Es war der erste von ihm moderierte Gemüsebautag und Christian Hofmann aus Fürth, erster Vorsitzender des Gemüseerzeugerverbandes Knoblauchsland e. V., stimmte die Teilnehmenden auf eine große Themenpalette ein: Betriebsvergleich, Versuche, Cannabis als Anbauchance, dezentrale und nachhaltige Energiekonzepte. Sogar einen Blick über die Grenze gab es, den in die Schweiz.
Betriebsvergleich und Zukunftsplanung durch Online-Tool
Uta Hübner vom Landwirtschaftsamt (AELF) Fürth-Uffenheim, stelle ein „Supertool, das nur etwas Zeit kostet“ vor, den „Betriebsvergleich 4.0“. Diese online-basierte Version des Kennzahlenvergleichs ermöglicht, den eigenen Betrieb mit ähnlichen zu vergleichen, aber darüber hinaus noch vieles mehr. Der Betriebsvergleich 4.0 des Zentrums für Betriebswirtschaft im Gartenbau e. V. (ZBG) wird ständig weiterentwickelt und mit neuen Modulen ergänzt und ist kostenlos.
Hübner zeigte, wie mit wenigen Klicks z. B. Zukunftsszenarios erstellt werden können für den Worst- oder auch Bestcase des Betriebes. Die Eingabe der Daten kann über den Steuerberater erfolgen, aber auch mit Unterstützung von Uta Hübner, die dazu gern auch auf den Hof kommt. Selbstverständlich werden alle Betriebsdaten anonymisiert. Es nehmen bereits über tausend Betriebe teil, je mehr umso besser, denn die Gesamtheit der Daten stellt auch eine Argumentationshilfe der Berufsstandesvertretung gegenüber der Politik dar.
Kürbisse, Ingwer oder Melonen als Kulturneuheiten in Franken
Die Anbauer zu unterstützen, ist ebenfalls das Ziel der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), Bamberg. Andreas Schmitt, stellte deren momentanen Aktivitäten kurz vor. Ökologische Versuche befassen sich zurzeit mit Lagereigenschaften von Hokkaidokürbissen, Braunfäule an Spaliertomaten im Freiland, Anbau von Ingwer, Charentais-Melonen, Blueleaftypen von Gurken, Bratpaprika zur Überwinterung und Agretti, als eventuelle Kulturneuheit, Untersaaten im Gewächshaus, Dauergrün im Gemüsebau und bodenstrukturerhaltende Bewirtschaftung.
Versuche im integrierten Anbau gibt es zum digitalen Schädlingsmonitoring und -bekämpfung, optimalen Pflanzenschutzmittelapplikation bei Fruchtgemüse und zu Elektrophysikalischen Messungen zur Stresserkennung bei Pflanzen. Zusätzlich laufen Projekte im Bereich Bewässerung, Düngung, autonomer Hacktechnik und Vertical Indoor Farming. Das Kompetenzzentrum Ökogartenbau betreut zurzeit einen On Farm-Versuch zur frühen Waschmöhre. Über Versuchsergebnisse und andere Anbauthemen informiert die LWG regelmäßig durch Veröffentlichungen und Veranstaltungen.
Cannabis als Zukunft der Gemüsebauern?
Könnte Cannabis eine weitere Kulturneuheit für Gemüseanbauer sein? Marijn Roersch van der Hoogte, Vizepräsident des Branchenverbandes Cannabiswirtschaft (BvCW), informierte dazu in einem Onlinevortrag. Er erwartet, dass sich die rechtlichen Voraussetzungen für den Hanfanbau in Deutschland in ein, zwei Jahren ändern. Voraussichtlich wird dabei zwischen Hanf als Genussmittel, für medizinische Verwendung und als Nutzhanf unterschieden und der geschützte Anbau ermöglicht werden.
