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Erosionsschutz

Mit Kalk gegen Schlammlawinen

Kalk-Krombach_LF
Doris Pfaff
am Dienstag, 15.12.2020 - 08:32

Im Rahmen der Initiative boden:ständig (b:s) ist bei einem Pressetermin im Oberen Kahlgrund ein auf fünf Jahre angelegter Demonstrationsflächenversuch zur standortoptimierten Kalkung gestartet worden.

Kalk-Krombach_LF

Es ist ein bayernweites Pilotprojekt in der Landwirtschaft gegen Überflutungen und Schlammlawinen: Im Rahmen der Initiative boden:ständig (b:s) ist bei einem Pressetermin im Oberen Kahlgrund ein auf fünf Jahre angelegter Demonstrationsflächenversuch zur standortoptimierten Kalkung gestartet worden. Mit dem Ziel, standortspezifische Kalkungsvarianten zur Verbesserung der Bodenstruktur, der Wasseraufnahme und Wasserspeicherung im Erdreich zu vergleichen.

Hintergrund des Versuchs ist das Starkregenereignis vom Mai 2017 im Gebiet der Kommunalen Allianz Kahlgrund-Spessart (KA), das in etlichen Orten zu großen Sachschäden durch ungebremst abfließendes Oberflächenwasser, Schlammlawinen und Hochwasser führte. Auch wurden dabei viele Ackerböden großflächig abgeschwemmt. Daraufhin hatte die Kommunale Allianz Kahlgrund-Spessart eine Studie zum Boden- und Gewässerschutz im Kahlgrund an das Büro für multifunktionale Umweltplanung und Beratung UP&B in Hüttenberg vergeben, deren Ergebnisse seit Jahresbeginn vorliegen.

Inzwischen wurde ferner das Bayreuther Büro GeoTeam, Gesellschaft für umweltgerechte Land- und Wasserwirtschaft, mit der Analyse und Bewertung der Bodenerosions- und Gewässereintragsproblematik sowie der Erarbeitung eines praxisnahen Maßnahmenkatalogs sowie umsetzungsreifer Pläne beauftragt, um den Landschaftswasserhaushalt im rund 2200 ha großen b:s-Gebiet zu verbessern. Neben der Kalkung, mit der ein stabiles und wasserhaltendes Krümelgefüge erreicht werden soll, seien Flutgräben und Rückhaltebecken begrünte Mulden, Anpflanzen von Zwischenfrucht auf den Äckern, Schutzstreifen und Heckenriegel weitere „Säulen“ des Projektes boden:ständig Kahlgrund, hieß es.

Böden häufig kalk- und humusarm

Zurück zur Kalkung: Wie der Sachgebietsleiter Landwirtschaft vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE), Joachim Omert, und Joachim Liebler von der Regierung von Unterfranken erläuterten, sei bei vorherigen den Untersuchungen im KA-Gebiet unter anderem festgestellt worden, dass die landwirtschaftlich genutzten Böden breitflächig kalk- und humusarm seien. Hingegen wiesen die Böden – geologisch bedingt – einen hohen Magnesiumgehalt auf. Dieser Magnesiumgehalt bewirke ein instabiles Bodengefüge.

Die Aufbringung von regional verfügbarem Kalkdünger mit einem hohen Magnesiumgehalt habe das ungünstige Verhältnis von Kalk und Magnesium im Boden über Jahre weiter verschlechtert. Dementsprechend sei anzunehmen, so Omert, dass die derzeit vorherrschende Bewirtschaftung, speziell die Kalkversorgung, die Standortbedingungen im Kahlgrund nicht widerspiegele.

Fünf Kalkungsvarianten angelegt

Nun wurden vier Demoflächen, insgesamt fünf Hektar, in Schöllkrippen, Westerngrund und Krombach mit jeweils fünf Kalkungsvarianten angelegt. Für das Pilotprojekt haben die drei Landwirte Thomas Blöthner (Westerngrund), Wolfgang Schudt und Günter Zang (beide Schöllkrippen) Flächen zur Verfügung gestellt. Auf den Äckern solle auch gemessen werden, welche Auswirkungen die Kalkung auf die Ernte habe, beispielsweise auf den aktuell ausgesäten Winterweizen.

Bei den Kalkungsvarianten handelt es sich um Mischungen von Dolomit-, Gips- und kohlesaurem Kalk verschiedener Hersteller, darunter etwa vom Kalkwerk Hufgard aus Hösbach-Rottenberg, sowie Parzellen, auf denen ausschließlich Branntkalk aufgebracht wird. Vor allem interessiere die Frage, so Omert, wie die Bodenstruktur über mehrere Jahre auf die verschiedenen Kalkdünger und -mengen reagiere beziehungsweise mit welcher Variante sich die Regenverdaulichkeit der Böden signifikant verbessern ließe. Zur Überprüfung gibt es auch eine Nullfläche, auf der auf jegliche Kalkung verzichtet wird. Aus den Ergebnissen sollen Empfehlungen an die Landwirte für eine standortgerechte Kalkung erarbeitet werden. Zur Sensibilisierung der Bauern, was die standortangepasste Bodenbewirtschaftung betreffe, seien jährliche Feldbautage geplant.
Er sei stolz darauf, so sagte KA-Sprecher und Schöllkrippens Bürgermeister Marc Babo, dass nun Maßnahmen eingeleitet würden, um hoffentlich das Schadensrisiko bei Starkregen zu reduzieren. Die Kommunale Allianz mit den sieben Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Schöllkrippen sowie dem Markt Mömbris und den Orten Geiselbach und Sailauf ist die Projektträgerin des Düngeversuchs einschließlich begleitender bodenchemischer Bodenanalysen und der Bodenansprache am aufgegrabenen Profil. Die Kosten dafür beziffern sich auf 50 000 €. Die Kommunale Allianz finanziert das Projekt aus Eigenmitteln und Zuschüssen des ALE, das ebenso wie die Landwirtschaftsverwaltung, das Landesamt für Umweltschutz und die Finanzverwaltung das Vorhaben fachlich begleitet.