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Wettbewerb

40 Landwirte erzeugen Energiepflanzen

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Regina Vossenkaul
am Freitag, 20.08.2021 - 10:53

Das Projekt „Biogas Blühfelder“ aus Rhön-Grabfeld erhielt bei einem Bundeswettbewerb den ersten Preis. Es gibt einen Wermutstropfen.

Bad Neustadt/Saale Im Bundeswettbewerb „Land.Vielfalt.Leben“ erhielt in der Kategorie „Beste Maßnahmen einer Kooperation“ das Projekt „Biogas Blühfelder“ aus Rhön-Grabfeld den ersten Preis, der mit 5000 Euro dotiert ist. Wie 40 Landwirte Energiepflanzen erzeugen und gleichzeitig Biodiversität fördern hat die Jury überzeugt. Stellvertretend für alle teilnehmenden Landwirte nahm Kreisbäuerin Margit Ziegler mit Tochter Lena und Projektleiterin Michaela Stäblein die Urkunde virtuell von der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, entgegen.

Kreisbäuerin Ziegler berichtete: „Wir freuen uns ganz besonders, weil wir aus 150 Bewerbern ausgewählt wurden und anfangs nicht den Eindruck hatten, dass unser Projekt besonders gut ankommt, weil unsere Blühmischung auch auswärtige Pflanzen beinhaltet.“ Es handelt sich allerdings um Pflanzen, die mit Trockenheit und Hitze, die in Unterfranken in den letzten drei Jahren vorherrschte, besser zurechtkommen.

Auf einen speziellen Hanfmix gestoßen

Stäblein (Agrokraft Bad Neustadt) hatte die Idee, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen, dann kam die Nachricht, man sei in der engeren Wahl. In einem Video für die Jury erklärt Michaela Stäblein, dass man begonnen hat, sich Gedanken zu machen, wie man die Energiegewinnung aus Biogas noch vielfältiger gestalten kann, weg vom klassischen Mais hin zu energiereichen Blühpflanzenmischungen. Margit Ziegler berichtet, wie die Landwirte sich zusammengesetzt haben und auf den Veitshöchheimer Hanfmix gestoßen sind, in dem 30 Wild- und Kulturpflanzen enthalten sind.

Dass ihr Projekt mit Biogas-Blühfeldern auf 120 ha, ausgeführt von den Landwirten und finanziert mit Mitteln aus dem Bayerischen Naturschutzfonds, den ersten Preis erhielt, war auch für sie eine Überraschung. Die Kooperationspartner sind der Bund Naturschutz, der Bauernverband, die Biogasbetreiber und die Berufsimker.
Der Wettbewerb gehört zum „Aktionsprogramm Insektenschutz“ der Bundesregierung, man möchte das vorhandene Engagement der Landwirte in Sachen Biodiversität sichtbar machen und auszeichnen, war von Julia Klöckner bei der Preisverleihung zu hören. Die Ministerin wies auf die doppelte Verantwortung der Landwirte hin, die einerseits die Ernährung sichern und Schädlinge bekämpfen, andererseits den Insektenschutz beachten müssen. Dabei werde ihnen oft wenig Wertschätzung entgegengebracht, so die Ministerin. Die Auszeichnung von besonders erfolgreichen, praxisbewährten und zukunftsweisenden Maßnahmen soll zum Nachmachen motivieren.

Die Preise für Kooperationen gingen nach Bayern, Rhön-Grabfeld, nach Sachsen und Niedersachsen. „Es ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie konventionelle Landwirtschaft und Naturschutz in Einklang gebracht werden können“, heißt es in der Laudatio.

Ein vorbildliches Projekt

Die Ministerin nannte das Projekt „vorbildlich“ und fragte, wie man es geschafft habe, 40 Landwirte unter einen Hut zu bringen. Anfangs waren es nur zwölf, die an das Projekt geglaubt haben, die anderen kamen nach und nach dazu, berichtete Ziegler. Alle hatten das Ziel, eine Alternative für Mais-Monokulturen auszuprobieren.

Bei einem Festakt wurden nun die Urkunden und Schilder an die Beteiligten vergeben werden. BBV-Kreisgeschäftsführer und Projektleiter Michael Diestel wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass es die Jury beeindruckte, wie man hier eine gute Idee entwickelt und gemeinsam umgesetzt habe.

Kornelia Marzini von der Landesanstalt für Wein und Gartenbau in Veitshöchheim hatte die erfolgreiche Samenmischung zusammengestellt, war aber trotz des guten Erfolgs etwas frustriert. Eine staatliche Förderung von Blühflächen sei zwar zugesagt worden, aber die Samenmischung ist vorgeschrieben und das ist nicht der extra entwickelte „Hanfmix“, der sich so gut bewährt hat und große Vielfalt bringt. Sie zeigte sich kämpferisch. „Das lassen wir uns nicht nehmen“, so Marzini.

Kai Frobel, ebenfalls Projektleiter und Leiter des BN-Naturschutzreferats, hatte eines der Blühfelder besichtigt und war überwältigt von der Farbenpracht und dem Duft, von der Vielzahl der Insekten und Vögel. „Es gibt keine landwirtschaftliche Kultur, die so viel Artenreichtum und so viel Leben hervorbringt wie diese“, sagte Frobel. Er sei bereit, diesen Weg weiterzugehen.
Michael Thiel, wissenschaftlicher Mitarbeiter von der Universität Würzburg berichtete, dass Daten gesammelt werden und sich daraus eine Masterarbeit und diverse Themen für die Studenten ergeben können. Zum Beispiel welche Vorteile der Hanfmix gegenüber anderen Blühmischungen habe. BBV-Kreisobmann Mathias Klöffel sah hier Parallelen: „Kein Geld, aber gute Ideen, man sammelt Infos und schaut, was dabei Gutes herauskommt.“ Man wolle nicht stehen bleiben. „Wer weiß, was wir in fünf Jahren feiern können.“

Ideale Blühpflanzen für die Bienen

Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufs- und Erwerbs-Imker-Bunds, hatte Cornelia Marzini in einem Vortrag gehört und war ganz begeistert, weil die Blühpflanzen ideal für die Bienen sind. Die Imker hatten sich im zweiten Jahr an einem Finanzierungsfonds beteiligt. „Ein wichtiges Leuchtturmprojekt“ nannte sie die Blühflächen. Auch Bürgermeister und stellvertretender Landrat Josef Demar lobte das Projekt und dankte allen Beteiligten, ebenso wie Dr. Klaus Mandery vom Institut für Biodiversitätsinformation, der das Projekt „einmalig und toll“ nannte und dort 225 Insektenarten gefunden hat.

Einziger Wermutstropfen: Die Blühflächen werden immer noch nicht ins Kulap aufgenommen und entsprechend finanziell unterstützt. „Man müsste so etwas doch fördern, statt auszubremsen“, sagte Kreisbäuerin Ziegler. Aber: „Die Preisverleihung motiviert uns weiterzumachen und neue Wege zu gehen.“