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Oberfranken

Rinderzucht: Auf den Betrieben geht die Existenzangst um

Rinderzuchtverband-Oberfranken(shf)_LF
Stephan Herbert Fuchs
am Mittwoch, 04.03.2020 - 15:50

Rinderzuchtverband Oberfranken leidet unter negativen Rahmenbedingungen.

Rinderzuchtverband-Oberfranken(shf)_LF
Im zurückliegenden Zuchtjahr hat der Rinderzuchtverband Oberfranken sein hohes Ergebnis aus dem Jahr zuvor nicht halten können. Laut Jahresbericht, den der Vorsitzende Georg Hollfelder und Zuchtleiter Markus Schricker bei der Jahresversammlung in der Tierzuchtklause in Bayreuth vorlegten, waren es mit gut 32 000 Tieren aller Kategorien über 400 weniger, der Gesamtnettoumsatz habe sich um etwa 2 Mio. € auf rund 16 Mio. € verringert. „Der Rückgang ist das Ergebnis aus den niedrigen Preisen, besonders bei Nutzkälbern“, sagte Zuchtleiter Schricker.

Kälbertransporte: Klage soll eingereicht werden

Das abgelaufene Jahr sei von Hitze, Trockenheit, Ernteausfällen und dem Exportstopp für Kälber nach Spanien geprägt gewesen, so Hollfelder. Die seit dem Sommer praktizierte Vorgehensweise der Veterinärbehörden, Kälberexporte auf eine Transportdauer von maximal acht Stunden zu beschränken, hat im Dezember ein Verwaltungsgericht in Baden-Württemberg wieder gekippt, so dass zumindest von Baden-Württemberg aus wieder Transporte nach Spanien möglich sind. „Wir sehen uns gezwungen, nun ebenfalls Klage einzureichen“, kündigte Hollfelder an, der auch Vorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Rinderzüchter ist.
Ausdrückliches Lob zollte Hollfelder der Bewegung „Land schafft Verbindung“, die mit ihren Schlepperdemos für großes Aufsehen gesorgt habe. Das sei auch nötig, denn auf vielen Höfen gehe die blanke Existenzangst um. Mit der sogenannten Bauernmilliarde sei dies nicht so einfach gut zu machen. „Was auf uns Bauern so alles eindrischt, geht auf keine Kuhhaut mehr“, so Hollfelder.
Der Rinderzuchtverband Oberfranken hatte im zurückliegenden Zuchtjahr noch 1125 Mitgliedsbetriebe, 144 weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Herdbuchkühe ist dem Jahresbericht zufolge ebenfalls deutlich gesunken, und zwar um 2818 auf nun 67 799. Die Durchschnittsgröße der Betriebe wird mit 60 Kühen angegeben (Vorjahr 55).
Während diese Statistik nur die Kreiszuchtgenossenschaften und die Mitgliedsbetriebe des Rinderzuchtverbandes betrifft, wurde bei der Jahresversammlung auch die gesamte Milchviehhaltung in Oberfranken betrachtet. Hier sank die Zahl der Milchkühe um 2700 auf 85 589. „Die Grenze von 90 000 Milchkühen scheint also dauerhaft unterschritten“, sagte Zuchtleiter Schricker.

Strukturwandel geht unverändert weiter

Unverändert weiter gegangen seien auch die Betriebsaufgaben. Wieder 150 Betriebe weniger bedeute noch 1881 Milchviehhalter. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 45,5 Kühen pro Betrieb. Die meisten Milchkühe werden mit knapp 21 000 in Stadt und Landkreis Bayreuth gehalten, die wenigsten mit 3583 im Landkreis Kronach.
Von großen Herausforderungen sprach der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses Martin Schöffel. Was die Bauern machen, sei von großer Sachkunde geprägt. Kritik übte Schöffel deshalb nicht nur an großen Teilen der Verbraucher und deren Einstellung zur Nutztierhaltung, sondern auch an überzogenen Kontrollen auf den Höfen. Vom großen Frust in der Landwirtschaft berichtete die stellvertretende Bayreuther Landrätin Christa Reinert-Heinz. Sie forderte von der Gesellschaft wieder mehr Wertschätzung ein. Trotz oder gerade wegen der prekären Situation gebe es aber auch viele junge Leute, die in der Landwirtschaft eine Zukunft sehen, meinte Georg Dumpert, der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, und nannte die aktuellen Teilnehmerzahlen der Bildungsangebote am Amt.

Monitoring statt Leistungsprüfung?

Erwin Schwarz, der stellvertretende BBV-Präsident von Oberfranken, wehrte sich dagegen, dass wohl auf Druck des Ministeriums die Leistungsprüfung durch ein Monitoring ersetzt werden soll. „Wohin kommen wir, wenn die Leistung der Tiere nicht mehr honoriert wird?“, sagte er.
Bei der Jahresversammlung wurden zwei Betriebe für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet: Christa Lauterbach aus Tressau bei Kirchenpingarten und Christiane Böhm aus Neuhaus bei Aufseß.