Ngozi Okonjo-Iweala aus Nigeria wird Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO) und musste bereits im Laufe ihres Bewerbungsprozesses ein außergewöhnliches Standvermögen an den Tag legen. Über Monate hinweg musste die Spitzendiplomatin nicht nur zahlreiche Mitbewerber aushalten, sie überstand auch das Veto der USA gegen sie unter dem inzwischen abgewählten Präsidenten Donald Trump.
Okonjo-Iweala ertrug alle Hindernisse mit einem unerschütterlichen Lächeln. Jetzt ist sie an ihrem Ziel angelangt. Die Zustimmung der 164 WTO-Mitgliedstaaten in den kommenden Tagen in Genf ist reine Formsache. Dann wird erstmals eine Frau und eine Afrikanerin an der Spitze der WTO stehen.
Sie ist aber keine Quotenfrau und wurde schon gar nicht aus Mitleid als Vertreterin des ärmsten Kontinents zur WTO-Generaldirektorin gewählt. "Ich bekomme den Posten, weil ich die notwendigen Führungsqualitäten habe", betonte sie sehr selbstbewusst während einer Pressekonferenz in Genf.
Ngozi Okonjo-Iweala möchte sich von ihren eher unauffälligen Vorgängern an der Spitze der Organisation abheben und die darniederliegende WTO beleben.
Entwicklungsländer besonders im Auge
Um den zusehends kritisierten Apparat in Bewegung zu bringen, hat er eine charismatische Leitung dringend notwendig. Okonjo-Iweala traut sich das zu. Sie möchte die Trump-Ära beenden, in der sich die wirtschaftlichen Schwergewichte USA und China selbst am nächsten waren.
Der Multilateralismus sei besser, weil er allen WTO-Mitgliedern Vorteile bringe und weltweit für einen regelbasierten Handel sorge, ist sie überzeugt. Dabei hat die Afrikanerin die Entwicklungsländer besonders im Auge. Diese sollen im Welthandel nicht zurückgelassen werden.
Damit alle WTO-Mitglieder von den Vorteilen des Multilateralismus überzeugt werden, reiche ihrer Ansicht nach kein schlichter Diplomat an der Spitze der Organisation. Die Leitung in Genf müsse wegen der fehlenden Macht mit ihrer besonderen Überzeugungskraft die Dinge in Bewegung bringen, betont Okonjo-Iweala, der die gewünschte Überzeugungskraft zuzutrauen ist.
Allein schon ihre Äußerlichkeiten sprechen dafür. Ihre Haltung ist majestätisch. Auch zieht die Nigerianerin die Augen mit ihren Kleidern und Kopftüchern in traditionell bunten Farben auf sich.
Prinzessin und Harvard-Absolventin
Okonjo-Iweala kam 1954 als Prinzessin im nigerianischen Dorf Ogwashi-Ukwu auf die Welt. Ihr Vater, ein Professor, hatte dort den Rang eines Eze oder Königs. Sie wuchs zwar bei der Oma auf und lernte das Dorfleben kennen, aber bereits als Teenager zog sie in die USA und studierte dort an der Eliteuniversität Harvard und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Wirtschaftswissenschaften.
Anschließend machte sie Karriere bei der Weltbank und diente Nigeria von 2003 bis 2006 und von 2011 bis 2015 als Finanzministerin. Auf diesem Posten führte sie einen mühsamen und teils vergeblichen Kampf gegen die Korruption in der heimischen Ölindustrie.
Als Grenzgängerin zwischen Afrika und der reichen Welt sollte sie die notwendigen Voraussetzungen mitbringen, um bei der WTO Brücken zwischen den zerstrittenen Mitgliedstaaten bauen zu können.
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