Triesdorf/Lks. Ansbach Sind Lebensmittel aus der modernen Landwirtschaft gesund oder sind mit ihrem Genuss aufgrund heutiger Bewirtschaftungsmethoden Risiken verbunden? Auf diese Fragen versuchte Dr. Mark Lohmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin im Rahmen der Vortragsreihe „forum triesdorf“ Antworten zu geben. Der aus Berlin online zugeschaltete Referent erläuterte, dass nach Medienberichten über Rückstände das „Bauchgefühl“ der Bevölkerung die Risiken zum Teil hoch einschätze, wie sie einer „objektiven“ Risikoeinschätzung aus Expertensicht nicht standhalten. Als klassisches Beispiel dafür nannte er die Diskussion um Glyphosat. Während in der Öffentlichkeit und im politischen Bereich das Herbizid als verantwortlich für Gesundheitsschäden gemacht wird und deshalb Anwendungsverbote im Raum stehen, halte dies einer wissenschaftlichen Nachprüfung nicht stand.
Letztlich sei vor allem die Dosis entscheidend. Zur Besorgnis in der Bevölkerung trügen die immer weiter verfeinerten Analyse-Methoden bei. Derzeit sei es möglich, ein Stück Würfelzucker, das am Ostufer in den Starnberger See geworfen werde, am Westufer nachzuweisen. Generell herrsche seiner Ansicht nach in der Bevölkerung mehr Angst vor schädlichen Einflüssen von synthetischen Stoffen, wie beispielsweise Pflanzenschutzmitteln, als vor natürlichen Stoffen, wie Bakterien. So treten gesundheitliche Schäden nach dem Genuss von Speisen in Privathaushalten deutlich häufiger auf, als in der Gastronomie.
Lohmann leitet beim BfR die Abteilung Risikokommunikation im Bereich Risikosoziologie und Risiko-Nutzen-Beurteilung, ihm zufolge werden mehr als 90 Prozent aller in Deutschland verzehrten Lebensmittel untersucht. Die Untersuchungen beziehen sich auf 300 Substanzen in rund 60 000 Lebensmittel, sowohl auf erwünschte wie unerwünschte Stoffe.
Früherkennungssystem bei Ernährungstrends
Aktiv werde das BfR auch im Rahmen eines Früherkennungssystems bei neuen Ernährungstrends. So bei der Empfehlung für „Bierdosenhähnchen“, in dem Brathähnchen auf Bierdosen in der Backröhre erhitzt werden. Diese Methode sei wieder verschwunden, als festgestellt wurde, dass Risiken nicht vom Hähnchen, sondern von Druckfarben und dem Aluminium der Dosen ausgehen.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stufe die karzinogene Wirkung von Sonneneinstrahlung, verarbeitetes Fleisch, Asbest, Tabakrauch sowie Alkohol/Ethanol und alkoholische Getränke in Stufe 1 ein. In der Gruppe 2A als wahrscheinlich karzinogen seien rotes Fleisch, Glyphosat, Mate-Tee heiß, Friseur und Nachtschichten eingestuft. Als möglicherweise karzinogen gelten Kaffee, Methyleugenol, in Essig eingelegtes Gemüse, Kava-Extrakt und Mobiltelefonie.
Die eigene Meinung hinterfragen
Seinen Zuhörern gab Dr. Mark Lohmann den Rat, auch die eigene Meinung kritisch zu hinterfragen. Auf Einwände aus der Zuhörerschaft, dass das Bundesinstitut sich häufig auf Studien der Industrie für die Zulassung der Mittel stütze, sagte Lohmann, dass die sehr aufwendigen und umfangreichen Studien sehr wohl auf deren Plausibilität hin überprüft würden. Müssten all diese Studien vom Staat noch einmal gemacht werden, würde dies dem Steuerzahler viel Geld kosten.
Erträge und Qualitäten absichern
„Pflanzenschutzmittel sind ein Teil von vielen Möglichkeiten des integrierten Pflanzenbaus, den wir Landwirte nutzen. Wir benötigen aber ein gewisses Portfolio an wirksamen und sicheren Pflanzenschutzmitteln“, sagt Martin Waldmann aus Ansbach-Strüth. Angesichts von Wetterextremen gelte es, Erträge und Qualitäten abzusichern, Wasser zu sparen und den Boden zu schützen.