„Mein Ziel war es“, berichtet Biobauer Eberhard Räder im Gespräch mit dem Wochenblatt, „die Menschen für den Klimaschutz zu sensibilisieren. Auch und gerade die Landwirte. Denn ich finde, wir Bauern sind aktuell die Deppen der Nation. Wir werden von der Politik genötigt, so billig wie möglich zu produzieren – auf der anderen Seite sind wir öffentlich in der Kritik wegen Themen wie Tierhaltung oder Treibhausgas-Emissionen. Für mich gehört alles zusammen: Nahrungsmittelerzeugung, Mensch- und Tierschutz, Klimaschutz, Artenschutz, Umweltschutz, Energieerzeugung. Es wird oft zu eindimensional gedacht.“ An Mariä Himmelfahrt fuhr Räder mit seinem Traktor 80 Kilometer von Bastheim nach Würzburg, um sich einer Protestaktion der Letzten Generation anzuschließen. Dabei blockierte er mit seinem Schlepper die Stadtautobahn B19.
Biobauer unterstützt Fridays for Future
Eberhard Räder betreibt seit 35 Jahren sein „Hofgut Räder“ in Bastheim (Lks. Röhn-Grabfeld). Der Betrieb ruht auf drei Säulen: Er hat Bio-Schweine, eine Biogasanlage und 240 ha landwirtschaftliche Fläche, davon 40 ha Grünland. Seit 1999 hat er umgestellt auf ökologischen Landbau, ist Mitglied bei Naturland, Farmers for Future und den Grünen. „Umwelt und Klima waren für mich immer schon wichtig. Aber so richtig hab ich mich seit Greta Thunberg von Fridays for Future umgestellt. Meiner Meinung nach wird einfach zu wenig getan von der Politik.“
Räder verfolgte auch die Aktionen der Letzten Generation und fand: „Die haben recht. Ob das Festkleben die richtige Maßnahme ist, darüber lässt sich freilich streiten – aber die eigentliche Frage ist doch: Haben die begründete Forderungen? Ich finde: ja. Denn es geht um unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder. Um unser aller Gemeinwohl.“
Landwirtschaft leidet unter den Folgen des Klimawandels
Je mehr sich Räder mit dem Thema Umwelt und Klimaschutz beschäftigte, umso mehr wurde ihm klar: „Wir rasen auf eine Katastrophe zu. Und das spüren wir gerade in der Landwirtschaft schon ganz stark: in Form von Starkregenereignissen, Wetterkapriolen, Sturm, wochenlanger Dürre. Früher kam das einmal pro Jahrhundert vor. Jetzt ist es schon Standard. Und das ist erst der Anfang. Wir werden ein richtiges Ernährungsproblem kriegen.“
Also schloss sich der Biobauer der Bewegung Letzte Generation an: „Ich wollte aktiv was tun. Denn es muss was passieren.“ Als er dann erfuhr, dass die Letzte Generation in Würzburg ihre große Bayern-Protestrunde beginnen wollte, kündigte er seine Teilnahme an.
Landwirt fährt 80 Kilometer für Klimaprotest
Und so fuhr der 57-Jährige mit seinem 23-jährigen Sohn Veit und seinem Schlepper 80 Kilometer von Bastheim nach Würzburg. Vorher hatten sie noch zwei Schilder gebastelt und am Traktor angebracht: „Schluss mit Ausreden, Klimaschutz jetzt“ stand darauf. Und: „Veränderung durch Gestaltung oder Katastrophen?“.
Laut Bericht des Polizeipräsidiums Unterfranken geschah dann Folgendes: „Am Dienstagnachmittag wurden Streifen auf zwei Aufzüge im Bereich Rottendorfer Straße und Ebertsklinge aufmerksam. Eine Gruppe wurde von einem Traktor begleitet. Nach einer Zwischenkundgebung endete der Aufzug im Bereich Ebertsklinge und Kantstraße.“ Im Laufe der ab etwa 18 Uhr beginnenden Abschlusskundgebung, so hieß es weiter, blockierten im Bereich der Ebertsklinge/Kantstraße rund 20 Teilnehmer an mehreren Stellen die Fahrbahn der B19. Weil die Gruppe trotz Aufforderung durch die Einsatzkräfte den Bereich nicht selbstständig räumte, wurde die Versammlung durch die Polizei beendet.
Polizei prüft, ob gegen Demonstranten auf B19 ermittelt wird
Die Beamten begannen, die Sitzblockaden aufzulösen und Platzverweise auszusprechen. Nachdem die Teilnehmer dem keine Folge leisteten und die Fahrbahn immer wieder blockierten, wurden 43 in Gewahrsam genommen. Sieben Teilnehmer verblieben dort über Nacht, da sie „weitere Handlungen in der Nacht nicht ausschlossen“. Aktuell werde geprüft, ob ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung eingeleitet wird. Die B19 konnte gegen 19.20 Uhr wieder für den Fahrzeugverkehr freigegeben werden.
Und wie war es für Eberhard Räder? „Es lief alles sehr friedlich ab. Nur bei der Abschlusskundgebung wurde es ein wenig tumultartig. Einige Autofahrer waren sauer, weil die Straße gesperrt war. Aber es gab aber auch viele positive Stimmen und Daumen-hoch-Zeichen.“ Irgendwann kam die Polizei auch zu dem Biobauern und seinem Sohn und sagte: „Ihr habt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder wir tragen euch auch weg – oder ihr tretet den Rückzug an.“
Biobauer will erneut für Klimaschutz protestieren
Das taten die beiden dann: „Ich musste ja auch heim zu meinem Betrieb, zu meiner Biogasanlage“, erklärt Räder. „Wir waren so gegen 21 Uhr daheim, mit viel Hunger, aber einem richtig guten Gefühl im Bauch. Das nächste Mal bin ich wieder dabei. Ich würde mir wünschen, dass sich noch viele weitere Landwirte anschließen, wie ein Schneeballsystem. Dann kann die Politik irgendwann nicht mehr wegschauen.“