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Ceres Award: Kategorie Biobauer

Frankens bester Biobauer

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Ludwiga Friedl
Ludwiga Friedl
am Mittwoch, 05.10.2022 - 09:24

Frederick Cäsar liebt es, neue Dingen auszuprobieren. So belebt er mit Luzernesilage seine Böden. Die Erfahrungen geben dem Praktiker Recht.

Der Auslauf beim Legehennenstall: wird durch eine Kurzumtriebsplantage beschattet.

Ich freue mich schon auf Berlin“ Frederick Cäsar (32) strahlt übers ganze Gesicht. Er ist in der Kategorie Biolandwirt beim CeresAward in die Endauswahl der drei besten Betriebe gekommen. „Da sind top-Betriebe ausgewählt, ich freue mich auf den Austausch mit den anderen Betriebsleitern“.Wie er sagt, habe er bei vielen neuen Ideen immer die Frage im Hinterkopf „Is des auf uns anwendbar?“. Die Freude, neue Leute kennenzulernen, sei ein Ansporn für seine Bewerbung gewesen.

Und die Freude, Neues auszuprobieren, um den Betrieb voranzubringen, ist vielleicht der Grund, dass er dabei so weit vorne landet. Ein Beispiel: Im Coronajahr 2020 hat er online ein Seminar besucht, bei dem über Versuche zur biologischen Bekämpfung von Nematoden und Drahtwürmern berichtet wurde.

Obwohl der Nematodenbefall auf der Hannoverschen Börde ein weitaus größeres Problem ist als auf den Lößlehmböden im Schweinfurter Gäu, hat er Versuche mit einem Brachejahr gestartet. „Dabei wird zunächst Landsberger Gemenge gesät, das dann bis Johanni umgebrochen wird und brach liegenbleibt, bevor Zwischenfrucht gesät wird“, berichtet er. Ziel sei, den Drahtwurm, der einen 5-7jährigen Entwicklungszyklus durchmacht, in einem jungen Stadium mit der Bodenbearbeitung zu erwischen. „Wir sind noch in der Probephase“, erklärt er, das extrem feuchte Jahr 2021 könne man nicht werten. „Vielleicht kostet es Lehrgeld“, meint er. Aber vielleicht sei auch ein finanzieller Vorteil dabei, wenn die Marktfähigkeit bei Kartoffeln und Möhren steigt. „Ausprobieren ist immer ein Vorteil“.

Praktiker durch und durch

Frederick Cäsar beim Eierabnehmen:  Sie gehen direkt an einen Abpackbetrieb.

Da spricht durch und durch der Praktiker. Und es überrascht, dass Frederick Cäsar ursprünglich seinen bachelor in Agrarwissenschaften an der TU München in Weihenstephan gemacht hat und dort wissenschaftliches Arbeiten gelernt hat. Obwohl er sich nur in den Wahlfächern mit Ökolandbau beschäftigen konnte, scheint er voll in der Praxis angekommen zu sein. Seit 2015 ist er wieder auf dem Betrieb, den er seit 2017 als GbR mit seinen Eltern Manuela und Hilmar Cäsar führt. Seine Ehefrau Hildegard, mit der er seit 2020 verheiratet ist, arbeitet am Kompetenzzentrum Ökogartenbau an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG).

Die drei Standorte Eßleben, Werneck und Dächheim gehören zum Betrieb. Die Großeltern Maria und Erwin Cäsar leben noch am Aussiedlerhof in Eßleben, wo ursprünglich Bullenmast und Kälberaufzucht betrieben worden war. Nicht nur weil es an der Auslauffläche fehlt, war die Mast von Biorindern zum Zeitpunkt der Umstellung keine Option. „Die Nachfrage nach Biorindfleisch ist denkbar gering“, sagt der junge Betriebsleiter. „Doch zum gleichen Preis wie konventionelles Rindfleisch verkaufen - das geht nicht“.

Hackkosten sind der größte Kostenblock im Biobereich

Auch auf Gut Dächheim, im Besitz einer Erbengemeinschaft, ist die Haltung von Kühen, Schafen, Schweinen und Hühnern längst Geschichte. 2008 haben Manuela und Hilmar Cäsar den Betrieb komplett auf bio-Anbau umgestellt. Dazu gehörten damals bereits 330 ha - nun 450 ha, davon rund 400 ha Ackerland. Zu 90 Prozent sind das Pachtflächen. „Betriebsschwerpunkte sind Zuckerrüben, Kartoffeln, Sojabohnen und auf kleineren Flächen Gemüse“, berichtet Frederick Cäsar. Zwiebeln und Wassermelonen hat er 2021 auf jeweils einem ha, Rote Beete auf sechs ha und Möhren auf neun ha angebaut.

„Die Hackkosten sind der größte Kostenblock im Biobereich“, sagt er, der bei den Zuckerrüben mit 120 Arbeitsstunden pro ha - und 10,50 €/h - rechnet. Trotzdem sei der Anbau von Biorüben lukrativ. „Auch wenn heuer ein schlechtes Jahr war“. Weil die Biorüben bis 15. September in Rain am Lech verarbeitet wurden, mussten sie zum Großteil geerntet werden, bevor der Regen kam. Das kostete Kraft und Nerven., denn die kleinen Rüben brachen beim Roden auch noch ab, so dass es Ernteverluste bis zu 30 Prozent gab. 250-400 dt/ha Rüben konnten verladen werden.

