegungsbuchten, die dann 40 % mehr Platz haben sollen, mit etwa 600 000 €. Eigentlich hat Stamm Glück, denn eine räumliche Erweiterung an seinem Aussiedlungsstandort wäre möglich. Dennoch: Vor allem den zweiten Umbauschritt wird er nicht mehr stemmen können.

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Main-Spessarts BBV-Kreisobmann Reinhard Wolz hält die aktuelle Vorgehensweise der deutschen Regierung so für nicht mehr machbar. Vor einer erneuten Verschärfung der Auflagen solle zuvor der Bauernverband als Berater befragt und Ämter für Landwirtschaft sowie die Wissenschaft mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt werden. Schließlich sei es der Wunsch der Verbraucher, die gute deutsche Qualität auch weiterhin auf den Teller zu bekommen.

Der Schweinemarkt tut sein übriges. Während der Verbraucher an der Ladentheke stets den gewohnten Preis zahlen musste, landete ein um rund 40 Prozent eingebrochener Fleischpreis beim Landwirt. „Da haben einige richtig Geld gemacht und der Tierhalter steht mit leeren Taschen da“, sagt Wolz erbost.

Hohe Qualität erhalten

Um die hohe deutsche Qualität zu erhalten, kurze Wege in der Nahrungskette zu haben und auch in dem besonders vieharmen Landkreis Main-Spessart geschlossene ökologische Kreisläufe hinzubekommen, fordert der Bauernverband die von der sogenannten Borchert-Kommission vorgeschlagene direkte Entschädigung der Tierwohlleistungen des Landwirts. Nur so lasse sich ein größerer Teil der Tierhaltung in Deutschland sichern, so der Bauernverband.

Michael Stenger macht gerade auf dem Betrieb von Martin Stamm ein Praktikum. Der 20-Jährige würde gerne in einen so vorbildlichen Betrieb einsteigen und wünscht sich, dass Landwirte auch künftig ihre Familien ernähren können. Interesse an der Landwirtschaft hat er.