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Dorfwirtshaus und neuer Schweinestall

Pizza trifft Schlachtschüssel: Mut mit Wirtshaus und Schweinehaltung

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Stephan Herbert Fuchs
am Donnerstag, 08.12.2022 - 11:50

Ferkelaufzucht, Mast, Wirtshaus und Ferienwohnungen: Wo andere zusperren, haben Katrin und Rainer Markstein kräftig investiert. Die ganze Familie packt im Betrieb an - mit Erfolg!

Geplant war das alles so nicht, wie es schließlich gekommen ist. Doch Katrin und Rainer Markstein aus Gumpertsreuth bei Gattendorf im Landkreis Hof sind fest überzeugt, den richtigen Weg gegangen zu sein. Während Schweinehalter landauf landab aufgeben, hat die Familie am Rande der Ortschaft mit einem Investitionsvolumen von rund 1 Mio. € einen nagelneuen Schweinestall mit 750 Mastplätzen errichtet. Die Strohschweine werden hauptsächlich an zwei größere Metzgereibetriebe in Selb und Dörnthal vermarktet. Ein weiterer Teil bleibt sozusagen auf dem Hof und kommt in der eigenen Gastwirtschaft mit dem Namen „Altes Haus“ auf den Tisch.

Beim Umbau von Hof und Haus packte die ganze Familie mit an

Rainer und Katrin Markstein mit den Kindern (von links) Max, Anna, Johannes und Otto.

Lange Jahre wurde der Hof im Nebenerwerb bewirtschaftet. 1995 hatte Rainer Markstein ihn von seinen Eltern übernommen. Der heute 50-Jährige war zuletzt als Kfz-Meister bei den Hofer Stadtwerken beschäftigt, Ehefrau Katrin ist gelernte Bäckerin. „Ein zweites Standbein wollten wir schon immer“, sagt Rainer. So kam das Paar auf die Idee, in einem alten Gebäude des Vierseithofes ein Café einzurichten. Als man im Jahr 2015 mit den Umbauarbeiten begann, war noch nicht abzusehen, dass daraus einmal eine Art Geheimtipp im Hofer Land entstehen würde.

„Wir haben damals alles eingeschmissen“, sagt Rainer. Nur die Außenwände und die Zwischendecken hätten noch existiert. Dank der immensen Eigenleistung der Familie mit ihren vier Kindern im Alter zwischen sieben und 21 Jahren konnte das „Alte Haus“ schon im Januar 2016 eröffnen. Vom Café war man inzwischen abgekommen und es wurde ein richtiges Dorfwirtshaus daraus. Schon damals hatte Rainer Mut bewiesen, als er seine Festanstellung im öffentlichen Dienst gegen die Selbstständigkeit eintauschte.

Erfolg im Dorfwirtshaus - mit Pizza und Schlachtschüssel

Der Erfolg gab der Familie Recht. Während andere Gaststätten ringsum zusperrten, wurden die Marksteins regelrecht überrannt. „Das Alte Haus hat eingeschlagen wie eine Bombe“, sagt Katrin. Sie haben drei Tage in der Woche offen, Donnerstag und Freitag mit Abendkarte, Sonntag zum Mittagstisch und nachmittags zu Kaffee und Kuchen. Samstags finden meist geschlossene Veranstaltungen statt.

Mittwochs gibt es einmal im Monat einen Pizzatag, ein anderes Mal steht die Schlachtschüssel auf dem Plan. Zehn Mitarbeiter beschäftigt die Familie im Service, drei weitere in der Küche, alle auf geringfügiger Basis.

Schweinehalter und Schlachter arbeiten eng zusammen

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Im alten Stall unmittelbar an der Hofstelle mit Platz für 400 Schweine werden mittlerweile die Ferkel aufgezogen, ehe sie in den neuen Maststall wechseln. Dort wachsen die Schweine innerhalb von vier Monaten auf rund 140 kg heran.

Rainer Markstein fährt die Tiere mit dem eigenen Lkw in den Hofer beziehungsweise Helmbrechtser Schlachthof. Das Fleisch wird in die Traditionsmetzgerei Sandner nach Selb und in die Landmetzgerei Strobel nach Dörnthal bei Selbitz geliefert. „Eine Win-Win-Situation“, wie Rainer sagt. Auf die beiden Betriebe könne man sich verlassen. „Wir arbeiten Hand in Hand zusammen“. Das Fleisch hat aufgrund des hohen Rohfaseranteils, der verfüttert wird, keinerlei Wassereinlagerungen. Außerdem haben die Strohschweine mehr Zeit zum „Reifen“. Der neue Offenfrontstall auf der grünen Wiese vor den Toren des Dorfes ist 60 mal 16m groß. Direkt daneben wurde eine eigene Technikhalle errichtet. Bei der Einweihung vor wenigen Wochen kamen rund 1000 Besucher. „Mit einem solchen Ansturm hätten wir nie gerechnet“, sagen beide.

Ackerbau für den Eigenbedarf

Daneben bewirtschaften die Marksteins noch 60 ha Flächen und 25 ha Wald. Angebaut werden Sommer- und Wintergerste, Erbsen und Weizen, ausschließlich zum Eigenbedarf. Und noch ein weiteres Standbein gibt es: Über den Gasträumen wurden zwei schmucke Ferienwohnungen eingerichtet.

„Es ist nicht schlecht, wenn man mehrere Standbeine hat“, ist sich das Paar einig. Vor allem die Corona-Zeit hat den beiden schwer zu schaffen gemacht. Nicht nur wirtschaftlich, auch innerhalb der Gesellschaft sei vieles unwiderruflich kaputt gegangen.

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