Felder mit Luzernesilage gedüngt

Sie wurden übrigens auch mit Luzernesilage gedüngt. „Luzerne und Kleegras brauchen wir, um die Böden zu sanieren, Disteln zu unterdrücken und Stickstoff zu sammeln“, erklärt Cäsar. Die Stickstoff-Fixierung in den Knöllchenbakterien sei höher, wenn das Grüngut abgefahren wird.

Deshalb wurde seit der Umstellung aufgrund der fehlenden Tierhaltung eine Nutzung des Kleegrases gesucht. Inspiration kam vom „cut and carry-System“: Dabei wird die Luzerne in einer Häckselkette geerntet. Anschließend wird sie noch grün auf ein anderes Feld gestreut, wo sie wie eine feine Mulchdecke wirkt. Eine leicht abgewandelte Form dieses Verfahrens wird auf Gut Dächheim seit einigen Jahren mit Erfolg angewandt: „Wir mähen die Luzerne, schwaden sie zusammen und silieren sie, damit wir sie zum optimalen Zeitpunkt ausbringen können“, berichtet Cäsar.

Statt einer kompletten Häckselkette könne diese Arbeit ein Mann erledigen. Und es wurde ein Weg gefunden, die Silofolien einzusparen: „Wir dichten das Silo mit einer ca 30 cm starken Schicht aus Grüngutkompost luftdicht ab“. Gedüngt wird die Silage dann mit dem Miststreuer, meistens vor Zwischenfrucht flach eingearbeitet. „Unser Prinzip: wir kaufen keinen schnellverfügbaren Stickstoffdünger zu“.

Silagedüngung belebt den Boden

Dadurch seien zwar keine Spitzenerträge drin, aber: „der Boden wird lebendiger und Humus wird aufgebaut“. Selbst bei Starkregenereignissen könne der Boden die Niederschläge besser halten. Von der besseren Gare und Wasserspeicherfähigkeit sind die Cäsars begeistert. „Auf gesundem Boden wachsen einfach gesündere Pflanzen“, sind sie überzeugt.

„Eine Fruchtfolge ist nett - aber ich bin nicht verpflichtet, sie einzuhalten“, sagt Frederick Cäsar. „Wenn ich merke, der Boden braucht eine Pause, dann bekommt er Kleegras oder Luzerne - und die geplanten Zuckerrüben kommen woanders hin“. Allerdings seien nicht alle seine Flächen rüben- oder gemüsefähig, räumt er ein. Deshalb legt er Wert auf die Leguminosen Soja (Speise- und Futtersorten), Erbse und Lupine. Die Ackerbohne komme mit der fränkischen Trockenheit leider nicht zurecht und stehe deshalb nur noch in Zwischenfrüchten.

Breite Fruchtfolge zur Risikostreuung

Um das Risiko zu streuen werden zusätzlich Dinkel, Winterweizen, Hafer, Körnermais und Sonnenblumen angebaut. „Wir bauen das Futter für unsere Legehennen selber an“, erklärt Cäsar den Kunden, die Eier von ihm kaufen. Denn 2014 wurde ein Hühnerstall für zweimal 3000 Legenhennen gebaut, der mit eigenem Brunnen, PV-Anlage und „Dachs“-Blockheizkraftwerk komplett autark ist. Im Auslauf wachsen Pappeln, deren Aufwuchs teilweise in der Hackschnitzelheizung landet. Die gestempelten Eier gehen an einen Abpackbetrieb, der sie in der Region verkauft. Für die Aufzucht der Bruderhähne in einem spezialisierten Betrieb zahlt der Betrieb 8€/Tier.

Aber auch die übrigen Produkte bleiben wo es geht in der Region. Kartoffeln, Zwiebeln und Speisemöhren werden über die „Remlinger Rüben“ vermarktet. Futtersoja und Körnermais gehen an die zehn Kilometer entfernte Kaisermühle in Gänheim. „Möglichst kurze Wege sind unser Prinzip“

Absatz über Liefervertäge gesichert

Dabei wird nichts ins Blaue hinein angebaut, sondern alles von vorneherein durch Verträge abgesichert. Vor allem der Vater Hilmar Cäsar arbeitet viel mit Liefergemeinschaften und langfristigen Verträgen.

Hilfe haben die Cäsars durch ihren festangestellten Mitarbeiter Patrick, die beiden Azubis Emily und Marius. Dazu kommen „Leute wie Peter und Lukas, die kommen, wenn es brennt, zum Beispiel zum Getreidehacken oder zur Kartoffelernte“. Und rund 25 Frauen und Männer aus Rumänien, die mit Unkrauthacken in den Zuckerrüben beschäftigt werden. Fünf von ihnen werden auch auf dem Kartoffelroder gebraucht.

Der Betrieb ist - bis auf das Körnermaisdreschen - komplett eigenmechanisiert. „Uns ist wichtig, sehr termingenau zu arbeiten“. Roboter ist (noch) keiner am Hof. Doch weil die landwirtschaftlichen Prokuktpreise leider nicht mit den Löhnen steigen, werde der Weg dahin gehen. Bislang habe man in GPS (Globales PositionsbestimmungsSystem) investiert. Gesät werde mit RTK (real time kinematik) auf 6 m Arbeitsbreite. Die Luftregelanlage auf den Schleppern soll Problemen mit Bodendruck vorbeugen. Denn um die Winterfeuchte auszunutzen, müsse man früh auf die Felder fahren „und möchte keine Manöverschäden riskieren“.