Optimale Kulturbedingungen für den Hanfanbau sind nährstoffreiche Substrate, Bodentemperaturen über 8 °C, Lufttemperaturen nicht über 25 – 30 °C, Luftfeuchte unter 80 %, gleichmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung, viel Licht, am besten mit Zusatzbelichtung, und viel Platz, mindestens 1 m² pro Pflanze. Van der Hoogte empfiehlt außerdem zwei Arbeitskräfte pro 1000 Pflanzen, um Wachstum und Blütenbildung im Auge zu behalten. Er kann sich eventuell Vertragsanbau vorstellen, wie im Tabakanbau und erwartet analog zum Tabak eine Cannabissteuer.
Blockheizkraftwerke zur Energieversorgung im Gemüsebau
Die Energieversorgung ist auch im Gemüsebau zurzeit ein zentrales Thema. Eine dezentrale Lösung durch Kraft-Wärme-Kopplung über Blockheizkraftwerke (BHKW) stellte Norbert Willmar, 2G Energietechnik GmbH, vor. BHKW liefern Wärme, Strom und CO2 vor Ort und können mit Wasserstoff, Erd-, Flüssig- und Biogas betrieben werden. 2G Energietechnik bietet sie von 20 bis 4500 kW an, auch als Container. Willmar: „BHKW sind ab 2500 Betriebsstunden im Jahr wirtschaftlich. Man kann auch nur die Wärme nutzen und den Strom verkaufen.“ Die Anschaffungskosten ließen sich so sehr schnell wieder erwirtschaften.
Zur optimalen Ausnutzung der Förderung empfehle er die zeitlich versetzte Installation eines weiteren BHKW. Sind die förderfähigen Betriebsstunden des ersten erreicht, könne das zweite BHKW eingesetzt werden. Die Firma bietet einen Wirtschaftlichkeitsrechner im „Bierdeckelformat“ an und Projektabwickler bis das BHKW in Betrieb geht, des weiteren Vollwartung der Anlage.
Nachhaltige Energiekonzepte im Gemüseanbau
BHKW können unter anderem die „Lösung für eine effiziente und nachhaltige Energieversorgung“ sein. So lautete das Thema von Dr. Rainer Saliger und Matthias Hammerl, Project Developer, Siemens AG. Eventuell gibt es aber auch andere Möglichkeiten. Beide bieten an, die für jeden Betrieb individuell sinnvollste Lösung zu entwickeln. Dazu werden Fördermittel ausgeschöpft, eine Einspargarantie gegeben und ein Fullservicevertrag über acht Jahre angeboten. Unter anderem wurde dazu als Referenzbetrieb im Anbaugebiet Schaller Gemüsebau, Nürnberg-Lohe vorgestellt. Zwei 50 kW-BHKW, eine 30 KWp Fotovoltaikanlage und ein 600 m3 Wärmespeicher bilden hier die Lösung für die effizienteste und nachhaltigste Energieversorgung. Auf diese Weise gibt der Betrieb jetzt 60 % weniger CO2 ab (mehr als 1000 t CO2) und deckt 75 % seines eigenen Strombedarfs.
„Bei Euch geht es um CO2-Einsparung, bei uns ist das Ziel, fossilfrei zu werden“, umreißt Fritz Meier, Gebr. Meier Gemüsekulturen AG, Buchs/CH die Nachhaltigkeitsstrategien seines Schweizer Betriebes bei der Energieversorgung. Je nach Standort der vier Betriebsteile werden die Abwärme und CO2-Abgabe einer Abfallverbrennungsanlage genutzt, Gemüseabfälle in einer Biogasanlage vergoren und die Gärreste als Dünger verwendet. Die Dächer sind mit Fotovoltaik ausgestattet. Die Wärme der Verbrennungsanlage gilt nicht als fossilfrei, da dort auch Plastik thermisch verwertet wird. Laut Meier sehen sich die Schweizer Gemüseproduzenten nicht nur vom Gesetzgeber zum nachhaltigen Wirtschaften angehalten, sondern vor allem vom Großabnehmer Migros.