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Faustpfand auf Flächen

Angst um Holzwiesen: Stadt will Vorkaufrecht

Ludwiga Friedl
Ludwiga Friedl
am Mittwoch, 15.01.2020 - 11:01

Iphofen will sich mit einer Satzungsänderung Flächen zur Extensivierung sichern.

Iphofen - Angst um ihre Flächen bekamen die Iphöfer Landwirte. Deshalb trafen sie sich letzten Donnerstag mit Bürgermeister Josef Mend und mehreren Stadträten zu einer Versammlung. Dabei ging es um die geplante Vorkaufsrechtssatzung der Stadt Iphofen.

Insgesamt fast 300 ha sollen demnach mit einem Vorkaufsrecht belegt werden. Dabei geht es nicht nur im die Iphofener Holzwiesen, sondern auch um die in den Stadtteilen Dornheim, Nenzenheim, Altmannshausen Nordwest, Possenheim, Limpurger Forst und Birklingen.

In der Begründung heißt es: „Bei den oben dargestellten Flächen handelt es sich um wichtige Entwicklungsflächen für die Stadt Iphofen sowie Flächen mit naturschutzfachlicher Bedeutung. Die Flächen sind alle Teil der historischen Holzwiesen und Wiesentäler Iphofens... Durch den Grunderwerb kann ein Mosaik von Flächen geschaffen werden, auf denen diese Wirtschaftsweise nicht mehr möglich ist. Die Qualität der mageren Flachlandmähwiesen im Umgriff der Satzung wird so langfristig substanziell verbessert. Um weitere Intensivnutzungen zu vermeiden und die Flächen ökologisch zu optimieren, besteht Handlungsbedarf seitens der Stadt Iphofen. Diese Flächen sind für das Orts- und Landschaftsbild der Stadt von besonderer Bedeutung. Sie sind insoweit auch von hoher städtebaulicher Relevanz. Ziel der Stadt ist es, diese Flächen in dieser städtebaulichen Wertigkeit zu erhalten und die ökologische Wertigkeit im Rahmen von städtebaulichen Maßnahmen (Ökokonto, Ausgleichsflächenbebauungsplan etc.) aufzuwerten.“

Iphofen

Naturschutz als Grund angeführt

Die Stadt Iphofen verfolge auf den beschriebenen Flächen die Ziele: Erhalt des Landschaftsbildes und ökologische Aufwertung naturschutzrelevanter Flächen sowie Erhalt und Erweiterung des Erholungsraumes für BürgerInnen.

In der Versammlung wurde die Ansicht geäußert, Bürgermeister Josef Mend, der nicht mehr kandidiert, wolle die Vorkaufsrechtssatzung der Stadt als Abschiedsgeschenk machen. Diesen Vorwurf entkräftete Mend: bereits 2013 habe der Stadtrat beschlossen, im Rahmen des Life-Projekts die Holzwiesen zu kaufen oder zu tauschen, um diese wertvolle Kulturlandschaft nicht dem freien Markt zu überlassen. „Wir wollen die Holzwiesen vor dem Ausverkauf schützen“, sagte der Bürgermeister, der auch kurz erklärte, dass die Holzwiesen in Iphofen wie das Holzrecht mit dem Hausrecht verbunden seien. „Jeder Hauseigentümer hatte eine Holzwiese“, sagte er „solange niemand verkauft, ändert sich nichts. Wenn die Holzwiese innerhalb der Familie weitergegeben wird, besteht auch kein Vorkaufsrecht." Er  könne die Aufregung nur bedingt verstehen, sagte er auch. „Ich weiß, dass ich nicht auf Verständnis stoße, wenn ich von Extensivierung rede“.

