Vom Rückgang der Haupterwerbslandwirtschaft ist der Landkreis Main-Spessart bayernweit am stärksten betroffen. Nur noch rund 70 Betriebe im Kreis betreiben eine nennenswerte Viehhaltung. Mit 0,24 GV/ha ist der Viehbesatz im bayerischen Durchschnitt neben dem Landkreis Bad Kissingen am niedrigsten, hält der Bereichsleiter Landwirtschaft Bernhard Schwab vom AELF Karlstadt bei einer gemeinsamen Tour mit Landrätin Sabine Sitter durch den Kreis fest.
Ohne Wiederkäuer keine Wiesen
„Wie sollen wir das Raufutter anders verwerten als über den Wiederkäuermagen?“, fragt Unterfrankens BBV-Bezirkspräsident Stefan Köhler, der ebenfalls an dem Termin teilnahm. „Worin besteht die Wertschöpfung, wenn die wirtschaftlichen Grundlagen verschwinden?“, ergänzt Schwab. Er bezeichnete die Landwirtsfamilien als wesentlichen Teil der Dorfgemeinschaft. „Wer ist sonst noch da, wenn die Sirene geht?“
Bauern frustriert über mangelndes Vertrauen
Insgesamt bewirtschaften Kreis rund 1.060 landwirtschaftliche Betriebe eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von rund 39.300 ha. 130 Betriebe im Landkreis wirtschaften ökologisch, das sind bereits 13 % der Betriebe mit 20 % der Fläche.
Einer von ihnen ist der Betrieb von Stefan Höfling in Stetten. „Im Nebenerwerb bewirtschaften wir 97 ha auf 72 Feldstücken“, sagt der junge Betriebsleiter, der erst vor kurzem von seinem Vater Alban Höfling übernommen hat - auch die Festanstellung „beim Baron“ im benachbarten Thüngen.
Gemeinsam ist man zum Beispiel im Werntalprojekt aktiv. „Das ist eine freiwillige Kooperation, die in über zehnjähriger Arbeit große Erfolge beim Wasserschutz vorweisen kann“, erläutert Schwab. Von über 50 mg Nitrat sei man in kontinuierlicher Arbeit auf derzeit 27 mg N gekommen. „Es tut uns weh, dass nicht auf die gute fachliche Praxis gehört wird“, sagt Alban Höfling hinsichtlich der Düngeverordnung. Und BBV-Geschäftsführer Elmar Konrad fordert „mehr Verantwortlichkeit für die gutausgebildeten Landwirte!“
Höfling baut 2 ha Winterdurum, 21 ha Winterdinkel, 24 ha Sommergerste, 21 ha Winterraps, 6 ha Sojabohnen und 7 ha Zuckerrüben an. Aber auch Hecken und Wiesen gibt es hier „wie im Paradies“. Deshalb will es den Praktikern nicht einleuchten, dass der BN noch zusätzliche Ausgleichsflächen für PV-Anlagen fordert.
Kampf ums Überleben, z. B. über Direktvermarktung von Fleisch

„Ich will mein eigenes Vieh vermarkten, da weiß ich, dass es ordentlich aufgezogen ist“. Das sagt Katja Dallmann, die zusammen mit ihren Eltern Elvira und Richard Merklein einen landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb im Haupterwerb bewirtschaftet. Sie ist Landwirtin und hat in Triesdorf ihren Techniker für Landbau absolviert. Seit zwei Jahren betreibt sie auch ein eigenes Schlachthaus, in das die Familie 1,8 Mio. € investiert hat.
„Vor 26 Jahren haben wir in Aschfeld mit der Direktvermarktung angefangen“, berichtet Richard Merklein. Bei 24 ha werden 180 ha Ackerflächen und 32 ha Grünland bewirtschaftet, die sich auf insgesamt 82 Feldstücke verteilen. Angebaut werden 58 ha Winter-, 23 ha Sommergetreide, 21 ha Körnerleguminosen, 13 ha Silomais, 6 ha Sonnenblumen und 58 ha Luzerne und Kleegras. Im Stall werden 122 Färsen und 15 Ochsen gemästet. Weitere 29 Mutterkühe mit 14 Kälbern sind auf der Weide.
Seit 2018 hat der Betrieb auf Öko umgestellt. „Und nun gibt es ein Problem mit der neuen EU-Ökoverordnung“, erklärt Schwab. Demnach müssen die Rinder nun auf die Weide. Das aber ist in dem typischen Ackerbaugebiet problematisch. Denn ab Mai ist es meistens zu trocken. „Bei hohen Temperaturen fühlen sich die Tiere im Stall ohnehin wohler“, sagt Merklein in dem hellen Offenfrontstall.
Und noch ein weiteres Problem spricht er an: einen Nachbarn, der ihn immer wieder mit Anzeigen beim Landratsamt schikaniert. Heidrun Adolph, die am Landratsamt die Abteilung Bau und Umwelt leitet, weiß bereits Bescheid, denn sie hat den Anzeigen nachzugehen und noch nie Grund zur Beanstandung gefunden. „Solche Nachbarn nehmen zu“, meint die Landrätin, die deshalb Wert auf eine rechtssichere Bauplanung legt.
Bauernladen schafft Arbeitsplätze
Insgesamt 16 Personen arbeiten beim Bauernladen. Chefin Katja führt auch durch die moderne Metzgerei und erläutert den Hauslieferservice. „Prinzipiell machen wir alles auf Vorbestellung“, sagt sie und erklärt das System, das ein regionaler Spezialist für sie erstellt. Über die sehr informative Homepage www.elviras-bauernladen.de können die Kunden rund um die Uhr vom Sofa aus bestellen. Etwa im Vier-Wochen-Rhythmus bevorraten sie sich nicht nur mit Rind und Pute aus Aschfeld, sondern auch mit Strohschweinen aus Egenhausen und Biolämmern vom Sodenberg.
Allerdings sind die hohen Kosten für Lebendbeschau und Fleischbeschau schon ein Thema, das die Landrätin interessieren sollte, selbst wenn sie ab 2023 gesenkt werden. „Wo soll ich die Kosten verteilen?“ fragt Katja Dallmann, die gerne auch mehr im Lohn für Berufskollegen schlachten würde. Doch sie hat Verständnis dafür, dass jeder seine Kosten im Blick haben muss.