Gülledüngung als "Entsorgung" diffamiert

Einige der Flächen im Bereich der Holzwiesen und Wiesentäler im FFH-Gebiet „Vorderer Steigerwald mit Schwanberg“ seien bereits in Ackerland umgewandelt worden. „Das dürfen wir ja gar nicht“, wehrten sich die Landwirte im vollbesetzten Schützenhaus in Dornheim. 
„Das bestehende Grünland dient vielfach der Gülleentsorgung.“ Dieser Satz in der Begründung traf die Landwirte besonders. „Das ist eine Frechheit“, sagte BBV-Geschäftsstellenleiter Wilfried Distler, der selber einige der betreffenden Flächen in Nenzenheim bewirtschaftet. Dass es keinen Unterschied mache, ob von Gülle-Ausbringung oder -Entsorgung gesprochen wird, meinte der Bürgermeister. Von Gülleentsorgung könne keine Rede sein, erklärte der Nenzenheimer Landwirt Karl Kilian. Er nimmt teil an einem Grünlandprojekt der Bayerischen Eiweißinitiative, bei der es um optimale Grundfutter-Verwertung geht und ist bereit, sämtliche Daten offenzulegen. „Die Gülle ist Teil der Grünlanddüngung nach Beratungsempfehlung“, betonte er.

Dann versuchte ein Biogas-Landwirt den Verdacht, sein Gärsubstrat zu entsorgen, zu entkräften. Offenbar wird der Wert wirtschaftseigener Düngemittel sehr unterschiedlich gesehen. Denn in der Begründung heißt es auch: „ Das Landschaftsbild wird durch die Sicherung der historischen Bewirtschaftungsweise der Holzwiesen und Entwicklung einer extensiven Nutzung durch Ankauf dieser erhalten. Dazu zählt auch, dass nach Ankauf der Flächen die Gülleausbringung eingeschränkt wird, um den Naturraum zu schützen und den Erholungsraum der Bürger aufzuwerten. Durch den Erhalt der Wege und Informationen zu den Holzwiesen wird der Erholungsraum zusätzlich optimiert.“

Äcker sollen zu Grünland werden

„Die beschriebenen Holzwiesen und Wiesentäler liegen im FFH-Gebiet „Vorderer Steigerwald mit Schwanberg“. Durch eine extensive Nutzung dieser Wiesen und die Umwandlung von bestehenden Ackerflächen in Grünland, kann ein wichtiger Beitrag zur Optimierung des FFH-Gebiets geleistet werden. Mit den Ökokontomaßnahmen will man besonders die Wiesen- und Ackerflächen, die durch landwirtschaftliche Nutzungen stark beeinträchtigt worden sind, wieder ökologisch aufwerten.“ Dagegen protestierte ein Landwirt: „mein bester Acker neben dem Hof!“ Eine schriftliche Eingabe an den Stadtrat werde genügen, dass die Fläche herausgenommen wird, sagte der Bürgermeister.

Die Landwirte kritisierten auch, dass in der Satzung behauptet wird, dass die Gefahr einer „zunehmenden Intensivierung der Flächen“ droht. „Die Landwirte werden eher weniger und die Kühe auch“, stellte der BBV-Geschäftsstellenleiter fest. Deshalb wolle die Stadt einen sogenannten Gülle-Tourismus verhindern, erklärte der Bürgermeister. Auch habe die Stadt ein hohes Ökokonto und 16 ha nicht verbrauchte Ausgleichsflächen.

Vor fertige Tatsachen gestellt

Heftige Kritik mussten sich die Landwirte im Stadtrat gefallen lassen: „Ohne das Veto der beiden Nichtlandwirte im Stadtrat Otto Kolesch und Rupert Maier wäre die Satzungsänderung bereits vor Weihnachten verabschiedet worden. Was geht da ab? “, fragte ein Diskussionsteilnehmer.

Kritisiert wurde auch die Informationspolitik des Stadtrates, doch der Bürgermeister verwies darauf, dass alle Sitzungen öffentlich waren und es nie darum gegangen sei, den Landwirten etwas darüberzustülpen. „Ich erwarte, dass mein Eigentum geschützt wird“, stellte Ottmar Belz fest. Und: „Es waren die Landwirte, die über Jahrhunderte die Flächen erhalten haben, so dass sie jetzt in einem schützenswerten Zustand sind“.

Verständnis für die aufgebrachten Landwirte äußerte BBV-Kreisobmann Alois Kraus. „Die Landwirte müssen nun das Volksbegehren umsetzen, auf 5 m breiten Randstreifen neben Gewässern ist die ackerbauliche Nutzung verboten“. Das sei eine glatte Enteignung für Landwirte. „Ich bitte Sie, dass sie auf diese Satzung verzichten“, appellierte er an die anwesenden Stadträte.